Politik kompakt:Gorbatschow rät zu schnellem Abzug aus Afghanistan

Der frühere sowjetische Präsident Gorbatschow fürchtet, der Krieg am Hindukusch könnte für die Amerikaner zu einem "zweiten Vietnam" werden.

Kurzmeldungen im Überblick.

Der frühere Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, Michail Gorbatschow, hat den USA geraten, ihre Truppen aus Afghanistan abzuziehen. Der Krieg sei "nicht zu gewinnen", sagte der 79-Jährige in einem Interview mit der britischen BBC.

Gorbatschow hatte 1988 in seiner damaligen Funktion als Generalsekretär der KPDSU selbst den Abzug der sowjetischen Truppen aus Afghanistan verkünden müssen. Die Sowjets hatten zehn Jahre lang erfolglos versucht, den Kurs der damaligen kommunistischen Führung in Kabul militärisch durchzusetzen. Sie konnten aber letztlich den - auch von den USA unterstützten - Widerstand der islamistischen Aufständischen nicht brechen.

Gorbatschow beschwerte sich über die Haltung der USA nach dem sowjetischen Truppenabzug. Es sei ein Abkommen erzielt worden, mit Iran, Indien, Pakistan und den USA. Darin sei Afghanistan als neutrales, demokratisches Land definiert worden, das gute Beziehungen zu seinen Nachbarn unterhalte. Die USA hätten zwar gesagt, sie wollten das Abkommen einhalten. "Aber zur gleichen Zeit haben sie Aufständische trainiert - die gleichen, die jetzt Afghanistan und Teile Pakistans terrorisieren."

Präsident Barack Obama liege richtig mit seiner Entscheidung, den Truppenabzug bald zu beginnen. "So schwierig das auch sein mag", sagte Gorbatschow. Die Alternative sei "ein zweites Vietnam".

(dpa)

Das Kabinett beschließt härtere Regeln für Zuwanderer, die Linkspartei fordert in der Streitfrage "Hartz-IV-Reform" ein Schlichtungsverfahren und deutsche Reeder halten nichts von einer privaten Anti-Piratenflotte: Lesen Sie auf den nächsten Seiten weitere Kurzmeldungen.

Umstrittene Rentenreform in Frankreich verabschiedet

Die umstrittene französische Rentenreform hat die letzte parlamentarische Hürde genommen. Die Nationalversammlung verabschiedete das Gesetz am Mittwoch wie erwartet mit der Mehrheit des bürgerlich-rechten Regierungsbündnisses. Präsident Nicolas Sarkozy will die Reform bereits Mitte November in Kraft treten lassen. Sie sieht eine deutliche Verlängerung der Lebensarbeitszeit vor und gilt als das wichtigste Vorhaben von Sarkozys noch verbleibender Amtszeit. Die Opposition hat bereits eine Verfassungsbeschwerde angekündigt. Seit Wochen kommt es in Frankreich zu Streiks und Demonstrationen gegen die Anhebung des Rentenalters.

(dpa)

Kabinett beschließt schärfere Integrationsregel

Nach der wochenlangen Debatte über Integration und Zuwanderung hat das Bundeskabinett an diesem Mittwoch schärfere Regeln für Ausländer beschlossen. Mit dem Gesetz will Innenminister Thomas de Maizière (CDU) unter anderem gegen Zwangsheirat und Scheinehen vorgehen. Zudem soll der Druck auf Ausländer erhöht werden, die für sie vorgeschriebenen Integrationskurse auch wirklich zu besuchen.

Die Behörden sollen sich untereinander besser austauschen, um Sanktionen zu verhängen, wenn der Unterricht geschwänzt wird. So soll bei der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis auch geprüft werden, ob die Integrationskurse absolviert wurden.

"Deutsche Sprachkenntnisse und Alltagswissen sowie Kenntnisse der deutschen Rechtsordnung, Kultur und Geschichte sind der Schlüssel für eine erfolgreiche Integration von Ausländern in Deutschland", verteidigte de Maizière die härtere Gangart der Regierung beim Ausländer- und Asylrecht.

Mit den neuen Regelungen wird auch die sogenannte Residenzpflicht für Ausländer gelockert, die in Duldung in Deutschland leben. Künftig dürfen sie sich zur Arbeitsplatzaufnahme auch in ein anderes Bundesland begeben: Wer in Brandenburg geduldet ist, darf sich künftig beispielsweise auch in Berlin einen Job suchen.

(dapd)

Linkspartei fordert Schlichtung für Hartz-IV-Reform

Die Linkspartei fordert die Berufung eines Schlichters für die Hartz-IV-Reform. "Die Stuttgart-21-Schlichtung sollte Vorbild für die Verhandlungen um die Hartz-IV-Reform werden", sagte Linken-Parteichef Klaus Ernst dem Hamburger Abendblatt.

