Süddeutsche Zeitung

Politik kompakt:Berlusconis Angreifer sagt "Scusi"

Silvio Berlusconis Angreifer entschuldigt sich, Millionen E-Mails aus der Bush-Ära tauchen wieder auf und die Bundeswehr wird bei Kundus immer öfter angegriffen.

Nach seiner Wurfattacke auf den italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi hat sich der Täter bei dem verletzten Regierungschef entschuldigt. In einem Brief an Berlusconi habe der 42-jährige Massimo Tartaglia sein "tief empfundenes" Bedauern über "die feige und unbedachte Tat" zum Ausdruck gebracht, berichtet die italienische Nachrichtenagentur Ansa. Der Mann hatte dem Regierungschef am Sonntag bei einer Wahlveranstaltung in Mailand eine Souvenir-Nachbildung des Mailänder Doms ins Gesicht geworfen. Dabei erlitt der 73-Jährige Platzwunden an der Lippe und einen Bruch der Nasenscheidewand. Außerdem wurden zwei Vorderzähne beschädigt. Berlusconi liegt nach wie vor im Krankenhaus. Der Angreifer befindet sich in Polizeigewahrsam, nach Angaben seines Vaters ist er seit Jahren seelisch labil.

Verschwundene E-Mails aus Bush-Zeit wieder aufgetaucht

22 Millionen verschwunden geglaubte E-Mails des Weißen Hauses aus der Ära von US-Präsident George W. Bush sind wieder aufgetaucht. Computertechniker bargen und rekonstruierten den elektronischen Briefverkehr, nachdem zwei US-Organisationen das Weiße Haus 2007 nach Berichten über Millionen von verschollenen Mails verklagt hatten. Die Mails stammen den Angaben zufolge aus der Zeit zwischen 2003 und 2005. Die Berichte über ihr Verschwinden hatten 2007 für erheblichen Wirbel gesorgt. Seinerzeit war von fünf Millionen Mails die Rede gewesen. "Das Weiße Haus unter Bush hat versagt, die verschwundenen Mails wiederzubekommen, und hat wissentlich ein kaputtes System zur Verwahrung elektronischer Daten benutzt", teilte die liberale Beobachter-Gruppe "Bürger für Verantwortung und Ethik in Washington" (CREW) mit, die ebenfalls geklagt hatte.

Abbas plädiert für Gewaltverzicht

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas macht ernst und stellt sich nach nur einer Amtszeit nicht zur Wiederwahl. Darüber hinaus erklärte der 74-Jährige am Dienstag vor dem PLO-Zentralrat in Ramallah zwar seine generelle Bereitschaft zur Fortsetzung der seit einem Jahr unterbrochenen Friedensverhandlungen mit Israel, verknüpfte dies aber mit einer Reihe von Vorbedingungen. Danach soll Israel unter anderem "für eine gewisse Zeit" alle Bauarbeiten in jüdischen Siedlungen im Westjordanland sowie in Ostjerusalem stoppen. Dies lehnt Israel ab. Trotz des festgefahrenen Friedensprozesses erteilte Abbas allen Rufen nach Gewalt eine klare Absage: "Ich werde das nicht akzeptieren", sagte er. Abbas hatte bereits im November angekündigt, bei der nächsten Präsidentschaftswahl nicht mehr antreten zu wollen. Als Gründe nannte er die stagnierenden Friedensverhandlungen mit Israel, den anhaltenden Streit unter den Palästinenserorganisationen sowie seine Verärgerung über die US-Regierung. Alle Versuche von Politikern weltweit, ihn umzustimmen, blieben damit erfolglos.

Zeitung: Zahl der Angriffe auf Bundeswehr nimmt stark zu

Die Zahl der Attacken von Taliban-Kämpfern auf die Bundeswehr im Umfeld des deutschen Lagers im nordafghanischen Kundus hat sich in den Jahren 2007 bis 2009 angeblich mehr als versiebenfacht. Das berichtet die Bild-Zeitung unter Berufung auf interne Bundeswehr-Berichte. Demnach wurden 2007 im Raum Kundus neun sogenannte "eindeutige" Angriffe beziehungsweise Anschläge gezählt. Im Jahr 2008 waren es 31 und im Jahr 2009 bis Mitte Dezember 69.

