Süddeutsche Zeitung

Politik kompakt:Frühere RAF-Terroristin Viett zu Geldstrafe verurteilt

Die Sympathie für Straftaten ist nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt - so hat nun das Gericht im Fall Inge Viett geurteilt. Die frühere RAF-Terroristin muss 1200 Euro Geldstrafe zahlen. Die Angeklagte hatte zuvor einen Freispruch verlangt.

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Die frühere RAF-Terroristin Inge Viett muss wegen Billigung von Brandanschlägen auf Bundeswehrfahrzeuge 1200 Euro Geldstrafe zahlen. Das urteilte das Amtsgericht Berlin-Tiergarten. Die Sympathie für strafbare Angriffe auf Bundeswehrfahrzeuge sei nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt.

Das Gericht sprach die 67-Jährige schuldig, auf einer Podiumsdiskussion im Januar dieses Jahres Brandanschläge auf Bundeswehrfahrzeuge als "legitime Aktion" gebilligt zu haben. Solche Äußerungen seien geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören, heißt es in dem Urteil. Sie habe sich damit "moralisch hinter die Täter gestellt". Der Anwalt von Viett hatte Freispruch verlangt. Die Staatsanwaltschaft hatte drei Monate Haft ohne Bewährung wegen Vietts Vorstrafen beantragt. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte, Rechtsmittel würden geprüft. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

1992 wurde Viett wegen versuchten Mordes an einem französischen Polizisten zu 13 Jahren Haft verurteilt und nach Verbüßung der halben Strafe entlassen. Im Oktober 2009 wurde sie wegen Widerstandes gegen Polizisten zu einer Geldstrafe verurteilt. Hintergrund war ein Protest gegen das Bundeswehrgelöbnis vor dem Berliner Reichstag. In den siebziger Jahren hatte sich Viett zunächst der "Bewegung 2. Juni" angeschlossen, die 1975 den damaligen Berliner CDU-Chef Peter Lorenz entführt hatte. Zwei Jahre nach ihrem Wechsel zu RAF hatte sich Viett in die DDR abgesetzt. Im Frühjahr 1990 wurde sie enttarnt und in die Bundesrepublik überstellt.

(dpa/dapd)

Baden-Württembergs Ministerpräsident Kretschmann soll auf einer Liste der Zwickauer Neonazi-Gruppe stehen, der türkische Ministerpräsident Erdogan entschuldigt sich erstmals für die Tötung von Tausenden Kurden und der ukrainische Präsident Janukowitsch erwägt eine Abkehr von Europa. Lesen Sie weitere Meldungen auf den folgenden Seiten.

Im Zuge der Ermittlungen gegen die rechtsextreme Zwickauer Terrorzelle ist offenbar auch eine Liste mit 1000 Namen und Adressen aus Baden-Württemberg aufgetaucht. Die auf einem USB-Stick gefundene Liste soll auch knapp 100 Namen prominenter Politiker umfassen, wie die Bild in ihrer Donnerstagausgabe berichtet.

Nach Informationen des Blattes steht auch der Name des heutigen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) darauf. Im Jahr 2005, als die Liste erstellt worden sei, war Kretschmann noch Fraktionschef der Grünen im Landtag. Das Landeskriminalamt (LKA) habe am Vormittag damit begonnen, die betroffenen Politiker zu informieren.

(dapd)

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat sich erstmals für die Tötung von etwa 14.000 Kurden in den dreißiger Jahren entschuldigt. "Wenn eine Entschuldigung im Namen des Staats nötig ist (...) würde ich mich entschuldigen und ich entschuldige mich", sagte der Regierungschef.

Es war die erste offizielle Entschuldigung der türkischen Regierung für die Tötung von 13.806 Menschen zwischen 1936 und 1939 in der heutigen Stadt Tunceli im Südosten der Türkei. Damals führte die Regierung eine Militärkampagne zur Niederschlagung eines kurdischen Aufstands aus.

