Süddeutsche Zeitung

Politik kompakt:Flatscreen in der Zelle

In Indonesien gibt es einen Skandal um Luxus-Gefängniszellen, Jemen verhandelt über Freilassung der Geiseln und China testet erfolgreich Raketenabwehrsystem.

Skandal um luxuriöse Gefängniszellen in Indonesien

Sofa, Flachbildschirm und Badewannne: Komfortabel ausgestattete Gefängniszellen haben in Indonesien für Entrüstung gesorgt. Präsident Susilo Bambang Yudhoyono ließ am Dienstag sein "tiefes Bedauern" darüber mitteilen, dass "einige Häftlinge bevorzugt behandelt werden". Der Staatschef gab Anweisung, die Privilegien abzuschaffen, wie sein Sprecher bekanntgab. Das Fernsehen hatte unter anderem die wegen Korruption verurteilte Geschäftsfrau Artalyta Suryani gezeigt, die ihre fünfjährige Haftstrafe in einem mit Couchtisch, Sofa, Fernseher und jeder Menge Nippes ausgestatteten Zimmer absitzt. Auch Kochecke und privates Bad gehören zur Ausstattung. Bürgerrechtsgruppen kritisieren häufig die Ungleichbehandlung in indonesischen Gefängnissen. Offenbar kann jeder Häftling sich mit dem nötigen Kleingeld "alles besorgen", zum Beispiel eigenes Essen oder eine neue Zelle. Die Justiz gilt laut Umfragen bei der Bevölkerung als eine der korruptesten Institutionen des Landes.

Jemen verhandelt über Freilassung der Geiseln

Die Regierung des Jemen verhandelt über die Freilassung der vor sechs Monaten verschleppten fünf Deutschen und eines Briten. Außenminister Abu Bakr el Kurbi sagte, die Geiseln befänden sich in Saada im Norden des Landes, wo Regierungstruppen gegen schiitische Rebellen kämpfen. Details über die Verhandlungen mit den Entführern wollte er nicht nennen. Am Montag hatte Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) überraschend den Jemen besucht und mit Präsident Ali Abdallah Saleh über die Geiseln gesprochen. Die fünfköpfige Familie aus Sachsen war Mitte Juni gemeinsam mit einem britischen Ingenieur, zwei deutschen Pflegehelferinnen und einer südkoreanischen Lehrerin im Norden des Landes verschleppt worden. Die beiden Helferinnen und die Südkoreanerin wurden wenige Tage darauf in der Region von Noschur in der Provinz Saada tot gefunden. Die Entführung soll zwischen schiitischen Rebellen und dem Terrornetzwerk al-Qaida abgestimmt worden sein.

China testet erfolgreich Raketenabwehrsystem

China hat nach eigenen Angaben erfolgreich ein neues Raketenabwehrsystem getestet. Eine vom Boden abgeschossene Rakete sei in der Luft abgefangen worden, der Test sei "rein defensiver Natur" gewesen und habe sein Ziel erreicht, teilte Außenamtssprecherin Jiang Yu mit. Die englischsprachige chinesische Tageszeitung Global Times sprach von einer Premiere für die Volksrepublik. Das Blatt berichtete unter Berufung auf den Rüstungsexperten Yang Chengjun, mit dem Test beginne China eine "neue Phase in der Technologie zum Abfangen von Raketen". Bisher verfügen nur sehr wenige Staaten über eine solche Technologie. China benötige "verbesserte Fähigkeiten und mehr Mittel zur militärischen Verteidigung", weil die Sicherheit des Landes zunehmend bedroht sei. Der Test erfolgte nur eine Woche nach der Ankündigung der USA, dass das Pentagon den Verkauf eines verbesserten Patriot-Raketenabwehrsystems über den Rüstungskonzern Lockheed Martin an Taiwan gebilligt habe. Mit den Patriot-Raketen könnten Experten zufolge chinesische Kurz- und Mittelstreckenraketen abgeschossen werden. Laut einer von der Global Times gestarteten Online-Umfrage befürworteten 98,8 Prozent der Teilnehmer die Weiterentwicklung des chinesischen Raketenabwehrsystems.

Hunderte jemenitische Rebellen an Grenze getötet

Saudiarabische Truppen haben nach Regierungsangaben bei den jüngsten Kämpfen an der Grenze zum Jemen Hunderte der sogenannten Huthi-Rebellen getötet. Die jemenitischen Aufständischen hätten ein 48-stündiges Ultimatum verstreichen lassen, um einen besetzten Grenzposten zu räumen, sagte Vize-Verteidigungsminister Prinz Chaled bin Sultan im staatlichen Fernsehen. "Die Eindringlinge haben sich selbst Hunderte von Toten zugefügt." In den Kämpfen seien auch vier saudiarabische Soldaten ums Leben gekommen. Insgesamt hätten damit in dem Konflikt bislang 82 Soldaten ihr Leben verloren.

