Politik kompakt:China rollt den Teppich für al-Baschir aus

Großer Empfang für mutmaßlichen Kriegsverbrecher: Der Internationale Strafgerichtshof hat einen Haftbefehl gegen Omar al-Baschir erlassen - doch der chinesische Staatschef Hu Jintao heißt den Präsidenten des Sudan mit allen Ehren willkommen.

im Überblick

Der chinesische Staatschef Hu Jintao hat sich mit seinem sudanesischen Kollegen Omar al-Baschir in Peking getroffen. Baschir war am Vortag mit über 24-stündiger Verspätung zu seinem offiziellen Besuch in Peking eingetroffen, nachdem er - aus Sorge festgenommen zu werden - nur über Umwege nach China gelangt war.

Omar al-Baschir

Omar al-Baschir: Vom Internationalen Strafgerichtshof wird er per Haftbefehl gesucht - doch China empfängt ihn mit allen Ehren.

(Foto: dpa)

Nach Angaben der chinesischen Staatsmedien bereitete Hu für seinen Gast einen großen Staatsempfang in der Halle des Volkes. Zuvor war für den sudanesischen Präsidenten der rote Teppich ausgerollt worden. Neben den bilateralen Beziehungen ihrer Länder wollten Hu und Baschir auch die bevorstehende Abspaltung des Südsudans vom Rest des Landes erörtern. Baschir wird vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag wegen des Verdachts auf Kriegsverbrechen in der westsudanesischen Konfliktregion Darfur per Haftbefehl gesucht. China hat das Rom-Statut zum IStGH nicht unterzeichnet.

Die Bundesregierung missbilligte nach Worten von Außenminister Guido Westerwelle (FDP) den Empfang des sudanesischen Ministerpräsidenten.

(dapd/dpa)

Bei Gefechten im Jemen sterben Dutzende Menschen, die Mehrheit der Deutschen lehnt die von der FDP geplanten Steuersenkungen ab und die Bundesregierung riskiert beim Atomausstieg einen Konflikt mit dem Bundesrat. Lesen Sie auf den folgenden Seiten weitere Meldungen.

Dutzende Tote bei Kämpfen im Jemen

Bei Gefechten zwischen mutmaßlichen Al-Qaida-Terroristen und Regierungstruppen sind im Jemen 30 Soldaten getötet worden. Das meldete der Nachrichtensender al-Arabija am Mittwoch. Die Schlacht in der Nähe der südlichen Stadt Sindschibar dauerte nach Angaben jemenitischer Medien mehrere Stunden. Nach Informationen der Nachrichtenwebsite News Yemen wurden dort auch vier Zivilisten durch einen Luftangriff getötet. Zur Zahl der getöteten Terroristen lagen keine gesicherten Angaben vor.

Der Jemen, wo die Opposition und junge Demokratie-Aktivisten seit Februar versuchen, das Regime von Präsident Ali Abdullah Salih zu stürzen, gehört zu den Hochburgen des Terrornetzwerkes al-Qaida. In der Stadt Sindschibar hatten die Terroristen vor einigen Wochen die Kontrolle übernommen. Die Opposition behauptet, das Regime habe den Terroristen absichtlich das Feld überlassen, um sich den USA anschließend erneut als Partner im Kampf gegen den islamistischen Terror anzudienen. Salih war Anfang Juni bei einem Anschlag in der Hauptstadt Sanaa verletzt worden und wird seither in einem Krankenhaus in Saudi-Arabien behandelt.

(dpa/Reuters)

Mehrheit der Deutschen gegen Steuersenkungen

Die Mehrheit der Bürger lehnt die von der FDP geforderte Steuerentlastung einer Umfrage zufolge ab. In einer am Mittwoch veröffentlichten Forsa-Umfrage für das Magazin Stern sprachen sich lediglich 19 Prozent dafür aus. 40 Prozent fänden es demnach besser, wenn der Staat die Einnahmen zum Schuldenabbau nutze. Ebenfalls 40 Prozent plädierten dafür, dieses Geld in Investition etwa in Infrastruktur und Bildung zu stecken. Die schwarz-gelbe Koalition hat die eigentlich vor der Sommerpause angestrebte Entscheidung über Art, Höhe und Zeitpunkt von Steuersenkungen auf Herbst verschoben.

