Politik kompakt:Berlusconi plant umstrittene Justizreform

Der italienische Ministerpräsident, der sich ab April selbst vor Gericht verantworten muss, will die Rechte von Staatsanwälten und Richtern einschränken.

im Überblick

Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi will mit einer Justizreform die Rechte von Richtern und Staatsanwälten deutlich einschränken. Sein Kabinett brachte am Donnerstag einen entsprechenden Gesetzentwurf auf den Weg.

Silvio Berlusconi

Will die Rechte von Richtern und Staatsanwälten einschränken: Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi - der sich wegen einer mutmaßlichen Sexaffäre mit einer Minderjährigen bald selbst vor Gericht verantworten muss.

(Foto: dpa)

Es bestehe kein Zusammenhang mit dem anstehenden Prozess gegen ihn in der Sexaffäre um die damals minderjährige Marokkanerin namens Ruby, sagte Berlusconi nach der Kabinettssitzung. Der 74-Jährige wirft Richtern und Staatsanwälten politisch motivierte Ermittlungen gegen ihn vor.

Der 16-Punkte-Plan sieht unter anderem vor, dass Richter künftig finanziell für Fehlurteile aufkommen müssen und die Ermittlungsbefugnisse von Staatsanwälten begrenzt werden.

"Mit diesem Damoklesschwert über dem Kopf überlegen sich die Staatsanwälte zweimal, ob sie Ermittlungen gegen mich einleiten", sagte Berlusconi laut einem Bericht der Zeitung La Repubblica.

Die italienische Richtervereinigung kritisierte den Plan als "Reform gegen die Richter, die die Autonomie und Unabhängigkeit der Richterschaft untergräbt und die Gewaltenteilung deutlich beeinträchtigt". Experten sehen in der Reform einen erbitterten Kampf zwischen Berlusconi und italienischen Anklägern. Die linke Opposition wirft Berlusconi vor, Gesetze zu schaffen, um selbst vor Strafverfolgung geschützt zu sein.

Die Reform muss von einer Zweidrittelmehrheit in beiden Parlamentskammern oder per Volksentscheid beschlossen werden. Experten halten es angesichts der knappen Mehrheit der Regierung im Unterhaus allerdings für unwahrscheinlich, dass die Reform in nächster Zeit zustande kommt.

(AFP)

Die afghanische Armee soll angeblich ab Juli bis zu vier Provinzen übernehmen, Großbritannien wirft Iran Waffenlieferungen an die Taliban vor und ein US-Bundesstaat schafft die Todesstrafe ab: Lesen Sie auf den nächsten Seiten weitere Kurzmeldungen.

Afghanische Armee soll ab Juli bis zu vier Provinzen übernehmen

In der ersten Phase des Übergangs soll die afghanische Armee ab Juli die Sicherheitsverantwortung in bis zu vier Provinzen des Landes übernehmen. Wie ein afghanischer Regierungsvertreter der Nachrichtenagentur AFP in Kabul sagte, sollen auch zwei bis drei größere Städte an die Afghanen übergeben werden. Details, welche Gegenden betroffen sein werden, nannte der Vertreter nicht.

Karsai hatte bereits am Dienstag verlauten lassen, dass in einem ersten Schritt "fünf bis sechs Orte" übergeben würden. Ob es sich dabei um Städte, Distrikte oder Provinzen handle, sagte Karsai jedoch nicht. Für die offizielle Bekanntgabe ist der 21. März, der afghanische Neujahrstag, vorgesehen.

Westliche Beamte in Kabul gehen davon aus, dass zunächst sicherere Teile des Landes übergeben werden. Die Aufstände konzentrieren sich vor allem auf den Süden und Osten Afghanistans, während der Norden und Westen generell als sicherer angesehen werden. Die internationale Schutztruppe Isaf erklärte, dass der Übergangsprozess entsprechend der Bedingungen vor Ort vorangetrieben und nicht von einem konkreten Datum bestimmt werde.

(AFP)

Großbritannien geißelt Irans Waffenlieferung

Nach dem Fund von offenbar für die afghanischen Taliban bestimmten Waffen hat der britische Außenminister William Hague Iran ein "vollkommen inakzeptables" Vorgehen vorgeworfen. Afghanische und internationale Truppen hätten in der Provinz Nimros im Süden Afghanistans eine Waffenladung beschlagnahmt, deren iranische Herkunft "zweifellos" festgestellt worden sei, sagte Hague. Die Waffen hätten die Taliban dabei unterstützen sollen, Soldaten der afghanischen Armee und der Nato zu töten.

Bei dem Waffenfund Anfang Februar wurden nach Angaben aus Afghanistan 48 Raketen mit einer Reichweite von 20 Kilometern beschlagnahmt. Sie werden mit den iranischen Revolutionsgarden in Verbindung gebracht. Hague selbst machte keine Angaben zu den Waffen. Die Provinz Nimros grenzt an Iran. Bei dem Waffenfund sollen auch britische Spezialkräfte beteiligt gewesen sein. Ein Sprecher des iranischen Außenministeriums hatte nach Bekanntwerden der Vorwürfe vergangene Woche gesagt, die Angaben seien "ohne jede Grundlage und inakzeptabel". Nach Angaben von Außenminister Hague besprach der britische Botschafter in Teheran die Angelegenheit bereits mit dem iranischen Außenministerium.

(AFP)

Greenpeace zeigt Baden-Württembergs Umweltministerin an

Greenpeace hat die baden-württembergische Umweltministerin Tanja Gönner (CDU) wegen des Verdachts der Urkundenunterdrückung, Urkundenfälschung und Rechtsbeugung angezeigt. Die Umweltorganisation wirft der Ministerin vor, sie halte trotz richterlicher Aufforderung Verwaltungsakten über die Sicherheit von Atomkraftwerken zurück.

Es geht um Unterlagen zu Sicherheitsaspekten des Atomkraftwerks Philippsburg: Nachdem Greenpeace und Anwohner gemeinsam gegen die Betriebserlaubnis des Kraftwerks geklagt hatten, war Gönners Ministerium im September 2009 gerichtlich aufgefordert worden, die Papiere innerhalb weniger Wochen den Klägern direkt vorzulegen. Bisher erhielt Greenpeace nach eigener Darstellung "lediglich einen halbgefüllten Aktenordner mit augenscheinlich unvollständigem Inhalt". Im Vergleich dazu habe die Atomaufsicht in Hessen eine Umzugskiste voller Genehmigungsunterlagen sowie eine Vielzahl von korrekt geführten Aktenordnern zur Verfügung gestellt.

(AFP)

US-Bundesstaat Illinois schafft Todesstrafe ab

Nach einer Serie von Fehlurteilen hat der US-Bundesstaat Illinois die Todesstrafe abgeschafft. Gouverneur Pat Quinn unterzeichnete am Mittwoch ein entsprechendes Gesetz, das der Kongress des Staates im Januar verabschiedet hatte. Zugleich wandelte er die Strafen der verbliebenen 15 Todeskandidaten in lebenslange Haft ohne Bewährung um. Illinois ist damit der 16. Staat in den USA ohne Todesstrafe. Zuletzt hatte sie 2009 New Mexico abgeschafft. In den anderen 34 Staaten gilt sie weiterhin.

Quinn sprach von der "schwersten Entscheidung", die er als Gouverneur zu treffen hatte. Ankläger und Familienmitglieder von Opfern hatten den Demokraten gedrängt, ein Veto gegen die Aufhebung einzulegen. Schließlich sei er aber zu dem Schluss gekommen, dass es kein Todesstrafen-System ohne Fehlurteile gebe und eine Abschaffung daher richtig sei. "Ich bin tief besorgt über die Möglichkeit, dass eine unschuldige Person exekutiert wird", sagte Quinn. Illinois hatte bereits vor gut zehn Jahren die Exekutionen ausgesetzt, nachdem in der Geschichte des Staates mehr als ein Dutzend Häftlinge zu Unrecht zum Tode verurteilt worden waren. Diese Todeskandidaten kamen zwar mit dem Leben davon - einer von ihnen stand 50 Stunden vor seiner Hinrichtung -, aber über das System wurde seitdem heftig debattiert.

(dpa)

Ex-RAF-Terrorist schweigt im Becker-Prozess

Im Prozess gegen die frühere RAF-Terroristin Verena Becker wegen des Buback-Attentats von 1977 ist der frühere Terrorist Günter Sonnenberg als Zeuge vor Gericht erschienen. Er verweigerte vor dem Oberlandesgericht Stuttgart jedoch die Aussage. Der 57-Jährige machte nur wenige Angaben zu seiner Person. Der Vorsitzende Richter Hermann Wieland appellierte mehrfach an den Zeugen, auf sein Auskunftsverweigerungsrecht zu verzichten.

Es gebe "höhere Werte wie eine Moral und ein Gewissen", sagte Wieland. Der RAF-Aussteiger Peter-Jürgen Boock hatte ausgesagt, dass er den früheren RAF-Terroristen Stefan Wisniewski als den wahren Todesschützen beim Mordanschlag auf Generalbundesanwalt Siegfried Buback ansieht und Sonnenberg als Fahrer des damals genutzten Motorrads. Weder Wisniewski noch Sonnenberg wurden aber bislang wegen des Buback-Attentats verurteilt. Welches RAF-Mitglied am 7. April 1977 vom Soziussitz des Motorrads aus die tödlichen Schüsse an einer Karlsruher Kreuzung abfeuerte, ist bis heute ungeklärt. Nebenkläger Michael Buback hält Becker für die Todesschützin beim Mord an seinem Vater. Die Bundesanwaltschaft sieht die 58-jährige Angeklagte hingegen lediglich als Mittäterin an.

(dapd)

Obama ernennt neuen US-Botschafter für Israel

US-Präsident Barack Obama hat seinen Nahost-Berater, Daniel Shapiro, zum Botschafter in Israel ernannt. Wie das Weiße Haus bekannt gab, schlug Obama Shapiro dem Senat als Nachfolger von Jim Cunningham vor, dessen Zeit als Botschafter in Israel endet.

Shapiro ist derzeit beim Nationalen Sicherheitsrat als Direktor für den Nahen Osten und Nordafrika zuständig. Diesen Posten hatte er kurze Zeit nach Obamas Amtsantritt im Januar 2009 übernommen. Für den Nationalen Sicherheitsrat hatte Shapiro bereits unter dem ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton gearbeitet.

(AFP)

Afghanistan: Polizeichef von Kundus bei Anschlag getötet

Bei einem Selbstmordanschlag in der nordafghanischen Stadt Kundus ist am Donnerstag der Polizeichef der gleichnamigen Provinz ums Leben gekommen. Neben dem Polizeichef seien mindestens zwei weitere Menschen getötet worden, sagte der örtliche Polizeikommandeur Daud Daud. Acht Menschen, darunter mehrere Polizisten, seien verletzt worden. Die Zahl der Todesopfer könne noch steigen.

Der Polizeichef Abdul Rahman Sajedchaili hatte den Angaben zufolge Feuerwehrwagen beim Reinigen einer Straße zugesehen, als sich ein Attentäter auf einem Motorrad in die Luft sprengte. Noch am Donnerstag hatte Sajedchaili Bundeswehrsoldaten vorgeworfen, auf Zivilisten geschossen und dabei eine Frau getötet zu haben.

(AFP)

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