Politik kompakt:Erdogan beschwert sich über "kalte Schulter" Europas

Gerade hat er noch gegen die deutsche Integrationspolitik gepoltert - jetzt legt der türkische Ministerpräsident Erdogan nach und schimpft über die stockenden Beitrittsverhandlungen mit der EU: Die Türkei werde "ungerecht behandelt" - insbesondere von Kanzlerin Merkel.

im Überblick

Im Streit über den EU-Beitritt seines Landes hat der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan nachgelegt: "Die Türkei wird ungerecht behandelt", sagte Erdogan der Bild-Zeitung. Insbesondere von Deutschland erhofft er sich mehr Unterstützung. "Wir haben sehr lange darauf gewartet, dass die Kanzlerin ihre Haltung zum türkischen Beitritt verändert", sagte er. "Aber nichts ist passiert."

Ministerpräsident Erdogan

Der türkische Ministerpräsident Erdogan fordert von Deutschland mehr Unterstützung für den EU-Beitritt seines Landes.

(Foto: Getty Images)

Der türkische Regierungschef sagte dem Blatt, sein Land erfülle die Bedingungen für einen Beitritt "schon jetzt besser als manches Land, das heute Mitglied der EU ist". Die Verhandlungen seien "von einigen starken EU-Mitgliedern auf Eis gelegt worden", sagte Erdogan. Wenn Europa der Türkei weiter die kalte Schulter zeige, müsse man sich natürlich grundsätzliche Gedanken machen.

Erdogan kritisierte in diesem Zusammenhang direkt Angela Merkel und Nicolas Sarkozy: "Seitdem Kanzlerin Merkel und der französische Staatspräsident Sarkozy regieren, werden wir nicht einmal mehr zu den EU-Gipfeln eingeladen." Bei seinem Besuch in Berlin hatte Erdogan bereits am Mittwoch mehr deutsche Unterstützung bei den Bemühungen seines Landes um eine EU-Mitgliedschaft gefordert. Sechs Jahre nach Aufnahme sind die Beitrittsverhandlungen der Türkei zur EU ins Stocken geraten.

(dapd)

US-Präsident Obama ist wieder der "mächtigste Mensch der Welt", Finanzminister Schäuble wirbt für die Korrektur der kalten Progression und die Beiträge zur Pflegeversicherung sollen steigen. Lesen Sie auf den folgenden Seiten weitere Meldungen.

Obama erneut mächtigster Mensch der Welt

US-Präsident Barack Obama ist wieder der "mächtigste Mensch der Welt". Nach der von dem US-Wirtschaftsmagazin Forbes veröffentlichten diesjährigen Liste der mächtigsten Persönlichkeiten verdrängte Obama den chinesischen Staatschef Hu Jintao, welcher ihn im Vorjahr von Platz eins gestoßen hatte. Hu rutschte auf Platz drei der Liste. Als zweitmächtigsten Menschen der Welt platzierte Forbes den russischen Ministerpräsidenten Wladimir Putin, der beste Aussichten hat, im kommenden Jahr erneut zum Staatschef gewählt zu werden.

Auf den höchsten Platz unter den Frauen schaffte es Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die als viertmächtigste Persönlichkeit eingestuft wurde. An fünfter Stelle landete Microsoft-Gründer Bill Gates, der sein Milliarden-Vermögen für Gesundheitsprojekte einsetzt, gefolgt vom saudiarabischen König Abdallah.

Der nach Vergewaltigungsvorwürfen vom Chefposten des Internationalen Währungsfonds (IWF) zurückgetretene Franzose Dominique Strauss-Kahn taucht auf der Forbes-Liste gar nicht mehr auf. Seine Nachfolgerin, die Französin Christine Lagarde, landete lediglich auf Platz 39. Als Jüngster unter den Mächtigsten der Welt wurde Facebook-Chef Mark Zuckerberg aufgeführt: Der 27-Jährige kam an neunter Stelle auf die Liste.

(AFP)

Schäuble wirbt für Korrektur der kalten Progression

Im Steuerstreit in der schwarz-gelben Koalition will Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) die Bundesländer von der Korrektur der kalten Progression überzeugen. Es werde eine Auseinandersetzung mit den Bundesländern geben, die diese Korrektur der Steuergesetze nicht mittragen wollten, sagte Schäuble dem Hamburger Abendblatt. "Aber einer Diskussion, in der die Bundesländer argumentieren, dass sie den Bürgern Steuern abnehmen wollen, die gesetzlich weder er- noch gewünscht sind, sehe ich mit Gelassenheit entgegen. Das kann doch kein Bürger verstehen."