(Reuters)

Energiewende: Merkel riskiert Konflikt mit Ländern

Die Bundesregierung geht einem Pressebericht zufolge bei der geplanten Energiewende auf Konfliktkurs zum Bundesrat und riskiert damit, dass die Länderkammer Teile der Begleitgesetze zum Atomausstieg kippt.

Die Regierung habe die Forderung der Länder strikt abgewiesen, wonach der Bund die Kosten der vorgesehenen Steuererleichterungen für die energetische Gebäudesanierung in Höhe von 1,5 Milliarden Euro voll übernehmen soll. Es gebe "keine Veranlassung", die im Grundgesetz festgelegten Verteilungsregeln zu ändern, heißt es in der der Berliner Zeitung vorliegenden Stellungnahme der Regierung zu dem einstimmig gefassten Beschluss des Bundesrates.

(dapd)

Der Landesgeschäftsführer der Berliner Grünen, André Stephan, ist am Mittwoch überraschend von seinen Aufgaben entbunden worden. Das teilten die Grünen-Landesvorsitzenden Bettina Jarasch und Daniel Wesener mit. Gründe wurden nicht genannt. Die Mitteilung bestand nur aus einem Satz. Landesspitze, Fraktion, Sprecher und Stephan selbst waren für Nachfragen nicht zu erreichen oder gaben keine weitere Auskunft. Laut Bild-Zeitung war der Wahlkampfmanager der Grünen nach einer Trunkenheitsfahrt in der Nacht zum Mittwoch in Berlin-Mitte festgenommen worden.

Die Online-Ausgabe des Tagesspiegel zitierte eine namentlich nicht genannte Grünen-Politikerin mit den Worten: "Das ist wirklich tragisch, was da mit André Stephan passiert ist. Wir als Partei haben da sicherlich eine Mitschuld, denn der Mann hat 23 Stunden am Tag für uns gearbeitet, ohne Pausen, total engagiert."

Die Polizei bestätigte lediglich die Festnahme eines stark alkoholisierten 31-Jährigen, ohne den Namen zu nennen. Der Mann habe angegeben, er komme von einer Feierlichkeit. Laut Polizei wollte der 31-Jährige zunächst flüchten, als ihn Beamte ansprachen. Bei seiner Festnahme habe er um sich getreten, Beamte beleidigt und erheblichen Widerstand geleistet. Ein Polizist wurde leicht verletzt.

Der Landesgeschäftsführer war im November 2010 zum Wahlkampfmanager für die Berliner Abgeordnetenhauswahl im Herbst 2011 berufen worden. Für das Amt der Regierenden Bürgermeisterin kandidiert Grünen-Bundestagsfraktionschefin Renate Künast.

(dpa/dapd)

Ex-Staatssekretär Pfahls muss erneut vor Gericht

Der ehemalige Staatssekretär Ludwig-Holger Pfahls muss sich erneut vor Gericht verantworten. Vom 5. Oktober wird gegen den 68-Jährigen wegen Bankrotts, Steuerhinterziehung, falscher Versicherung an Eidesstatt, Erpressung und Betrugs vor dem Landgericht Augsburg verhandelt. Das Gericht bestätigte einen entsprechenden Bericht der Bild-Zeitung. Insbesondere soll er sein Vermögen gegenüber Gläubigern geheim gehalten haben. Sieben weitere Personen, darunter Pfahls' Ehefrau und Ex-Frau, müssen ebenfalls vor Gericht.

Laut Staatsanwaltschaft schuldete Pfahls der öffentlichen Hand etwa 3,7 Millionen Euro. Mit Hilfe der Mitbeschuldigten habe er sich aber gegenüber seinen Gläubigern als vermögenslos dargestellt und dies sogar eidesstattlich versichert. Außerdem bedrohte Pfahls nach Überzeugung der Ermittler einen privaten Gläubiger so massiv, dass dieser seine Forderung von 5000 Euro fallen ließ. Drei Mitangeklagte sollen Pfahls dabei geholfen haben. Der 68-Jährige, seine Frau und weitere Personen waren kurz vor Weihnachten verhaftet worden.

