Politik kompakt:Gestürzter Bakijew ausgeflogen

Nach dem blutigen Volksaufstand in Kirgistan flieht der Ex-Präsident ins Exil nach Kasachstan. Angeblich ist er sogar zurückgetreten. Kurzmeldungen im Überblick

Durchbruch in Kirgistan: Der gestürzte Präsident Kurmanbek Bakijew ist eine Woche nach dem blutigen Volksaufstand ins Nachbarland Kasachstan geflogen. Nach Angaben der Übergangsregierung unterschrieb er dort auch eine Rücktrittserklärung. Das sagte eine "hochrangige Quelle" in der Hauptstadt Bischkek der Agentur Itar-Tass. Eine offizielle Bestätigung gab es zunächst nicht. Zuvor hatte US-Vizeaußenminister Robert Blake in Bischkek gesagt, es seien Gespräche mit Kasachstan geführt. Das autoritär regierte Kasachstan hat derzeit als erste Ex-Sowjetrepublik überhaupt den Vorsitz bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) inne. Bakijew hatte zuvor bei einem Auftritt vor Anhängern in Osch im Süden des Landes bereits erklärt, dass der kasachische Präsident Nursultan Nasarbajew ihn "eingeladen" habe.

Wie Reporter der kirgisischen Nachrichtenagentur Akipress berichteten, war es dabei zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Tausenden Gegnern und ein paar Hundert Anhängern Bakijews gekommen. Bakijew, dessen Leibwächter ihm mit Schüssen in die Luft Gehör verschaffen wollten, hatte sich nach kurzer Zeit zurückgezogen.

Neuer Missbrauchsfall in der katholischen Kirche sowie Sechser-Gespräche zum iranischen Atomprogramm in New York: Auf den nächsten Seiten lesen weitere Kurzmeldungen im Überblick.

Chilenischer Priester soll eigene Tochter missbraucht haben

Ein chilenischer Priester ist wegen des Missbrauchs von mindestens acht Minderjährigen angeklagt worden. Unter den Opfern soll auch seine leibliche Tochter sein, die zum Zeitpunkt der Tat fünf Jahre alt war. Bereits im Januar wurde der 55 Jahre alte Geistliche festgenommen, nachdem auf einem Video festgehalten worden war, wie er mit einem Mädchen, dem er zuvor für ihre Dienste Geld geboten hatte, ein Motel betrat. Am Dienstag wurde in Curacavi nahe der Hauptstadt Santiago formell Anklage gegen den Mann erhoben.

Seine Diözese erklärte, der Priester sei bereits vor einiger Zeit von seinen kirchlichen Aufgaben entbunden worden. Der Bischof erklärte, er sei "schockiert und bestürzt" über das Doppelleben des Priesters. Die Mutter des gemeinsamen Kindes wurde ebenfalls angeklagt, weil sie den Missbrauch ihrer Tochter und der anderen Mädchen unterstützt haben soll. Im chilenischen Fernsehen erklärte außerdem eine weitere Frau, der Priester sei der Vater ihres Sohnes.

Sechser-Gespräche zu Irans Atomprogramm "konstruktiv"

Neue Gespräche auf Botschafterebene zum umstrittenen Atomprogramm Irans sind am Mittwoch in New York nach Angaben mehrerer Beteiligter "konstruktiv" verlaufen. "Wir hatten sehr konstruktive Beratungen", sagte Chinas UN-Botschafter nach dem Treffen in der US-Botschaft bei den Vereinten Nationen in New York. Auch die Botschafter Frankreichs, Großbritanniens und Russlands bestätigten diesen Eindruck. Bei den Beratungen, an denen außerdem die USA und Deutschland teilnehmen, versuchen die westlichen Mächte, Russland und China von der Notwendigkeit neuer Sanktionen gegen den Iran zu überzeugen, der im Verdacht steht, Atomwaffen zu entwickeln.

Die UN hat bereits drei Mal Sanktionen gegen Teheran beschlossen, das seinerseits versichert, nur eine zivile Nutzung der Atomenergie anzustreben. Gegenwärtig geht es in den sogenannten Sechsergesprächen um ein viertes Sanktionenpaket, das die USA vorgelegt haben. "Wir haben auf Grundlage des US-Textes verhandelt", sagte Frankreichs Botschafter Gerard Araud am Mittwochabend. Diplomaten erwarten langwierige Verhandlungen, eine Abstimmung des UN-Sicherheitsrates über eine Resolution zu neuen Sanktionen könne möglicherweise erst im Juni zustandekommen, heißt es. Anfang der Woche hatten die Außenminister der sechs Staaten am Rande der Washingtoner Atomkonferenz über Iran beraten.

Die von den USA vorgeschlagenen Sanktionen sollen einem Diplomaten zufolge fünf Bereiche betreffen: Waffenlieferungen, Energie, Schifffahrt, Finanzen und gezielte Strafmaßnahmen gegen führende Mitglieder der Revolutionsgarde. Der Vizechef des US-Generalstabes, James Cartwright, hatte am Mittwoch in Washington bei einer Kongressanhörung die Einschätzung geäußert, der Iran könne binnen eines Jahres genügend hoch angereichertes Uran für eine Atombombe herstellen. Ingesamt dürfte es aber drei bis fünf Jahre dauern, bis Iran die nötigen technischen Fertigkeiten besitzt, eine solche Bombe tatsächlich zu bauen.

Kongo: Menschenrechtler prangern brutale Vergewaltigungen an

Menschenrechtler haben Massenvergewaltigungen im Osten der Demokratischen Republik Kongo angeprangert. Ein Großteil der sexuellen Gewalt in der umkämpften Provinz Süd-Kivu werde von bewaffneten Gruppen verübt, heißt es in einem am Donnerstag von der Organisation Oxfam vorgestellten Bericht. Insgesamt seien 60 Prozent der Vergewaltigungsopfer von Milizen überfallen worden. Mehr als die Hälfte der Sexualverbrechen habe zudem in den Häusern der betroffenen Frauen stattgefunden. Oxfam hatte über einen Zeitraum von vier Jahren mehr als 4000 Vergewaltigungsopfer im Kongo befragt.

Hamas vollstreckt Todesurteile gegen zwei Kollaborateure

Erstmals seit ihrer gewaltsamen Machtübernahme im Gazastreifen vor fast drei Jahren hat die radikalislamische Hamas Todesurteile gegen zwei angebliche Kollaborateure vollstreckt. Die beiden Männer, die mit Israel zusammengearbeitet haben sollen, seien ungeachtet der Proteste von Menschenrechtsgruppen am Donnerstag erschossen worden, sagte ein Vertreter der palästinensischen Menschenrechtsorganisationen El Mesan. Sie waren im vergangenen Jahr zum Tode verurteilt worden. Ihre Leichname wurden nach Krankenhausangaben in eine Klinik in Gaza gebracht.

Das palästinensische Gesetz sieht die Todesstrafe für Kollaborateure, Mörder und Drogenhändler vor. Sie kann aber nur mit Zustimmung des Präsidenten vollstreckt werden. Die Hamas erkennt Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, dessen Fatah seit der Machtübernahme der Hamas im Gazastreifen im Juni 2007 nur noch das Westjordanland kontrolliert, jedoch nicht an. Trotzdem hatte die Hamas-Regierung bislang noch kein Todesurteil vollstrecken lassen.

Russland schließt letzten Plutonium-Reaktor

Russland hat Agenturberichten zufolge am Donnerstag seinen letzten Atomreaktor geschlossen, der waffentaugliches Plutonium herstellte. Der als ADE-2 bekannte Meiler war 1964 unter Sowjetchef Nikita Chruschtschow in Betrieb gegangen. Er gehörte damals zu einem geheimen Atomkomplex nahe Schelesnogorsk in der sibirischen Region Krasnojarsk.

Präsident Dmitrij Medwedjew hatte die bevorstehende Schließung am Dienstag während des Atomgipfels in Washington bekanntgegeben. Seit dem Ende des Kalten Kriegs hat Russland keinen Bedarf mehr an der Herstellung weiteren Plutoniums für Atomwaffen, weil es noch über große Bestände aus Bomben verfügt, die außer Dienst gestellt worden sind. Bei dem Washingtoner Gipfel unterzeichneten die Außenminister der USA und Russlands auch ein Abkommen, das beide Seiten zur Vernichtung von 34 Tonnen des hochgiftigen Spaltmaterials verpflichtet.

Tote und Verletzte bei Explosionen in Birma

Bei Feiern zum Neujahrsfest in der birmanischen Stadt Rangun haben sich am Donnerstag drei Explosionen ereignet, die mindestens neun Menschen das Leben gekostet haben. Etwa 60 weitere wurden verletzt. Die Notaufnahme des allgemeinen Krankenhauses wurde für Unbeteiligte gesperrt. Die Zahl der Opfer werde vermutlich noch steigen, verlautete aus Krankenhauskreisen.

Offizielle Angaben lagen zunächst nicht vor. Ob es sich um einen Anschlag oder ein Unglück handelte, war zunächst ebenfalls offen. Augenzeugen zufolge ereigneten sich die Explosionen am Nachmittag in der Nähe von 20 Pavillons am Kandawgyi-See, die zum viertägigen Wasserfest errichtet worden waren. Mit dem Wasserfest wird in Birma traditionell das neue Jahr eingeläutet. Die Polizei habe das Gelände abgeriegelt, Spürhunde seien im Einsatz. Ausländer befanden sich nach ersten Krankenhausangaben nicht unter den Opfern.

Radioaktive Strahlung in Asse höher als angenommen

Die Strahlung in den eingelagerten Fässern im maroden Atommülllager Asse ist höher als bislang angegeben. Davon ist der Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS), Wolfram König, überzeugt. Er wurde im Untersuchungsausschuss des Landtages am Donnerstag in Hannover befragt. Die Angaben des früheren Asse-Betreibers zu den Inhalten der Fässer sind zweifelhaft, deshalb lässt sie das BfS neu bewerten. König betonte, dieses Verfahren brauche noch Zeit.

Fässer mit radioaktivem Abfall hätten teils eine sehr hohe Abschirmung mit Blei. Dies lasse darauf schließen, dass die Strahlung im Innern höher sei als die Messungen ergaben, sagte König. Im Salzbergwerk Asse bei Wolfenbüttel liegen rund 126.000 Fässer mit schwach und mittel radioaktivem Abfall. Die Behälter wurden schlecht oder teils gar nicht deklariert. Hoch radioaktives Material wurde nach den Erkenntnissen des BfS dort aber nicht gelagert.

Die Neubewertung der Strahlung in den Lagerkammern ist für die Schließung der Schachtanlage wichtig. Das BfS in Salzgitter plant, alle Fässer wieder herauszuholen. Zuvor soll aber noch überprüft werden, wie stark die Behälter unter Tage beschädigt sind. Zudem will die Behörde klären, wie viele Schwermetalle neben dem Atommüll in den Fässern lagern. Diese Giftstoffe seien ein "zusätzliches Gefährdungspotential", sagte König.

Bundesprüfstelle setzte 2009 mehr als 100 rechtsextreme CDs auf Index

Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien hat im vergangenen Jahr 103 rechtsextremistische Tonträger auf den Index gesetzt. Nach Informationen des Berliner Tagesspiegels wird damit der Handel von CDs zahlreicher rechtsextremer Bands erschwert, der Verkauf solcher Musik an Kinder und Jugendliche ist verboten. Indiziert wurden zudem zehn Schriften und Bücher, darunter eine holocaustleugnende Publikation über Auschwitz.

Die Liste der Prüfstelle steht in einer Antwort des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend auf eine Anfrage von Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke). Darin finden sich zahlreiche Namen von Szenebands wie Arische Wut, Hetzjagd, Werwolf, Reichspogrom und auch Landser, die Berliner Gruppe wurde allerdings bereits 2003 aufgelöst. Das Berliner Kammergericht hatte die in der Szene populäre Band damals als kriminelle Vereinigung eingestuft und drei Mitglieder verurteilt. In der rechtsextremen Musikszene werden jedoch weiterhin Tonträger mit alten Aufnahmen der Gruppe produziert und vertrieben. Auch im Jahr 2008 hatte die Bundesprüfstelle 100 Tonträger mit rechtsextremen Hassliedern indiziert, dazu zwei DVDs sowie zwölf Schriften und Bücher. Außerdem hat das Bundesinnenministerium in einer Antwort auf eine weitere Anfrage von Pau mitgeteilt, die Prüfstelle habe 35 Internetseiten indiziert, unter anderem "aufgrund von Verherrlichung oder Verharmlosung des Nationalsozialismus". Ohne die Websites namentlich zu nennen, lag die Zahl der einschlägigen Internetseiten laut Ministerium in den vergangenen Jahren mit etwa 1000 "auf einem konstant hohen Niveau", allerdings mit starker Fluktuation.

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