(dapd)

Die Bildung einer großen Koalition in Berlin ist perfekt. Die Landesvorsitzenden Michael Müller (SPD) und Frank Henkel (CDU) unterzeichneten am Mittwoch im Festsaal des Abgeordnetenhauses den Koalitionsvertrag.

Die 100 Seiten starke Vereinbarung regelt die politischen Ziele bis 2016 und steht unter dem Motto "Berliner Perspektiven für starke Wirtschaft, gute Arbeit und sozialen Zusammenhalt". Am Donnerstag soll Klaus Wowereit (SPD) als Regierender Bürgermeister zum dritten Mal wiedergewählt werden.

(dapd)

Ein Pariser Berufungsgericht hat grünes Licht für die Auslieferung des früheren panamaischen Machthabers Manuel Noriega in seine mittelamerikanische Heimat gegeben. Der 77-jährige Ex-General sagte bei der Anhörung in Paris, er wolle zurück nach Panama und dort seine "Unschuld beweisen". Der panamaische Außenminister Roberto Henríquez rechnet damit, dass Noriega noch vor Weihnachten zurück in seiner Heimat ist, wo ihn eine lange Gefängnisstrafe erwartet.

Die USA hatten Noriega im April 2010 an Frankreich ausgeliefert. Ein französisches Gericht verurteilte den Ex-General zu sieben Jahren Gefängnis, weil er in den achtziger Jahren umgerechnet etwa 2,3 Millionen Euro Drogengelder in Frankreich gewaschen hatte. In den USA hatte Noriega zuvor wegen seiner Verstrickung in den Drogenhandel eine Gefängnisstrafe von 20 Jahren verbüßt.

Die USA hatten in den siebziger und Anfang der achtziger Jahre den Aufstieg Noriegas gefördert; von 1981 bis 1989 regierte er Panama mit eiserner Hand. 1989 wurde er nach einer Invasion der US-Truppen in Panama gestürzt, in die Vereinigten Staaten gebracht und verurteilt.

(AFP)

Sieben Jahre nach der demokratischen orangenen Revolution in der Ukraine zieht Präsident Viktor Janukowitsch eine Abkehr vom proeuropäischen Kurs des Landes in Erwägung. Mit Blick auf die Verhandlungen über ein Assoziierungsabkommen mit der EU sagte Janukowitsch ukrainischen Medienberichten zufolge: "Es gibt einige Politiker und Staaten (in der EU), die der Meinung sind, dass wir die Kriterien, die von uns gefordert werden, nicht erfüllen. Wenn wir in den Verhandlungen darüber eine Pause machen müssen, dann können wir dies tun."

Janukowitsch hatte es zuvor in einem Gespräch mit der litauischen Präsidentin Dalia Grybauskaite auch abgelehnt, dem Druck der EU im Fall Timoschenko nachzugeben. Zwar erlaubte der Staatschef eine Behandlung seiner erkrankten politischen Widersacherin außerhalb des Gefängnisses. Eine Freilassung der 50-Jährigen kommt für Janukowitsch aber weiterhin nicht infrage.

(dapd)

Der prominente weißrussische Menschenrechtler Ales Beljazki soll nach dem Willen der autoritären Justiz des Landes wegen angeblicher Steuerhinterziehung fünf Jahre ins Straflager. In dem nach internationaler Einschätzung politisch motivierten Prozess in Minsk forderte Staatsanwalt Wladimir Sajkowski die Verurteilung des Leiters der Hilfsorganisation Wesna. Beljazkis Verteidiger Dmitri Lajewski kritisierte die Anklage als haltlos.

Beljazki half mit seiner Organisation auch Gegnern von Präsident Alexander Lukaschenko, der als "letzter Diktator Europas" gilt. Gegen internationalen Protest war der mit vielen Preisen ausgezeichnete Beljazki Anfang August festgenommen worden. Die Staatsanwaltschaft der Ex-Sowjetrepublik wirft ihm vor, über illegale Konten im Nachbarland Litauen verfügt zu haben. "Offenbar soll hier ein engagierter Vertreter der belarussischen Zivilgesellschaft mundtot gemacht werden", hatte der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung nach der Festnahme in Berlin erklärt.

(dpa)

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