Politik kompakt:Saft für alle

Das nächtliche Alkohol-Verkaufsverbot in Baden-Württemberg ist rechtens: Um Jugendlichen das Komasaufen zu erschweren, müssen auch Erwachsene zurückstecken, entschied das Bundesverfassungsgericht.

Kurzmeldungen im Überblick.

Baden-Württembergs nächtliches Alkohol-Verkaufsverbot ist verfassungsgemäß. Eine dagegen gerichtete Beschwerde verwarf das Bundesverfassungsgericht in einem am Freitag veröffentlichten Beschluss.

Politik kompakt: Ein Jugendlicher vor einem Spirituosenregal: Um Jugendliche am Komasaufen zu hindern, darf Alkohol in Baden-Württemberg nur bis 22 Uhr verkauft werden.

Ein Jugendlicher vor einem Spirituosenregal: Um Jugendliche am Komasaufen zu hindern, darf Alkohol in Baden-Württemberg nur bis 22 Uhr verkauft werden.

(Foto: ag.ap)

Seit Anfang März dürfen Tankstellen, Kioske und Supermärkte im Südwesten - bundesweit einzigartig - zwischen 22 Uhr und fünf Uhr früh keinen Alkohol mehr verkaufen. Mit der Regelung sollen Saufgelage von Jugendlichen, das sogenannte Koma-Saufen, verhindert werden. Das Verbot tangiere zwar die Handlungsfreiheit des Beschwerdeführers, so die 2. Kammer des Ersten Senats.

Dies sei aber für das Gemeinwohl hinzunehmen, weil das Land mit dem Gesetz zunehmende Straftaten mit Alkohol im Spiel eindämmen und Gesundheitsgefahren vorbeugen wolle. Zahlreiche internationale Studien belegten, dass die "jederzeitige Verfügbarkeit den exzessiven Konsum" fördert.

Zeitliche Verkaufs- oder Konsumverbote durch einzelne Polizeibehörden wären nicht so wirksam, so die Verfassungsrichter. Der Beschwerdeführer sei auch nicht unzumutbar beeinträchtigt - schließlich könne er nachts zuvor gekaufte Getränke konsumieren oder in eine Gaststätte gehen. Das Landesgesetz hat ohnehin Lücken: Wenn Tankstellen in ihrem Laden ein Bistro betreiben und eine sogenannte Gaststättenerlaubnis besitzen, können sie rund um die Uhr Alkohol verkaufen.

Die Pächter würden künftig wohl Mitarbeiter entlassen, um Kosten für den Nachtverkauf zu sparen, schrieb Baden-Württembergs Wirtschaftsminister Ernst Pfister (FDP). Einige Tankstellen hätten ihre Öffnungszeiten inzwischen eingeschränkt; statt bis Mitternacht ließen sie ihren Shop nur noch bis 22 Uhr auf. Weitere Beschwerden liegen beim Bundesverfassungsgericht nicht vor - auch nicht von Pächtern.

Erzbischof Zollitsch räumt persönliche Fehler im Missbrauchsskandal ein, Frankreichs Staatschef Sarkozy will sich zur angeblichen Spendenaffäre erklären und Ex-Geisel Betancourt will Schadensersatz in Millionenhöhe. Lesen Sie auf den nächsten Seiten weitere Kurzmeldungen.

Zollitsch räumt Fehler im Missbrauchsskandal ein

Der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch hat persönliche Fehler im Missbrauchskandal der Kirche eingeräumt und die Opfer um Verzeihung gebeten. Der Vorsitzende der katholischen deutschen Bischofskonferenz räumte am Freitag ein, dass das Erzbistum früher als bisher bekannt von Missbrauchsfällen im badischen Oberharmersbach erfahren habe. Als damaliger Personalreferent hätte er den Hinweisen schon 1992 mit größerem Nachdruck nachgehen sollen. Er hätte auch intensiver nach weiteren Opfern und das Gespräch mit Zeugen suchen sollen. "Dafür bitte ich Sie auch auf diesem Weg nochmals von ganzem Herzen um Verzeihung", teilte Zollitsch nach einem Gespräch mit den Opfern des früheren Gemeindepfarrers von Oberharmersbach mit. Der Pfarrer soll über Jahre hinweg Ministranten und andere Jungen sexuell missbraucht haben. 1991 wurde er in den Ruhestand versetzt, die Staatsanwaltschaft wurde nicht eingeschaltet. 1995 nahm er sich das Leben.