"Es muss erstens einen unabhängigen Schlichter geben. Zweitens müssen die Gespräche ergebnisoffen sein. Die Regierung darf weder den Mindestlohn noch höhere Hartz-IV-Sätze schon vorher zu Tabus erklären", forderte Ernst. Darüber hinaus müssten alle Beteiligten am Tisch sitzen - nicht nur alle Bundestagsparteien, sondern auch Gewerkschaften, Sozialverbände und Arbeitsloseninitiativen. Es dürfe "keine Geheimverhandlungen" geben, die Gespräche müssten öffentlich sein.

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte bislang geplant, die Regierungs- und Oppositionsfraktionen, Ländervertreter und kommunale Spitzenverbände an einen runden Tisch einzuladen, um Lösungswege für die gesetzliche Neuregelung von Hartz IV zu finden.

(dapd)

Deutsche Reeder gegen private Anti-Piratenflotte

Die von britischen Reedern und Schiffsversicherern geplante private Schnellbootflotte, die Piratenüberfälle vor Somalia verhindern soll, stößt beim Verband Deutscher Reeder (VDR) nach einem Bericht der Rheinischen Post auf große Skepsis. Die Zeitung bezieht sich auf britische Pläne, 20 bewaffnete Schnellboote vor Afrika patrouillieren zu lassen. Die weltweit erste private Marine würde nach den Berechnungen von Londoner Versicherungen knapp zwölf Millionen Euro jährlich kosten. Die Verluste der internationalen Schifffahrt durch die Seeräuberei betragen dagegen etwa 115 Millionen Euro.

"Wir halten das nicht für klug, private Armeen auf die offene See zu schicken", sagte VDR-Sprecher Max Johns der Zeitung. "Zudem gehen wir davon aus, dass eine solche Aktion nicht durch das internationale Seerecht gedeckt ist." Selbst wenn private Kriegsschiffe vor Somalia als Ergänzung der staatlichen Marinen sinnvoll sein könnten, würde ein gefährlicher Präzedenzfall geschaffen.

Fast täglich werden Zwischenfälle mit Seeräubern im Indischen Ozean gemeldet. Erst am Montag hatte eine britische Fregatte Piraten in die Flucht geschlagen, die den Bremer Frachter Beluga Fortune geentert hatten.

(dapd)

Nordkorea will massive Reishilfe von Südkorea

Nordkorea erwartet von Südkorea umfangreiche Nahrungsmittelhilfen als Gegenleistung für die regelmäßige Organisation von Familienzusammenführungen. Bei Gesprächen zwischen den Rot-Kreuz-Verbänden beider Länder habe Nordkorea die Lieferung von 500.000 Tonnen Reis und 300.000 Tonnen Düngemitteln gefordert, berichteten südkoreanische Medien. Seine Delegation sei nicht befugt, solche Mengen zu billigen, zitierte die nationale Nachrichtenagentur Yonhap einen südkoreanischen Vertreter. Die Regierung in Seoul werde die Forderung prüfen.

Zunächst war unklar, ob Nordkorea die genannten Mengen zur absoluten Bedingung für regelmäßige Verwandtentreffen macht. Die Delegation habe angedeutet, dass sie Konzessionen machen könne, falls Südkorea der Reis- und Düngerlieferung zustimme, hieß es. Die Gespräche werden seit Dienstag in der Grenzstadt Kaesong geführt.

Durch den Korea-Krieg (1950-53) und die Teilung des Landes wurden Zehntausende Familien zerrissen. Für die Betroffenen ist bis heute in der Regel kein Kontakt über die Grenze möglich. Von Samstag bis Freitag nächster Woche sollen in Nordkorea zum ersten Mal seit gut einem Jahr jedoch wieder Familientreffen stattfinden. Darauf hatten sich die Rot-Kreuz-Verbände trotz starker Spannungen zwischen beiden Ländern Anfang Oktober geeinigt.

(dpa)

Russland fordert Begrenzung der Nato-Truppen in Osteuropa

Als Bedingung für eine engere Zusammenarbeit mit der Nato hat Russland einem Zeitungsbericht zufolge Obergrenzen für die Truppenstärke in den neuen Nato-Staaten Osteuropas gefordert. Die Forderung nach einem Verbot der Stationierung "bedeutender militärischer Streitkräfte" in diesen Ländern sei in einem Vertragsentwurf enthalten, den Russlands Außenminister Sergej Lawrow Ende 2009 der Nato übergeben habe, schreibt die Zeitung Kommersant.

Im kommenden Monat soll Russlands Präsident Dmitrij Medwedjew am Nato-Gipfeltreffen in Lissabon teilnehmen. Die westliche Allianz will die Kooperation mit Russland ausbauen und erhofft sich dabei vor allem Unterstützung im Afghanistan-Krieg. Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sprach in einem Zeitungsinterview von einem "Neubeginn in den Beziehungen zwischen der Nato und Russland".