Protestantische Kirche in Algerien in Brand gesteckt

Islamische Extremisten haben in Algerien eine protestantische Kirche geplündert und angezündet. Der Angriff ereignete sich bereits am Samstag in der Ortschaft Tizi Ouzou. Die Täter hätten Bibeln und Lehrbücher in Brand gesetzt und Kreuze entweiht, sagte der Leiter der Algerischen Protestantischen Kirche, Mustapha Krim. Dies zeige die "islamistische Intoleranz" in dem nordafrikanischen Land, die keinen Platz für christliche Religionsausübung lasse, sagte er weiter. "Was geschehen ist, ist abscheulich, aber die Wohnung hatte keine Genehmigung für eine Religionsausübung", sagte ein Polizist. Die örtlichen Behörden hätten im November die Schließung angeordnet. Attacken gegen christliche Minderheiten hatte es zuletzt unter anderem in Ägypten und Malaysia gegeben.Tizi Ouzou liegt etwa 100 Kilometer östlich von Algier und gilt als Hochburg der al-Qaida in Nordafrika.

Ost-Linke wollen Lafontaine und Bartsch

Die Linke in Sachsen und Sachsen-Anhalt hat sich im innerparteilichen Machtkampf sowohl hinter Parteichef Oskar Lafontaine als auch den umstrittenen Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch gestellt. Die Linke brauche eine starke Führungsmannschaft auf Bundesebene, "für die Oskar Lafontaine ebenso unverzichtbar ist wie Dietmar Bartsch", erklärten die stellvertretenden Landesvorsitzenden beider Verbände. Bundestagsfraktionschef Gregor Gysi hatte bei der Fraktionsklausur am Montag in Berlin ungewohnt offen Kritik an dem umstrittenen Parteimanager geübt. Bartsch habe sich gegenüber dem erkrankten Lafontaine nicht loyal verhalten und das Vertrauen beschädigt, sagte Gysi. Bartsch habe Informationen an Medien gegeben und damit die aktuellen Probleme ausgelöst.

Niederlande halfen widerrechtlich bei Irak-Krieg

Die niederländische Regierung hat den US-geführten Einmarsch im Irak 2003 nach Ansicht einer Untersuchungskommission ohne Rechtsgrundlage unterstützt. Aus den Irak-Beschlüsse des UN-Sicherheitsrats in den 90er Jahren habe sich kein Mandat für die Invasion ableiten lassen, urteilten die Experten in ihrem Abschlussbericht. Gründe für die niederländische Unterstützung des Kriegs seien die später widerlegte Furcht vor irakischen Massenvernichtungswaffen und der Wunsch gewesen, die Verbündeten USA und Großbritannien zu unterstützen. Allerdings habe die Invasion wahrscheinlich auch auf einen Sturz der irakischen Regierung gezielt, urteilte die Kommission. Der niederländischen Regierung sei bewusst gewesen, dass dieser Kriegsgrund nicht vom Völkerrecht gedeckt gewesen sei. In dem 550-seitigen Bericht, dessen Übergabe das Fernsehen live übertrug, wurde der Regierung auch eine mangelhafte Information des Parlaments über US-Bitten um Unterstützung der Kriegsplanungen vorgeworfen. "Informationen der Geheim- und Sicherheitsdienste wurden selektiv herausgegeben", kritisierte der Kommissionsvorsitzende Willibrord Davids. Ministerpräsident Peter Balkenende, der auch 2003 die Regierung führte, hatte sich jahrelang gegen eine Untersuchung gewehrt. Im Februar ordnete er sie schließlich selbst an, nachdem Medien die Rechtmäßigkeit der niederländischen Unterstützung für die Invasion in Zweifel zogen. Balkenende selbst habe die Irak-Frage lange völlig dem Außenministerium überlassen und sich erst ab Februar aktiv damit befasst, befand die Kommission.

13 Aufständische in Afghanistan getötet

Bei einem Raketenangriff in Südafghanistan sind nach Nato-Angaben am Dienstag 13 Aufständische getötet worden. Zivile Opfer habe es bei dem Einsatz einer Drohne in der Provinz Helmand nicht gegeben, erklärten die Streitkräfte. In der Provinz Urusgan riss ein Selbstmordattentäter unterdessen einen Polizisten in den Tod. Zwei weitere Beamte wurde bei dem Anschlag auf eine Polizeiwache verletzt. Der Angreifer versuchte demnach am Montagabend, in ein Büro der Polizeiwache im Bezirk Dihrawud einzudringen und zündete seine Sprengstoffweste.

Guantanamo-Häftling fordert Aufhebung von Anklage

Im ersten Fall eines Guantanamo-Häftlings vor einem Zivilgericht in den USA hat der Verteidiger die Aufhebung der Terroranklage gefordert. Sein Mandant Ahmed Khalfan Ghailani sei innerhalb von fünf Tagen 14 Stunden lang gefoltert worden, sagte sein Anwalt in New York. Da der in Pakistan verhaftete Angeklagte fast fünf Jahre lang auf seinen Prozess gewartet habe, sei das Recht auf ein zügiges Verfahren verletzt worden. Ghailani wird beschuldigt, im August 1998 an Terroranschlägen auf zwei US-Botschaften in Afrika beteiligt gewesen zu sein. Nach seiner Verhaftung im Juli 2004 wurde er in ein geheimes Verhörzentrum der CIA im Ausland gebracht, obwohl in New York bereits eine Anklage gegen ihn vorlag. Die Äußerungen des Verteidigers über Folterungen seines Mandaten sollten nach dem Willen der Regierung offenbar geheim bleiben. Staatsanwalt Michael Farbiarz versuchte den Anwalt zu veranlassen, die Äußerungen zurückzuziehen.

Clinton für Sanktionen gegen iranische Elite

Zum Auftakt einer neuntägigen Reise in mehrere Pazifikstaaten hat sich US-Außenministerin Hillary Clinton für Sanktionen gegen die iranische Elite ausgesprochen. Dies sei der beste Weg, um die iranische Führung im Atomstreit unter Druck zu setzen, sagte Clinton am Montag während einer Zwischenlandung auf Hawaii. "Wenn wir einen Sanktionspfad schaffen, der auf diejenigen abzielt, die die tatsächlichen Entscheidungen treffen, ist dies eine klügere Art von Strafmaßnahmen." Beschlüsse gebe es´aber noch nicht, sagte Clinton und wies auf das am Wochenende in New York bevorstehende Treffen der Sechsergruppe zum Atomstreit mit dem Iran hin.

Ban erklärt 2010 zum "Jahr der Entwicklung"

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat das Jahr 2010 zum "Jahr der Entwicklung" erklärt. Die sogenannten Millenniumsziele müssten die Arbeit des ganzen Jahres bestimmen. Gerade beim Kampf gegen den Klimawandel, für Abrüstung und zur Gleichstellung von Frauen und Mädchen sei viel zu tun. Die Millenniumsziele der UN sind acht im Jahr 2000 für 2015 formulierte Aufgaben wie Bekämpfung der Armut, Senkung der Kindersterblichkeit, Verbesserung der Bildung und Kampf gegen Aids. "Meine Botschaft ist einfach: Die Ziele sind zu groß, als dass wir versagen dürften", sagte Ban.

USA weisen Friedensvertrag-Vorstoß Nordkoreas zurück

Die USA haben den jüngsten Vorstoß Nordkoreas zur Unterzeichnung eines Friedensvertrages zurückgewiesen. Die Führung in Pjöngjang solle zuerst wieder Verhandlungen über sein Atomprogramm aufnehmen, sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Robert Gibbs, am Montag in Washington. Erst wenn das kommunistische Land seine Atomwaffenambitionen aufgebe, könne über ein Friedensabkommen gesprochen werden. Nordkorea hatte zuvor genau das Gegenteil vorgeschlagen: Zuerst soll es nach dem Willen Pjöngjangs einen Friedensvertrag geben, dann soll über das Atomprogramm gesprochen werden. Derzeit versuchen die USA, Pjöngjang zur Wiederaufnahme der Sechser-Gespräche zu bewegen, aus denen das Land im April vergangenen Jahres ausgestiegen war.

Großbritannien verbietet Islamistengruppe

Im Kampf gegen den Terrorismus verbietetGroßbritannien eine umstrittene extremistische Islamistengruppe. Eine Mitgliedschaft in der Gruppierung "Islam for UK", die zuletzt mit einem geplanten Protestmarsch an einem symbolträchtigen Ort für Aufregung gesorgt hatte, ist künftig strafbar und kann mit einer Gefängnisstrafe von bis zu zehn Jahren bestraft werden. "Ein Verbot ist eine harte aber notwendige Maßnahme zur Terrorbekämpfung, die nicht leichtfertig ergriffen wird", sagte Innenminister Alan Johnson am Dienstag in London.

Die radikale Gruppe hatte ihren umstrittenen Protestmarsch in dem Ort Wootton Bassett nach heftiger Kritik abgesagt. Über den Luftwaffenstützpunkt des Ortes kommen die Särge mit den Leichen der britischen Soldaten an, die in Afghanistan getötet wurden. Anschließend folgt stets eine Zeremonie in Wootton Bassett. Die Extremisten hatten dort einen Marsch zum Gedenken an die Muslime geplant, die "im Namen von Demokratie und Freiheit umgebracht wurden".

19 Rebellen sterben bei Militäreinsatz im Jemen

Bei einem Militäreinsatz im Norden des Jemen sind nach offiziellen Angaben 19 Rebellen getötet worden. Mit der Aktion sollten die Rebellen aus der Provinz Saada vertrieben werden, teilten die Sicherheitskräfte des Landes am Dienstag mit. 25 Aufständische seien festgenommen worden. Die Einsatzkräfte durchkämmten in der Altstadt jedes Haus. Ob Zivilisten unter den Opfern sind, wurde nicht mitgeteilt.

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