(dpa)

Französische Spendenaffäre: Sarkozy will reden

Die mutmaßliche Parteispendenaffäre um den französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy gewinnt weiter an Brisanz. Ermittler durchsuchten am Freitag Geschäftsräume der Multimilliardärin Liliane Bettencourt. Dazu tauchte eine neue Belastungszeugin auf. Am Montagabend will der Präsident im Fernsehen erstmals ausführlich Stellung nehmen.

Zu möglichen Ergebnissen der Durchsuchungsaktion gab es am Freitag zunächst keine Angaben. Auch in Privaträumen eines Vermögensverwalters suchten Fahnder nach Beweisen für mögliche Geldschiebereien. Mittlerweile laufen mehrere Vorermittlungen gleichzeitig.

Die französische Staatsspitze wird seit Tagen von der Schwarzgeldaffäre um die 87-jährige L'Oréal-Erbin Bettencourt erschüttert. Sie und ihr verstorbener Mann stehen unter Verdacht, Spitzenpolitiker des konservativ-rechten Regierungsbündnisses jahrelang mit illegalen Spenden versorgt zu haben. Bislang stützten sich die Vorwürfe vor allem auf entsprechende Aussagen der ehemaligen Buchhalterin Bettencourts, die bislang keine Beweise vorlegen konnte. Am Freitag wurde allerdings bekannt, dass es eine weitere Zeugin für die Anschuldigungen gibt. Eine andere ehemalige Angestellte der Bettencourts bestätige Geldgeschenke an Politiker, berichtete das Magazin Nouvel Observateur im Internet. Sarkozy und die Regierung weisen alle Beschuldigungen als falsch und haltlos zurück.

(dpa)

Ex-Geisel Betancourt will Schadensersatz

Zwei Jahre nach ihrer Befreiung aus der Geiselhaft hat die kolumbianische Politikerin Ingrid Betancourt das lateinamerikanische Land auf 6,8 Millionen Dollar Schadenersatz verklagt. Die 48-Jährige wolle damit psychische Schäden und Verdienstausfall entschädigt haben, teilte das Verteidigungsministerium am Freitag in Bogota mit.

Das Ministerium nannte die Klage unbegründet und zeigte sich empört, da der Staat alles zur Befreiung der Politikerin unternommen habe. Soldaten hätten ihr Leben für Betancourt riskiert. Die damalige Präsidentschaftskandidatin der kolumbianischen Grünen war 2002 im Wahlkampf von der linksradikalen Rebellenorganisation Farc entführt worden. Erst 2008 gelang es den Streitkräften, die Extremisten mit einem Täuschungsmanöver zu überrumpeln und Betancourt zu befreien.

(Reuters)

Fariñas beendet Hungerstreik

In Kuba stehen die Zeichen auf Entspannung: Nach der Ankündigung der kubanischen Regierung, 52 politische Gefangene freizulassen, brach auch einer der prominentesten Dissidenten, Guillermo Fariñas, seinen Hungerstreik ab - nach mehr als 130 Tagen.

Der 48-Jährige wolle ab sofort wieder Nahrung zu sich nehmen, teilte die Oppositionelle Gisela Delgado nach einem Besuch bei Fariñas auf einer Intensivstation im zentralkubanischen Santa Clara mitteilte.

Etwa 30 Regierungskritiker waren dorthin gereist, um den in Lebensgefahr schwebenden Dissidenten zu überzeugen, seinen seit 135 Tagen dauernden Hungerstreik für die Freilassung von 26 kranken politischen Gefangenen zu beenden. Die Delegation bestand vor allem aus Mitgliedern der Gruppe "Damen in Weiß", zu der sich die Ehefrauen, Mütter und Schwestern politischer Häftlinge zusammengeschlossen haben.

Die Zusicherung für die Freilassung der Dissidenten kam auf Vermittlung der Kirche und Spaniens zustande. Havannas Erzdiözese hatte am Mittwoch mitgeteilt, die ersten fünf Inhaftierten würden schon "in den nächsten Stunden" freigelassen, die anderen 47 Gefangenen in den nächsten drei bis vier Monaten. Damit wären allen Mitglieder der "Gruppe der 75" frei, die 2003 zu Haftstrafen von bis zu 28 Jahren verurteilt wurden.

(AFP/Reuters)

Neuer verheerender Terroranschlag in Pakistan: Bei einem Attentat im Grenzgebiet zu Afghanistan sind am Freitag mindestens 65 Menschen ums Leben gekommen. Mehr als 100 weitere wurden zum Teil schwer verletzt, als Terroristen vor dem Amtssitz der Regionalverwaltung im Stammesgebiet Mohmand im Nordwesten des Landes eine Autobombe zündeten. Das bestätigte Behördenchef Rasool Khan der Nachrichtenagentur dpa. Die beiden Männer hätten versucht, mit einem Motorrad zu fliehen. Durch die heftige Detonation seien aber auch sie getötet worden.

Zunächst hatte Khan von einem Selbstmordanschlag gesprochen. Ziel des Attentats in der Gemeinde Yaka Ghund war nach offiziellen Angaben ein wöchentlich stattfindendes Treffen von Verwaltungsbeamten und Kämpfern einer regierungstreuen Stammesmiliz. Keiner der Teilnehmer sei jedoch zu Schaden gekommen, erklärte Behördensprecher Amjad Ali. Bei den meisten Opfern handele es sich um Stammesangehörige, die vor dem Gebäude auf die Ausgabe von Kennkarten gewartet hätten.

(dpa)

Linke garantiert Abwahl Rüttgers

Die Linke hat SPD und Grünen ihre Unterstützung bei der Abwahl von NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) in der kommenden Woche zugesagt. SPD und Grüne könnten darauf vertrauen, "dass wir die Abwahl von Rüttgers nicht blockieren", sagte Parteichef Klaus Ernst der Leipziger Volkszeitung. Ernst bezeichnete das angekündigte Votum gegen Rüttgers und eine Wahl von SPD-Kandidatin Hannelore Kraft als Chefin einer Minderheitsregierung in Nordrhein-Westfalen als "vertrauensbildendes Signal". Auf diese Zusage sei Verlass, versicherte Ernst. Am kommenden Mittwoch streben SPD und Grüne im Düsseldorfer Landtag den Regierungswechsel an, obwohl beiden Fraktionen zusammen mit 90 Mandaten ein Sitz zur absoluten Mehrheit fehlt. Die Linke ist mit elf Mandaten im Landtag vertreten. Die Linke werde den von SPD und Grünen in NRW ausgehandelten Koalitionsvertrag "genau prüfen", fügte Ernst hinzu. Dabei gelte: "Gute Projekte wird unsere Fraktion sicher nicht blockieren. Aber Sozialabbau und Privatisierungen gibt es mit unseren Stimmen nicht."

(AFP)

Quälend schwieirige Regierungsbildung in Belgien

Knapp einen Monat nach der Parlamentswahl in Belgien zeichnet sich immer noch nicht ab, wer die künftige Regierung stellt. Der flämische Separatist und Parlamentswahlsieger Bart de Wever schaffte es nach eigenen Angaben nicht, eine mögliche Koalition auszuloten. König Albert hatte ihn angesichts der schwierigen Ausgangslage in Folge der Abstimmung damit beauftragt. Er hätte gerne größere Übereinstimmungen zwischen den einzelnen Parteien gefunden, sagte De Wever am Donnerstag. "Aber man kann keine Wunder innerhalb von ein paar Wochen erwarten." Der Palast erklärte, er habe De Wevers Abschlussbericht erhalten, ließ aber offen, wie weiter vorgegangen wird. Eine Möglichkeit wäre, dass der König erneut einen vorübergehenden Berater - oder "Informateur" - ernennt, der ihm bei der Entscheidung helfen soll, wen er letztendlich mit der Bildung einer Regierung beauftragt.