SPD: Merkel im Januar im Untersuchungsausschuss

Die SPD will Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und einige Minister noch vor der Afghanistan-Konferenz Ende Januar vor den Kundus-Untersuchungsausschuss laden. "Angesichts der Brisanz der Fragen wollen wir Kanzlerin und Minister ganz am Anfang hören", sagte der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold Spiegel Online. Und zwar "möglichst noch im Januar". An diesem Mittwoch konstituiert sich der Untersuchungsausschuss, der die Hintergründe des Luftangriffs auf zwei Tanklaster am 4. September durchleuchten soll. Mit mehr als 90 Beweisanträgen will die Opposition die Bundesregierung zu lückenloser Aufklärung drängen, rund 40 Zeugen sollen zunächst aussagen. Arnold drohte zudem mit einem zweiten Untersuchungsausschuss, sollte die Regierung sich weigern, das Gremium "in politischen Fragen" öffentlich tagen zu lassen.

Haftbefehl gegen Livni - Israel empört

Israel hat am Dienstag scharf gegen einen britischen Haftbefehl gegen die israelische Oppositionsführerin Zipi Livni protestiert. Ein Gericht in London hatte den Haftbefehl wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen während des Gaza-Kriegs vor einem Jahr ausgestellt. Das israelische Außenministerium sprach von einem "zynischen juristischen Vorgang auf Initiative radikaler Elemente". Die gegenwärtige Situation schade den Beziehungen zwischen Israel und Großbritannien.

London versuchte, die Wogen zu glätten. Das Außenministerium wolle die Folgen dieses Falls "mit Nachdruck untersuchen". Livni sollte an einer Konferenz des britischen Jewish National Fund (JNF) in der Nähe von London am vergangenen Sonntag teilnehmen, hatte aber aus "verschiedenen Gründen"" bereits vor zwei Wochen abgesagt. Londoner Richter hätten den Haftbefehl auf Antrag von Anwälten palästinensischer Opferfamilien ausgestellt, berichteten mehrere Zeitungen. Der Haftbefehl wurde demnach wieder aufgehoben, nachdem bekanntwurde, dass Livni nicht in London ist. Ein Gerichtssprecher bestritt die Ausstellung eines Haftbefehls.

Berlin muss zu hohe Wohnkosten für Hartz-IV-Empfänger erstatten

Weil das Land Berlin sich zuviel Zeit mit der Überprüfung der Wohnsituation von Hartz-IV-Empfängern gelassen hat, muss es dem Bund Schadenersatz zahlen. Das Bundessozialgericht legte die Summe in seinem Urteil vom Dienstag auf 13,1 Millionen Euro zuzüglich Zinsen fest. Berlin hatte zum Oktober 2005 eine Vorschrift erlassen, nach der erst nach einem Jahr geprüft werden soll, ob Hartz-IV-Empfänger in einer angemessenen oder zu großen und teuren Unterkunft wohnen. Die gesetzlichen Regelungen sehen vor, dass eine Angemessenheitsprüfung "in der Regel längstens für sechs Monate" zu erfolgen hat. Mit der verspäteten Prüfung habe das Land Berlin "systematisch und ungeprüft selbst gänzlich unangemessene" Unterkunftskosten übernommen, erklärte der 1. Senat des BSG. Nach den gesetzlichen Regelungen hätten Arbeitslosengeld-II-Bezieher schon viel früher sich eine günstigere Bleibe suchen müssen.

Studie: Konflikt in Afghanistan ist "Krieg"

Die Welt ist nach einer neuen Studie in diesem Jahr ein wenig friedlicher geworden. Das Heidelberger Institut für Internationale Konfliktforschung (HIIK) zählte am Dienstag rund um den Globus noch sieben Kriege - zum Beispiel in Pakistan und Somalia - aber auch in Afghanistan, wo Bundeswehrsoldaten immer wieder Ziel von Angriffen sind. Im vergangenen Jahr waren es noch neun. Außerdem kamen die Forscher auf insgesamt 31 "hochgewaltsame Konflikte". Im vergangenen Jahr wurden noch 39 solcher Konflikte ermittelt. HIIK-Vorstandsmitglied Lotta Mayer warnte jedoch vor zu großen Hoffnungen auf ein insgesamt friedlicheres Klima. "Die derzeitigen hochgewaltsamen Auseinandersetzungen sind zumeist in regionale Konfliktsysteme eingebunden, in denen die Konflikte sich gegenseitig anheizen" und weiter eskalieren, sagte die Forscherin. Das jährliche "Conflict Barometer" wird von dem Heidelberger Institut seit 1991 veröffentlicht. Der bisherige Höchstwert an "hochgewaltsamen Konflikten" wurde 1992 mit 51 erreicht.

Mehrere Tote bei Bombenanschlägen in Bagdad

Bei einer Serie von Anschlägen in Bagdad sind am Dienstag mindestens vier Menschen getötet worden. Im Zentrum der irakischen Hauptstadt seien drei Autobomben explodiert, teilte die Polizei mit. Die Zahl der Toten könne noch steigen. Einer der Sprengsätze sei in der Nähe der iranischen Botschaft gezündet worden. Vor etwa einer Woche waren bei einer Serie von Anschlägen in Bagdad mehr als 110 Menschen ums Leben gekommen.

US-Senat speckt Gesundheitsreform ab

Auf der Suche nach einem Kompromiss bei der Gesundheitsreform will der US-Senat den vorliegenden Entwurf noch einmal abspecken. Um die nötigen Stimmen zusammenzubringen, würden 55- bis 64-Jährige von der Erweiterung der Krankenversicherung Medicare voraussichtlich ausgenommen, sagte Senator Max Baucus am Montag. "Es geht darum, die Unterstützung von 60 Senatoren zu erhalten, und es sieht so aus, als ob das die Voraussetzung dafür wäre", erklärte der Demokrat nach Verhandlungen mit Parteifreunden. US-Präsident Barack Obama hat die demokratische Fraktion für Dienstag zum Gespräch über das Flaggschiff-Projekt seiner ersten Legislaturperiode gebeten. Seine Partei hat exakt 60 Stimmen und damit die Mindestzahl für eine Mehrheit im Senat.

Viele Tote bei Anschlag in Pakistan

Ein neuer tödlicher Anschlag hat Pakistan erschüttert. Bei der Explosion einer Autobombe auf einem belebten Markt in der zentralen Provinz Punjab kamen am Dienstag mindestens 27 Menschen ums Leben, wie die Rettungskräfte mitteilten. Etwa 90 weitere Menschen wurden verletzt. Nach Angaben der Polizei sprengte sich der Attentäter in einem Auto in die Luft. Ein riesiger Krater wurde ins Erdreich gerissen. Die Explosion in Dera Ghazi Khan ereignete sich nach Behördenangaben in der Nähe des Wohnhauses eines ranghohen Regierungsberaters der Provinz Punjab. Der Beamte Zulfikhar Khosa war aber offenbar nicht anwesend, und auch die anderen Bewohner seines Hauses schienen nicht unter den Opfern zu sein.

China lehnt Freilassung des Dissidenten Liu ab

China hat Forderungen der Europäischen Union und der USA nach der Freilassung des inhaftierten Dissidenten Liu Xiaobo zurückgewiesen. Die Vorwürfe seien "nicht akzeptabel", sagte der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Jiang Yu, am Dienstag in Peking. China dulde keine Einmischungen in seine inneren Angelegenheiten. US-Außenamtssprecher Ian Kelly hatte zuvor die sofortige Freilassung des bekannten Dissidenten gefordert. Auch die schwedische EU-Präsidentschaft zeigte sich "tief besorgt" und rief die Regierung in Peking auf, Liu ohne Bedingungen freizulassen. Der 53-jährige Schriftsteller und Bürgerrechtler Liu war im Dezember 2008 festgenommen worden, nachdem er mit rund 300 weiteren Dissidenten im Internet in der sogenannten Charta 2008 zu mehr Meinungsfreiheit und zu politischen Reformen in China aufgerufen hatte. Nach Angaben seiner Familie wurde er mittlerweile offiziell angeklagt, einen Umsturz versucht zu haben.

Schwan nicht mehr deutsch-polnische Beauftragte

Die bisherige Beauftragte für die deutsch-polnische Zusammenarbeit, Gesine Schwan, hat ihren Posten abgegeben. Die Aufgaben der ehemaligen SPD-Präsidentschaftskandidatin werden künftig von der Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Cornelia Pieper (FDP), übernommen. Dies teilte ein Ministeriumssprecher am Dienstag in Berlin mit. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) betonte, Schwan habe "wesentlich zum gegenseitigen Verständnis und zu Versöhnung zwischen den beiden Nachbarn beigetragen". Die heute 66-jährige Schwan war seit Januar 2005 Koordinatorin für das deutsch-polnische Verhältnis.

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