Der Finanzminister warb in dem Interview erneut für seinen mit Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) erarbeiteten und mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) abgestimmten Vorschlag. Es gehe hier nicht um Steuerentlastungen, sondern um "vom Gesetzgeber nicht gewollte Steuererhöhungen".

Einer von CSU und FDP ins Gespräch gebrachten Absenkung des Solidaritätszuschlags erteilte Schäuble erneut eine Absage. "Wer kleinere und mittlere Einkommen entlasten will, muss schon sehr viel Fantasie entwickeln, wie dies mit der Absenkung des Soli gelingen soll." Am Sonntag wollen die Spitzen der Koalition im Kanzleramt über verschiedene Modelle für Steuerentlastungen verhandeln. An den Beratungen sollen auch die CDU-Ministerpräsidenten und ihre FDP-Stellvertreter teilnehmen.

(AFP)

Beiträge zur Pflegeversicherung sollen steigen

Die CDU hat die Versicherten auf höhere Pflegebeiträge im Zuge der geplanten Reform eingestimmt. Bei der seit Monaten auf Eis liegenden Pflegereform solle beim Spitzentreffen der Koalition am Sonntag ein entscheidender Schritt nach vorn gemacht werden, sagte CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe der Leipziger Volkszeitung.

Nötig seien Verbesserungen für demenzkranke ältere Menschen und für Angehörige. Klar sei, "dass eine solche dringend notwendige Leistungsverbesserung nicht ohne Beitragserhöhungen zu schaffen ist, zumal die Beiträge in anderen Bereichen sinken werden", sagte Gröhe. Kein Modell führe an der Erkenntnis vorbei, dass die Sicherung eines würdevollen Lebens für Hochbetagte teurer werde, je mehr Menschen ein hohes Alter erreichen.

Wegen unterschiedlicher Ansichten zur angepeilten Kapitalreserve für künftigen Pflegebedarf hat die Koalition die Vorlage von Eckpunkten zur Reform immer wieder verschoben.

(dpa)

Israel stoppt Zahlungen an Unesco

Nach der Aufnahme der Palästinenser in die Unesco hat nun auch Israel seine Zahlungen an die UN-Kulturorganisation gestoppt. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu habe angeordnet, stattdessen Initiativen in der Region zu unterstützen, welche die gleichen kulturellen und wissenschaftlichen Ziele verfolgten, hieß es am Donnerstag aus Netanjahus Büro. Israels jährlicher Beitrag zum Budget der Unesco beträgt zwei Millionen Dollar. Zuvor hatten bereits die USA ihre Zahlungen vorerst gestoppt. Sie trugen zuletzt etwa 22 Prozent des Budgets.

Die Unesco-Generalversammlung hatte am Montag mit 107 zu 14 Stimmen bei 52 Enthaltungen für die Anerkennung der Palästinenser als neues Vollmitglied der Organisation gestimmt. Die Entscheidung fördere nicht den Frieden, sondern bewirke das Gegenteil, hieß es am Donnerstag aus dem Büro Netanjahus. Der einzige Weg zum Frieden führe über "direkte Verhandlungen ohne Vorbedingungen". Als Reaktion auf die Entscheidung hatte Israel zudem Sanktionen gegen die palästinensische Autonomiebehörde verhängt und die Beschleunigung des umstrittenen Siedlungsbaus in Ost-Jerusalem und dem Westjordanland verkündet.

(AFP)

Website von französischer Satirezeitung bleibt nach Todesdrohungen offline

Die Website der französischen Satirezeitung Charlie Hebdo ist nach Todesdrohungen am Donnerstag nicht zugänglich gewesen. Der belgische Betreiber Host Bluevision wolle die Website wegen der Drohungen nicht mehr Online stellen, sagte Redakteurin Valerie Manteau. Im sozialen Netzwerk Facebook hatten Tausende wütend auf die Ausgabe vom Mittwoch reagiert, in der Charlie Hebdo als Reaktion auf den Wahlsieg der Islamisten in Tunesien den Islamismus aufs Korn nahm.

In der Nacht zum Mittwoch war die Zeitung Ziel eines Brandanschlags geworden, der ihre Redaktionsräume in Paris zerstörte. Die Blattmacher sahen einen direkten Zusammenhang mit ihrer jüngsten Ausgabe. In dieser hatte sich die Zeitung in "Scharia Hebdo" umbenannt und den Propheten Mohammed symbolisch zu ihrem Chefredakteur ernannt. Auf der Titelseite war eine Mohammed-Karikatur zu sehen mit der Äußerung: "Hundert Peitschenhiebe, wenn Sie sich nicht totlachen". Bereits 2006 hatte die Zeitung mit der Veröffentlichung der umstrittenen Mohammed-Karikaturen für Aufregung gesorgt.

