Politik kompakt:Der "Soli" bleibt

Der Solidaritätszuschlag darf weiterhin erhoben werden. Das Bundesverfassungsgericht verwarf eine Vorlage des Niedersächsischen Finanzgerichts, das von dessen Verfassungswidrigkeit ausging.

Kurzmeldungen im Überblick

Der "Soli" bleibt vorerst: Ein Vorstoß des niedersächsischen Finanzgerichts gegen den Solidaritätszuschlag ist am Bundesverfassungsgericht gescheitert. Die Vorlage der Finanzrichter sei unzulässig, weil sie sich nicht ausreichend "mit dem Wesen" des Solidaritätszuschlags auseinandergesetzt habe, heißt es in einem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss.

Solidaritätszuschlag laut Gericht verfassungswidrig

"Gemeinschaftswerk Aufschwung Ost" steht an einer verwitterten Schallschutzwand in Magdeburg. Das niedersächsische Finanzgericht hatte die Klage eines leitenden Angestellten gegen den Soli zur Klärung an das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe übergeben.

(Foto: ZB-Fotoreport)

Demnach ist der Soli nicht allein deshalb schon verfassungswidrig, weil er in der geltenden Fassung bereits seit 1995 erhoben wird, solche Ergänzungsabgaben aber zeitlich befristet sein müssen. (AUZ: 2 BvL 3/10)

Damit zerschlägt sich die Hoffnung zahlreicher Bürger, die mit Blick auf die Vorlage der Finanzrichter Einspruch gegen alle noch offenen Steuerbescheide seit 2007 eingelegt hatten. Sie müssen den Soli in Höhe von 5,5 Prozent der Einkommen-, Kapitalertrag- oder Körperschaftsteuer nun endgültig entrichten. Die Ergänzungsabgabe dient zum Aufbau der neuen Länder.

Die Verfassungshüter hoben in der Entscheidung hervor, dass sie sich zwar noch nicht inhaltlich mit der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes zum Solidaritätszuschlags von 1995 auseinandergesetzt haben. Das Gericht habe aber zur Rechtmäßigkeit von Ergänzungsabgaben bereits entschieden, dass sie aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht befristet werden müssen. Karlsruhe wies zudem die Ansicht der Finanzrichter zurück, dass der Soli wegen verschiedener Steuerermäßigungen in den vergangen Jahren hätte entfallen müssen.

Den Verfassungshütern zufolge wurden zwar Steuersätze gesenkt, zugleich aber deren Bemessungsgrundlage verbreitert. Weil deshalb Betriebsausgaben und Werbungskosten nicht mehr im Umfang wie zuvor bei der Steuererklärung geltend gemacht werden können, seien die Steuern unterm Strich gestiegen und nicht gefallen.

Warum die Tierschutzorganisation Peta neue Vorwürfe gegen Niedersachsens Agrarministerin erhebt, Schleswig-Holsteins Regierung vor den Atomplänen der Bundesregierung warnt und der türkische Vize-Ministerpräsident die deutsche Politik für ängstlich hält. Auf den folgenden Seiten finden sie weitere Kurzmeldungen.

(AFP)

Kolumbien: Farc-Militärchef getötet

Der Militärchef der kolumbianischen Farc-Rebellen ist nach Angaben der Armee getötet worden. Mono Jojoy sei bei einem Luftangriff ums Leben gekommen, teilten die Streitkräfte am Donnerstag mit. Sein Tod dürfte die Revolutionären Streitkräfte Kolumbien (Farc) weiter schwächen. Die Armee hat die Rebellen in der vergangenen Jahren massiv zurückgedrängt. Die linksradikale Farc hat zudem mehrere ihrer Führungsfiguren verloren. So starb ihr Gründer Manuel Marulanda 2008. Im selben Jahr wurden zwei Farc-Kommandeure getötet. Prominentestes Entführungsopfer der Farc war die Präsidentschaftskandidatin Ingrid Betancourt.

(Reuters)

Schwedens Regierung fehlen zwei Sitze für absolute Mehrheit

Das konservative Regierungsbündnis von Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt hat bei der Reichstagswahl in Schweden die absolute Mehrheit endgültig verfehlt. Nach dem am Donnerstag vorgelegten amtlichen Endergebnis fehlen der Vier-Parteien-Allianz wegen des Erfolgs der fremdenfeindlichen Schwedendemokraten zwei Sitze, um uneingeschränkt regieren zu können. Die Koalitionsparteien verfügen in dem am Sonntag neu gewählten Parlament über 173 der 349 Sitze. Sie liegen aber weit vor dem sozialdemokratisch geführten Linksbündnis, das auf 156 Sitze kommt. Die rechten Schwedendemokraten schafften aus dem Stand 20 Mandate. Reinfeldt hat wie die linken Parteien eine Zusammenarbeit mit den Rechten ausgeschlossen. Er hat Sondierungen mit den Grünen angekündigt, wird aber möglicherweise auch eine Minderheitsregierung bilden.