Zur Festigung des Vertrauens will die Nato Russland auch in das Projekt eines Raketen-Abwehrschirms einbeziehen. "Wir hätten gerne, dass Russland sich an den Planungen für einen Raketenschirm beteiligt", sagte der für Europa zuständige US-Vizeaußenminister, Philip Gordon, in Berlin. Die US-Regierung habe klar gemacht, dass sie die Raketenabwehr in Abstimmung mit Russland entwickeln wolle. Dabei sei auch eine direkte Beteiligung möglich.

(Reuters)

Atom-Eklat zwischen Regierung und Opposition

Die schwarz-gelbe Koalition und die Opposition überziehen sich vor der Entscheidung über die längeren Atomlaufzeiten mit Vorwürfen. Im Umweltausschuss des Bundestags kam es - nach dem vorzeitigen Ende der Sitzung am Montag - am Dienstagabend erneut zu einem Eklat.

SPD, Linke und Grüne hätten dort die Regeln der parlamentarischen Demokratie "auf das Gröbste verletzt", sagte die umweltpolitische Sprecherin der Unions-Fraktion, Marie-Luise Dött (CDU). "Demokratische Abstimmungsprozesse durch massive Obstruktionspolitik, durchsichtige Tricks und zahlreiche Störungen zu behindern, ist nicht zu akzeptieren." Die Opposition habe versucht, durch Geschäftsordnungsanträge, Zwischenrufe und unsachliches Verhalten die Ausschuss-Behandlung der Novellen des Atomgesetzes zu blockieren und so eine Abstimmung am Donnerstag zu verhindern. Letztlich konnten die Novellen aber mit der Mehrheit von Union und FDP im Ausschuss verabschiedet werden.

Die Opposition wiederum wirft Union und FDP vor, das Atomgesetz durch den Bundestag peitschen zu wollen. Die Grünen wollen daher die Verabschiedung am Donnerstag verhindern. "Selbstverständlich werden wir die Absetzung beantragen", sagte Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck. Allerdings könne die Koalition mit Mehrheit einen entsprechenden Geschäftsordnungsantrag überstimmen.

Beck sagte, im Ausschuss habe die Koalition die Geschäftsordnung des Bundestags faktisch außer Kraft gesetzt. So seien Fragen der Opposition sowie Änderungs- und Geschäftsordnungsanträge nicht zugelassen worden. Vor allem die Frage sei ungeklärt geblieben, ob Nachverhandlungen nötig würden, wenn eine neue Bundesregierung die Laufzeitverlängerung künftig wieder rückgängig machen wolle.

Die SPD will spätestens im Januar gegen die gesetzliche Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Die Prozessbevollmächtigten für die gemeinsame Normenkontrollklage von Bundestagsabgeordneten der SPD und der Grünen seien bereits bestellt, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Thomas Oppermann.

Bereits am Montag war es im Umweltausschuss im Streit über das Energiekonzept zu einem ersten Eklat durch die vorzeitige Beendigung der Sitzung gekommen.

(dpa)

Bin Laden rechtfertigt Entführung von Franzosen

Der Anführer des Terrornetzwerkes al-Qaida, Osama bin Laden, hat die Entführung von fünf Franzosen im Niger als Reaktion auf das Burka-Verbot in Frankreich dargestellt. In einer Bin Laden zugeschriebenen Audio-Botschaft an die französische Regierung, die der arabische TV-Sender al-Dschasira am Mittwoch in Auszügen veröffentlichte, heißt es: "Diese Entführung ist eine Reaktion auf das Unrecht, das ihr der islamischen Nation zufügt." Er kritisierte das jüngst in Frankreich verhängte Verbot des Ganzkörperschleiers. Außerdem forderte er die Franzosen auf, ihre Soldaten aus Afghanistan abzuziehen.

Zum Schicksal der französischen Geiseln, die Mitte September von der Terrorgruppe al-Qaida im Islamischen Maghreb verschleppt worden war, machte er keine Angaben. Die Stimme, die klingt wie die Stimme Bin Ladens in älteren Videoaufnahmen, sagt: "So wie ihr tötet, so töten wir auch." Ende September hatten die Entführer erstmals ein Lebenszeichen der zwei Wochen zuvor verschleppten Geiseln übermittelt.

Am 11. Oktober hatte der TV-Sender Al-Arabija berichtet, die Entführer hätten für die Freilassung schwer erfüllbare Forderungen gestellt. Das Burka-Verbot solle aufgehoben werden. Außerdem sollten mutmaßliche Terroristen aus Gefängnissen in Frankreich und Mauretanien freikommen. Die Entführer hatten in der Nähe der Urangrube Arlit im Niger fünf Franzosen und zwei Afrikaner verschleppt, unter ihnen ein französischer Ingenieur des Atomkonzerns Areva und dessen Frau. Die Frau soll an Krebs leiden und auf Medikamente angewiesen sein.

(dpa)

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: