Politik kompakt:Gabriel: "Merkel hat die Deutschen belogen"

SPD-Chef Gabriel wirft Kanzlerin Merkel vor, in der Griechenland-Krise das Volk zu täuschen - wegen der anstehenden NRW-Wahl. Kurzmeldungen im Überblick

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vorgeworfen, die Deutschen in der Griechenland-Krise zu täuschen. "Merkel hat das Volk hinters Licht geführt, die Deutschen belogen", sagte er dem Kölner Stadtanzeiger. Merkel inszeniere sich zwar als die eiserne Kanzlerin, die Griechenland in die Schranken weise. In Wahrheit aber verhandelten sie und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) jedoch bereits über deutsche Hilfsleistungen in Milliardenhöhe, kritisierte Gabriel. Der SPD-Chef forderte, die Kanzlerin müsse den Steuerzahlern reinen Wein einschenken und sagen, was auf sie zukomme. "Frau Merkel versucht sich vor der NRW-Wahl wegzuducken, das lassen wir ihr nicht durchgehen", sagte Gabriel dem Blatt.

Sigmar Gabriel; ddp

Attacke auf die Kanzlerin: der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel wirft CDU-Chefin Angela Merkel vor, nicht die Wahrheit zu sagen

(Foto: Foto: ddp)

Der SPD-Chef hat warf der Kanzlerin außerdem vor, bewusst auf ein Scheitern von Schwarz-Gelb bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen zu setzen. In Wahrheit habe die Kanzlerin "doch ein ganz großes Interesse, dass Schwarz-Gelb in Nordrhein-Westfalen scheitert." sagte er dem Kölner Stadt-Anzeiger. Eine schlimme CDU-Schlappe wolle die Kanzlerin am 9. Mai zwar nicht. "Aber wenn die FDP raus ist, dann hat Merkel einen Hebel, den Steuersenkungswahnsinn dieser Partei endlich zu beenden", sagte der SPD-Vorsitzende mit Blick auf einen möglichen Verlust der schwarz-gelben Mehrheit im Bundesrat. "Die FDP ist unter Guido Westerwelle zu einer fundamentalistischen Partei geworden, die mit ökonomisch verrückten Forderungen in die Regierung reingegangen ist", meinte Gabriel.

Wie der UN-Sicherheitsrat gegen somalische Piraten vorgehen will und warum Verteidigungsminister Guttenberg womöglich noch einmal vor dem Kundus-Ausschuss erscheinen muss. Auf den folgenden Seiten finden Sie weitere Kurzmeldungen

Machtkampf in Thailand verschärft sich erneut

In Bangkok sind die Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Anhängern der Opposition abermals eskaliert. Die Sicherheitskräfte feuerten am Mittwoch zunächst Warnschüsse in die Luft ab, um die Rothemden an einer Ausweitung ihrer Proteste auf mehrere Vororte der thailändischen Hauptstadt zu hindern. Später gaben sie auch Schüsse direkt in die Menge ab. Mindestens zehn Demonstranten und ein Soldat wurden nach Krankenhausangaben verletzt. Unklar war, ob scharfe Munition oder Gummigeschosse verwendet wurden.

Die Sicherheitskräfte stoppten die Demonstranten auf einer Verbindungsstraße zwischen dem Zentrum und dem Nordrand von Bangkok. Die Regierung hatte wiederholt gewarnt, sie werde eine Ausweitung der Proteste über das seit Wochen von der Opposition besetzte Geschäftsviertel in der Innenstadt von Bangkok nicht tolerieren. Einer der Oppositionsführer, Nattawut Saikua, erklärte dazu am Mittwoch: "Wenn die Streitkräfte meinen, uns mit Gewalt aufhalten zu müssen, bitte. Wir haben keine Angst."

Tote bei Gefechten in Nordafghanistan

Knapp zwei Wochen nach den tödlichen Angriffen auf deutsche Soldaten in der nordafghanischen Provinz Baghlan sind dort bei Gefechten zehn Taliban-Kämpfer getötet worden. Auch zwei afghanische Soldaten seien ums Leben gekommen, sagte der regionale Armeekommandeur, General Murad Ali Murad, am Mittwoch der Nachrichtenagentur dpa. Zwölf Aufständische seien verletzt worden.

Es habe sich um eine Operation der afghanischen Armee gehandelt. Zu den Gefechten kam es im Distrikt Baghlan Markasi. Dort waren Mitte des Monats vier deutsche Soldaten getötet worden.

Bei einem Anschlag in der ostafghanischen Provinz Chost wurden am Mittwoch mindestens zwölf Zivilisten getötet. Ein Kleintransporter mit Passagieren sei auf dem Weg in die Provinzhauptstadt Chost in eine Sprengfalle geraten, sagte der Sprecher der Provinzregierung, Mohammad Mubares Sadran. Vier Zivilisten seien verletzt worden. Unter den Opfern seien auch Kinder und Frauen. Zunächst bekannte sich niemand zu der Tat. Die Taliban setzen seit Jahren verstärkt auf Sprengfallen, bei deren Explosion immer wieder Zivilisten sterben.

Katyn-Geheimakten erstmals in Moskau freigegeben

70 Jahre nach dem Massaker an tausenden Polen im westrussischen Ort Katyn sind erstmals Geheimdokumente über den Massenmord aus Archiven des Kreml in Russland freigegeben worden. Auf Anordnung von Präsident Dmitrij Medwedjew veröffentlichte Russlands Archivdienst am Mittwoch zahlreiche Akten des damaligen sowjetischen Geheimdienstes NKWD im Internet. Aus den Unterlagen gehe hervor, dass Sowjetdiktator Josef Stalin im Frühjahr 1940 die Erschießung der etwa 22.000 Soldaten und Zivilisten in Katyn und anderen Orten befohlen habe, sagte der Leiter des Archivs, Andrej Artisow, nach Angaben der Agentur Interfax. Russland sei weiter zu völliger Offenheit über die Hintergründe der Bluttat bereit.

Unterschriften würden beweisen, dass alle Nachfolger Stalins im Kreml die Dokumente studiert hätten, sagte Artisow. "Sie nahmen das Verbrechen zur Kenntnis, dann wurden die Akten wieder versiegelt." Moskau hatte lange behauptet, Hitler-Deutschland habe das Massaker verübt und sich erst 1990 zu seiner Verantwortung bekannt. Dazu sagte Artisow, in den Archiven seien absichtlich gefälschte "Beweise" einer "deutschen Schuld" gefunden worden. "Aber dort, wo die meisten Polen erschossen wurden, waren nie deutsche Truppen." Die Freigabe der Unterlagen erfolge erstmals in Russland, jedoch seien die Akten vor einigen Jahren schon von Polen veröffentlicht worden, sagte Artisow.

Folter in irakischem Geheimgefängnis

Nach der Schließung eines irakischen Geheimgefängnisses in Bagdad klagen ehemalige Häftlinge über brutale Foltermethoden. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) veröffentlichte am Mittwoch einen Bericht über Interviews mit 42 Gefangenen, die von Vergewaltigungen, Elektroschocks und Schlägen berichteten. Die irakischen Gefängniswärter hätten sie auf diese Weise dazu gebracht, vorgefertigte Geständnisse zu unterschreiben.

Die 42 Befragten gehören nach Angaben von HRW zu einer Gruppe von 300 Gefangenen, die nach ersten Medienberichten über das Geheimgefängnis am früheren Flughafen Muthanna im Westen Bagdads in die Haftanstalt Al Russafa verlegt wurden. In Muthanna seien mehr als 430 im vergangenen Herbst festgenommene Verdächtige gefangengehalten worden, schrieb die Menschenrechtsorganisation.

Ihre Familien hätten von ihrem Aufenthaltsort nichts erfahren. Einer der von HRW befragten Häftlinge sagte aus, vor Verhören seien ihm die Hände gefesselt und die Augen verbunden worden, dann hätten ihn die Wärter kopfüber an eine Stange gehängt und geschlagen. Anschließend sei ihm eine Plastiktüte über den Kopf gezogen worden, so dass er das Bewusstsein verlor. Um ihn wieder aufzuwecken, hätten seine Peiniger ihm einen Elektroschock in die Genitalien versetzt.

Siedlungsbau: Jerusalems Bürgermeister nennt US-Kritik "Schläge"

Der Bürgermeister von Jerusalem, Nir Barkat, hat bei einem US-Besuch auf die Fortsetzung des israelischen Siedlungsbaus in Ost-Jerusalem gepocht. Auf die Frage, ob Israel gemäß der Aufforderung von US-Präsident Barack Obama einen Siedlungsstopp in Ost-Jerusalem zumindest bis zur Aufnahme neuer Friedensverhandlungen mit den Palästinensern beschließen werde, sagte Barkat vor Journalisten in Washington: "die Antwort ist nein, ein klares Nein." Eine Einstellung des jüdischen Siedlungsbaus würde nur dazu führen, dass Juden die Stadt verließen und dann Araber illegal Häuser errichten würden." In Jerusalem müssten sowohl für Juden als auch für die arabischstämmige Bevölkerung gebaut werden, sagte Barkat. An der US-Regierung übte Barkat deutliche Kritik. Die offenen Vorwürfe des Verbündeten nach der israelischen Ankündigung, weitere 1600 Wohnungen in Ost-Jerusalem zu bauen, seien wie "zwei Schläge ins Gesicht" gewesen. Mittlerweile hätten sich die Wogen jedoch geglättet.

UN-Sicherheitsrat erwägt Sondergerichte für Piraten

Der UN-Sicherheitsrat erwägt angesichts der steigenden Zahl von Angriffen auf Frachtschiffe Sondergerichte für somalische Piraten. Die Vorschläge sehen die Einrichtung von speziellen nationalen Gerichtskammern - möglicherweise mit internationalen Bestandteilen -, ein regionales Tribunal oder ein internationales Gericht vor, wie aus einer von Russland entworfenen und am Dienstag verabschiedeten Resolution hervorgeht. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon soll die Vorschläge prüfen und innerhalb von drei Monaten darauf reagieren. Die Piraterie am Horn von Afrika gilt als Folge der Anarchie in Somalia. Ende 2009 hatten somalische Piraten dem International Maritime Bureau (IMB) zufolge mindestens zwölf Schiffe mit 263 Besatzungsmitgliedern in ihrer Gewalt. In Deutschland sollen demnächst erstmals somalische Piraten vor Gericht gestellt werden, die derzeit noch in den Niederlanden in Haft sind.

Kundus-Ausschuss: Steinmeier besteht auf Gegenüberstellung

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier besteht auf einer Gegenüberstellung von Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und dem von ihm entlassenen Führungspersonal im Kundus-Untersuchungsausschuss. Guttenberg sowie seine ehemaligen Spitzenberater Wolfgang Schneiderhan und Peter Wichert müssten gemeinsam dort auftreten, sagte Steinmeier der Passauer Neuen Presse. "Wir können auf eine Gegenüberstellung nicht verzichten. Es gibt Aussagen, die sich diametral widersprechen." Wenn der Untersuchungsausschuss hier nicht alle Möglichkeiten ergreife, sehe es so aus, "als sei der Ausschuss gar nicht an der Wahrheit interessiert", erklärte der SPD-Politiker.

Guttenberg hatte sich vor wenigen Tagen über die SPD-Taktik beklagt. Man müsse im Blick haben, dass die Soldaten in Afghanistan "möglicherweise den Eindruck gewinnen könnten, dass die Debatte auf ihrem Rücken ausgetragen wird", hatte Guttenberg gesagt. Zugleich hatte sich der Minister bereiterklärt, nochmals vor dem Ausschuss zu erscheinen.