(AFP)

Justizminister muss Namen stasibelasteter Richter nicht nennen

Brandenburgs Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke) muss die Identität von stasibelasteten Richtern und Staatsanwälten nicht preisgeben. Das entschied das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, wie ein Sprecher am Donnerstag sagte.

Die Richter bestätigten in zweiter Instanz die Ablehnung eines Eilantrages eines Journalisten. Dieser hatte vom Justizministerium Auskünfte zur Identität und belastenden Erkenntnissen über 13 Richter und einen Staatsanwalt verlangt, die in der DDR für die Stasi tätig waren. Nach Ansicht des Oberverwaltungsgerichts kann jedoch eine namentliche Benennung wegen des vorrangigen Persönlichkeitsrechts der Betroffenen nicht verlangt werden.

(dapd)

Verfassungsgericht billigt Äußerungen von NPD-Abgeordneten

Der Sächsische Verfassungsgerichtshof hat Äußerungen der NPD-Abgeordneten Holger Apfel und Jürgen Gansel bei einer Landtagsdebatte im Dezember 2010 im Nachhinein teilweise gebilligt. Die in dem Zusammenhang geäußerten Ordnungsrufe des Landtagspräsidenten seien zu Unrecht ergangen, entschied der Gerichtshof in Leipzig. Die beiden rechtsextremen Abgeordneten hatten bei einer Debatte unter anderem die Worte "Asylschmarotzer" und "Volksverräter" gebraucht und waren dafür mit Ordnungsrufen getadelt worden.

Die Äußerungen seien als pointiert formulierte, politische Stellungnahmen zu deuten, hieß es in dem Urteil (Aktenzeichen: Vf. 30-I-11, Vf. 31-I-11). Die Ordnungsinstrumente der Geschäftsordnung des Parlamentes dürften nicht dazu führen, dass bestimmte inhaltliche Positionen aus der Debatte ausgeschlossen werden. "Das Urteil stärkt das politische Rederecht der Abgeordneten", sagte die Sprecherin des Gerichtshofes, Silke Kühlborn. In einem weiteren Fall entschieden die Richter gegen Apfel. Er hatte während der Debatte die Neutralität des Landtagspräsidenten anzweifelt. Das sei geeignet, die Autorität des Präsidenten zu beeinträchtigen, hieß es.

(dpa)

Piraten heben Hausverbot gegen Tauss auf

Die Piratenpartei hat das gegen den Ex-SPD-Abgeordneten Jörg Tauss verhängte Hausverbot in ihrer Bundesgeschäftsstelle wieder aufgehoben. Einen entsprechenden Beschluss des Bundesvorstands bestätigte Parteisprecher Christopher Lang am Donnerstag. Im Gegenzug will Tauss demnach darauf verzichten, bis 2014 einen Aufnahmeantrag als Parteimitglied zu stellen.

Tauss war 2009 von der SPD zur Piratenpartei gewechselt. Nach seiner Verurteilung wegen Besitzes von Kinderpornografie im Mai 2010 hatte er die Partei wieder verlassen, sich jedoch weiter in Landtagswahlkämpfen engagiert. Im September hatte die Bundesgeschäftsstelle in Berlin ihm Hausverbot erteilt, weil offenbar eine negative Medienwirkung im dortigen Landtagswahlkampf befürchtet wurde. Tauss hatte daraufhin Anfang Oktober überraschend einen Antrag auf Mitgliedschaft gestellt, der vorige Woche von der Partei jedoch abgelehnt wurde.

(dapd)

Eon will gegen Atomausstieg klagen

Der größte deutsche Energiekonzern Eon will einem Zeitungsbericht zufolge noch in diesem Jahr gegen den Atomausstieg klagen. Die Klageschrift an das Bundesverfassungsgericht sei beinahe fertiggestellt, berichtete die Financial Times Deutschland unter Berufung auf Branchenkreise. Eon werfe der Bundesregierung vor, mit dem Ausstiegsbeschluss in sein vom Grundgesetz geschütztes Eigentumsrecht eingegriffen und Vermögen vernichtet zu haben.

"Wir werden unseren Vermögensschaden beziffern und geltend machen", sagte ein Eon-Sprecher. Zu einer etwaigen Klage wollte er sich nicht äußern. Die Klage wäre nicht die einzige, die auf die Bundesregierung zukommt. Auch RWE, EnBW und Vattenfall prüfen derzeit, ob und wann sie juristisch gegen die Abschaltung ihrer Kernkraftwerke vorgehen.

(Reuters/dapd)

Käßmann fordert Stopp von Rüstungsexporten

Die Kampagne "Aktion Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel" hat die Bundesregierung aufgefordert, die geplante Ausfuhr von Leopard-2-Panzern nach Saudi-Arabien zu stoppen. "Mir ist unbegreiflich, dass Deutschland Waffen in Staaten liefert, in denen die Menschenrechtslage schlecht ist", sagte die Schirmherrin der Kampagne, die Theologin Margot Käßmann, am Donnerstag in Berlin. Die Panzer-Ausfuhr wäre ein "fatales Signal gegenüber den Friedensbewegungen in der arabischen Welt", fügte die frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hinzu.

Medienberichten zufolge will die Bundesregierung 200 moderne Leopard-Kampfpanzer an Saudi-Arabien liefern und damit die bisherige Politik ändern, keine schweren Waffen in das autoritär geführte Königreich zu exportieren. In der Kampagne "Aktion Aufschrei" sind rund hundert Organisationen aus der Friedensbewegung zusammengeschlossen, außerdem zahlreiche kirchliche Gruppen. Die Kampagne verlangt, dass die Bundesregierung mehr Transparenz bei Rüstungsexporten schafft.

(AFP)

Zahlreiche Tote bei Terroranschlägen im Irak

Bei zwei Terroranschlägen im Irak sind 17 Menschen ums Leben gekommen. In der südlichen Hafenstadt Basra detonierten nach Angaben der Sicherheitskräfte am Mittwochabend vor einer Teestube drei Bomben, die an Motorrädern befestigt waren. Elf Zivilisten starben. 67 Menschen wurden verletzt. Über den Hintergrund der Bluttat wurde nichts bekannt.

Sechs Menschen starben am Donnerstag bei zwei weiteren Bombenanschlägen vor einem Militärstützpunkt in der Provinzhauptstadt Bakuba. Die Opfer waren Angehörige der Sahwa-Miliz, die gemeinsam mit den US-Truppen das Terrornetzwerk Al-Qaida bekämpft. Sie standen nach Angaben des Innenministeriums in einer Schlange, um ihre Gehälter abholen, als ein Selbstmordattentäter sich in unmittelbarer Nähe in die Luft sprengte. Kurze Zeit später detonierte zehn Meter entfernt eine Autobombe, 19 Menschen wurden verletzt.

(dpa/dapd)

Zwei Selbstmordattentate in Afghanistan

Bei zwei Selbstmordattentaten und einer anschließenden Schießerei sind in Afghanistan am Donnerstag mehrere Menschen getötet worden. Nach Angaben der örtlichen Polizei kamen bei dem Überfall auf eine internationale Logistikfirma nahe dem Flughafen der Stadt Herat zwei afghanische Wachmänner ums Leben. Laut Polizei sprengten sich zwei Selbstmordattentäter vor den Toren der Firma in die Luft. Drei Komplizen seien danach in das Gebäude gestürmt und bei Gefechten von Sicherheitskräften getötet worden.

Die Operation sei von Bodentruppen und aus der Luft unterstützt worden, bestätigte ein Sprecher der in Afghanistan stationierten NATO-Truppe ISAF. Die Firma, auf die der Angriff verübt wurde, arbeitet mit der NATO zusammen. Sie liegt nur einige hundert Meter vom ISAF-Hauptquartier in Westafghanistan entfernt.

(AFP)

Syrien weist Berichte der Atomenergiebehörde zurück

Der syrische UN-Botschafter hat Aussagen der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA zurückgewiesen, dass bei einem israelischen Luftangriff 2007 vermutlich eine im Bau befindliche Atomanlage zerstört worden sei. Baschar Jaafari erklärte am Mittwoch vor der UN-Generalversammlung in New York, dass die meisten Erkenntnisse der IAEA unter dem derzeitigen Generaldirektor Yukiya Amano auf Hirngespinsten und Analysen des US-Geheimdienstes beruhten.

Syrien stelle daher die Glaubwürdigkeit der Informationen und des unterstützenden Beweismaterials infrage, sagte Jaafari. Die USA verfolgten eine für die Interessen seines Landes nachteilige politische Agenda.

(dapd)

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