Pfahls war in den 90er Jahren im Zusammenhang mit einer Schmiergeld-Affäre um den Waffenlobbyisten Karlheinz Schreiber ins Visier der Justiz geraten. Er tauchte jedoch rechtzeitig unter und war jahrelang die meistgesuchte Person auf der Fahndungsliste des Bundeskriminalamtes. 2004 nahmen ihn die Ermittler nach fast fünf Jahren Flucht in Paris fest. 2005 verurteilte ihn das Landgericht Augsburg zu zwei Jahren und drei Monaten Freiheitsentzug.

(dpa)

Grüne drohen wegen Wahlrecht mit Klage

Die Grünen drohen Schwarz-Gelb mit einer Verfassungsklage gegen die Pläne zur Reform des Wahlrechts. "Wenn das alles so bleibt, werden wir klagen", sagte Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck in Berlin. So müsse man die Überhangmandate vollständig ausgleichen, wenn man sie nicht infrage stellen wolle, sagte Beck. Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei in einem Land mehr Wahlkreise gewinnt, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis zustehen.

Insgesamt werde der Koalitionsentwurf den Anforderungen der Verfassungsrichter nicht gerecht, die 2008 eine Wahlrechtsreform bis Ende dieses Monats verlangt hatten. Denn das negative Stimmgewicht werde nicht völlig beseitigt, bemängelte Beck. Er kritisierte, dass die Koalition das Wahlgebiet der Bundesrepublik in 16 Wahlgebiete aufsplittern wolle. Laut CDU/CSU soll es künftig Sitzkontingente für jedes Bundesland geben, die nach der jeweiligen Wahlbeteiligung berechnet werden.

Zudem kritisierte Beck, dass - wie er es nennt - "Überlaufmandate" eingeführt werden sollten. Dies solle nur der kriselnden FDP dienen. Beck kritisierte damit den Koalitionsplan, eine "Reststimmenverwertung" einzuführen, um kleinen Parteien entgegenzukommen. Stimmen für Parteien, die nicht für ein Mandat ausreichen, sollen demnach bundesweit zusammengezählt werden.

(dpa)

Bundeswehr soll weiter im Sudan bleiben

Deutschland soll sich weiterhin an den internationalen Militäreinsätzen im Sudan beteiligen. Das beschloss das Kabinett in Berlin. Die endgültige Entscheidung über den weiteren Einsatz der Bundeswehr fällt allerdings der Bundestag. Derzeit hat die Bundeswehr insgesamt 38 Soldaten zu den verschiedenen UN-Missionen in den Sudan entsandt.

Die internationale Friedenstruppe Unamid soll vor allem die Zivilbevölkerung in der Krisenregion Darfur schützen, wo seit 2003 eine der schlimmsten humanitären Katastrophen der Welt tobt. Die Mission Unmis im Süden des Landes soll das Friedensabkommen zwischen der sudanesischen Regierung und der südsudanesischen Befreiungsbewegung aus dem Jahr 2005 absichern.

(dpa)

Studie: Jungwähler verstehen Politiker nicht

Eine Mehrheit der Jungwähler versteht die Sprache der deutschen Politiker nicht. Dies sei auch ein Grund dafür, warum sie sich selbst nicht politisch engagierten. Zu diesem Ergebnis kommt eine in Berlin vorgelegte Untersuchung von Wissenschaftlern der Berliner Hochschule für Kommunikation und Design im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Danach sind fast 60 Prozent davon überzeugt, dass Politiker absichtlich eine abgehobene Sprache benutzten. Damit werde bewusst eine Distanz zur normalen Bevölkerung geschaffen. Viele der befragten Schüler im Alter von 16 bis 19 Jahren empfinden die häufigen rhetorischen Floskeln und beschönigenden Begriffe in Politikerreden als unehrlich oder sogar als Lüge. Die Abläufe des politischen Geschäfts sind für die meisten nicht nachvollziehbar.

Allerdings spielt Politik in dieser Altersgruppe ohnehin keine große Rolle. Im privaten Alltag sprechen fast drei Viertel aller Mädchen und über die Hälfte aller Jungen kaum jemals über dieses Thema. Grundlage der Studie sind Befragungen in 27 Schulen sowie die Auswertung von über 30.000 Online-Fragebogen.

(dpa)

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