UN-Gesandte kritisiert Kongo als "Vergewaltigungshauptstadt"

Die UN-Sondergesandte gegen sexuelle Gewalt in Konfliktregionen, Margot Wallström, hat die Demokratische Republik Kongo als "Vergewaltigungshauptstadt der Welt" kritisiert. "Frauen sind dort immer noch nicht unter ihrem eigenen Dach, in ihren eigenen Betten sicher, wenn die Nacht hereinbricht", sagte Wallström am Dienstag, als sie den UN-Sicherheitsrat über ihre kürzlich beendete Reise in das zentralafrikanische Land unterrichtete. Die Schwedin forderte das Gremium auf, zu handeln, damit die Täter nicht länger straffrei blieben. "Frauen haben keine Rechte, wenn diejenigen, die ihre Rechte verletzen, unbestraft bleiben", sagte sie. Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) werden im Kongo jeden Tag durchschnittlich 14 Frauen sexuell bedrängt. Seit Jahresbeginn wurden laut Vereinten Nationen mehr als 1200 Frauen Opfer sexueller Gewalt. Hilfsorganisationen prangern regelmäßig die fehlende Verurteilung der Täter vor allem im konfliktgebeutelten Osten des Landes an.

Mörder von Malcolm X nach 45 Jahren wieder frei

Mehr als 45 Jahre nach der Ermordung des Schwarzenführers Malcolm X ist der letzte der damaligen Todesschützen wieder frei. Der 69-Jährige Thomas Hagan sei am Vormittag aus einer Haftanstalt für Freigänger entlassen worden, meldete CNN am Dienstag in New York. Der 69-Jährige habe bereits seit 1992 zu Hause bei seiner Familie gelebt und nur noch zwei Tage in der Woche hinter Gittern verbracht. Er hat zugegeben, Malcolm X zusammen mit zwei weiteren Männern 1965 während einer Rede in Harlem erschossen zu haben. Hagan zeigte mehrfach Reue und hatte sich in den vergangenen Jahren 16 Mal vergeblich um eine Aussetzung seiner Strafe auf Bewährung bemüht. Die anderen Täter, die mit Hagan 1966 verurteilt worden waren, sind bereits seit den 1980er Jahren wieder frei.

Nach Überfall auf Bischof: Verdacht auf Mordanschlag

Hinter dem Überfall auf den Bischof der syrisch-orthodoxen Kirche in Deutschland, Julius Hanna Aydin, vermutet die Staatsanwaltschaft einen Mordanschlag. "Die Art und Weise, wie der Bischof gefesselt und geknebelt wurde, lässt uns von einem versuchten Tötungsdelikt ausgehen", sagte der Paderborner Oberstaatsanwalt Horst Rürup und bestätigte Zeitungsberichte vom Mittwoch. Mund und Nase des Bischofs seien zugeklebt worden. "Er hat schlecht Luft bekommen und hätte sterben können", sagte der Staatsanwalt. Der Bischof des Klosters im ostwestfälischen Warburg war vor zwei Wochen von drei unbekannten Tätern überfallen, schwer verletzt, gefesselt und ausgeraubt worden. Zu möglichen Motiven wollte Rürup sich nicht äußern. "Das wären nur Mutmaßungen", sagte er.

Der 63-jährige Bischof selbst hatte den Überfall als "ein gezieltes Attentat und einen Angriff auf die gesamte syrisch-orthodoxe Kirche in Deutschland bezeichnet", schreibt das Westfalen-Blatt. Als Zeichen der Schmähung hätten die Täter ihm seinen etwa 30 Zentimeter langen weißen Bart abgeschnitten. Diesen hätten sie ihrem Auftraggeber vorzeigen müssen, um eine Prämie zu kassieren, vermutete Aydin. Der Klosterleiter hatte am Morgen nach der Tat mit Klopfgeräuschen auf sich aufmerksam gemacht.

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