(Reuters)

Der UN-Sicherheitsrat hat die Versenkung eines südkoreanischen Kriegsschiffs verurteilt. Als Konzession an China wurde Nordkorea in der Entschließung nicht ausdrücklich als Verursacher genannt. In der am Freitag einstimmig verabschiedeten Resolution äußerten die 15 Ratsmitglieder ihre "tiefe Besorgnis" über einen südkoreanischen Untersuchungsbericht, dem zufolge Nordkorea die Korvette Cheonan versenkt hat. Zugleich wurde darauf verwiesen, dass die kommunistische Führung in Pjöngjang die Vorwürfe bestreitet. Südkorea hatte den Zwischenfall vom 26. März vor die Vereinten Nationen gebracht. Südkoreanischen Erkenntnissen zufolge wurde das Schiff durch einen nordkoreanischen Torpedo versenkt. Dabei waren 46 Seeleute getötet worden.

(Reuters)

EU plant einheitliches Asylrecht

Die Brüsseler EU-Kommission plant nach einem Bericht der Bild-Zeitung ein einheitliches Asylrecht für Europa, das die seit der Grundgesetzänderung von 1993 in Deutschland geltenden Verschärfungen erheblich lockern würde. Nach den Informationen des Blattes sehen die Pläne der EU-Kommission eine Aufhebung der sogenannten Flughafenregelung vor. Scheinasylanten dürften dann nicht mehr in Transitzonen festgehalten und unverzüglich abgeschoben werden. Wie das Blatt weiter berichtet, will Brüssel auch die Dauer von Asylverfahren vereinheitlichen. Die EU-Kommission strebt verbindliche Fristen von sechs Monaten mit sechs Monaten Verlängerung in allen Mitgliedsstaaten an. Geplant ist dem Bericht zufolge ein Bleiberecht für Geschwister und nicht nur wie bisher in Deutschland für Ehegatten und Kinder.

(dpa)

Hamburg: Umfrage sieht Schulreform-Gegner vorn

Die schwarz-grüne Koalition in Hamburg muss bei dem Volksentscheid über die Einführung einer sechsjährigen Primarschule eine Niederlage fürchten. Nach einer repräsentativen Umfrage im Auftrag von Bild, Welt und Sat.1 liegen die Reformgegner mit 41 Prozent knapp vor dem parteiübergreifenden Befürworter-Bündnis, das auf 38 Prozent kommt. Rund 1,2 Millionen Wahlberechtigte sind am 18. Juli zur Wahl aufgerufen. Seit Monaten verfolgen Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU) Spekulationen, er werde nach dem Volksentscheid zurücktreten. Die Abgeordneten aller Fraktionen sprechen sich für die Schulreform aus, die ein längeres gemeinsames Lernen vorsieht und ein zentrales Reformanliegen von CDU und Grünen - in Hamburg GAL genannt - ist. Die Reformgegner hatten unter der Führung des Rechtsanwalts Walter Scheuerl mit der Initiative "Wir wollen lernen" durch ein erfolgreiches Volksbegehren den Volksentscheid erzwungen, dessen Ergebnis für den Hamburger Senat politisch bindend ist.

(dpa)

Terrorverdächtige beim Bombenbasteln ausgetrickst

Norwegens Polizei hat die am Donnerstag festgenommenen drei Terrorverdächtigen nach Medienangaben bei der Beschaffung von Sprengstoff ausgetrickst. Wie die Osloer Zeitung VG berichtete, versuchten die in Norwegen und Deutschland festgenommenen Männer, Chemikalien für Bomben mit Wasserstoffperoxid als Grundstoff in Apotheken zu bestellen. Die Fahnder ließen ihnen eine völlig ungefährliche Flüssigkeit mit gleichem Aussehen ausliefern und setzten ihre Überwachung fort. Die drei haben nach Überzeugung des Polizeigeheimdienstes PST für das radikalislamistische Terrornetzwerk al-Qaida einen Bombenanschlag in Norwegen oder im Ausland vorbereitet. Mehrere Medien gaben an, dass ein als Anführer der Gruppe geltender Uigure in Ausbildungslagern von al-Qaida im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet gewesen sein soll. Ein in Oslo lebender Iraker wurde während eines Deutschland- Besuches in Duisburg festgenommen. Norwegen will seine Auslieferung betreiben. Der dritte Festgenommene ist Usbeke und bestritt bei ersten Verhören alle Terrorvorwürfe.

(dpa)

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