(Reuters)

Neue Tierquälerei-Vorwürfe gegen Niedersachsens Agrarministerin

Die Tierschutzorganisation Peta hat neue Vorwürfe wegen Tierquälerei gegen Niedersachsens Agrarministerin Astrid Grotelüschen (CDU) erhoben. Mitglieder der Organisation präsentierten am Donnerstag in Hannover neue Filmaufnahmen von gequälten Mastputen. Die Aufnahmen sollen Anfang September in zwei Betrieben in Cloppenburg und Höltinghausen aufgenommen worden sein. Die gefilmten Ställe sollen zu einem Betrieb aus der Putenerzeugergemeinschaft Ahlhorn gehören. An dieser Gemeinschaft ist die Putenbrüterei der Familie Grotelüschen mit 7,5 Prozent beteiligt. Die Bilder zeigen verendete und sterbende Mastputen in ihren Ställen.

(dpa)

Beckstein kritisiert Merkel

Der ehemalige bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) macht Kanzlerin Angela Merkel (CDU) für die niedrige Zustimmung zur schwarz-gelben Bundesregierung mitverantwortlich. "Unsere gesamte Mannschaft von der Bundeskanzlerin bis zum einfachen Abgeordneten muss noch mal stärker werden", sagte Beckstein am Donnerstag am Rande der CSU-Klausur in Kloster Banz. Für die Union seien früher Wahlergebnisse von 40 Prozent schlechte Ergebnisse gewesen, sagte Beckstein."Im CDU-Bereich wird jetzt über 33 bis 35 Prozent geredet. Das ist nicht akzeptabel." Merkel habe mit ihrem Modernisierungskurs vielleicht "manche aus dem konservativen Bereich nicht so mitgenommen". Beckstein betonte aber auch, dass Merkel eine "Politikerin des Sonderformats" sei.

(dpa)

Ausbilder statt Tornados

Die Bundesregierung plant offenbar, dem Willen des Isaf-Oberbefehlshabers David Petraeus zu entsprechen und mehr Soldaten zur Ausbildung der afghanischen Streitkräfte an den Hindukusch zu entsenden. Im Gegenzug wolle die Bundesregierung die sechs Tornado-Aufklärungsflugzeuge von dort abziehen, berichtet der Kölner Stadt-Anzeiger unter Berufung auf führende Koalitionskreise. "Ich halte das für eine notwendige Maßnahme", sagte die sicherheitspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Elke Hoff, dem Blatt.

Der verteidigungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Ernst-Reinhard Beck (CDU), erklärte zu den Tornados: "Wenn der Isaf-Oberbefehlshaber diese Fähigkeit nicht mehr benötigt, dann sollten wir darauf reagieren." Die Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte sei "derzeit die wichtigste Aufgabe für die internationale Gemeinschaft". Seit 2002 beteiligt sich Deutschland am Aufbau der afghanischen Polizei, derzeit sind rund 200 Polizeiausbilder aus Bund und unterschiedlichen Bundesländern am Hindukusch im Einsatz.

(dapd)

Asis: Saddam hielt nichts von Bin Laden

Der frühere irakische Diktator Saddam Hussein misstraute Osama bin Laden und anderen islamistischen Extremisten - sagt zumindest sein Außenminister Tarik Asis. Saddam habe die Radikalen für "Opportunisten" und "Heuchler" gehalten, sagte Asis in seinen Verhören im Jahr 2004, die nun erstmals veröffentlicht wurden.

"In Asis Gegenwart hat sich Saddam nur negativ über Osama bin Laden geäußert", lautet die Zusammenfassung. "Erfreut" sei Saddam jedoch über die Terroranschläge gegen zwei US-Botschaften in Ostafrika 1998 gewesen.

Die frühere US-Regierung unter Präsident George W. Bush hatte den Krieg gegen den Irak unter anderem mit der Sorge begründet, dass der Irak Bin Ladens Terrornetzwerk al-Qaida Atomwaffen für Angriffe auf die USA zur Verfügung stellen könnte.

Asis wurde wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und anderer Vergehen zu insgesamt 22 Jahren Haft verurteilt. Er sitzt im Irak im Gefängnis.

(dapd)

Schleswig-Holstein warnt vor abgeschwächten Atomstandards

In den Ländern wächst der Widerstand gegen die von Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) geplante Novelle des Atomgesetzes. In einem Brief an Röttgen warnt Schleswig-Holsteins Justizminister Emil Schmalfuß (parteilos) eindringlich vor einer Aufweichung der Sicherheitsvorgaben für Atomkraftwerke. Die geplante Gesetzesänderung sehe unzureichende Pflichten für die Nachrüstung der Reaktoren vor, warnte Schmalfuß. Selbst ein zusätzlicher Passus, den Röttgen bislang stets als Zugewinn an Sicherheit darstellte, könne "zu einer Abschwächung der nach dem gültigen Atomgesetz bestehenden, weit reichenden Pflichten der Betreiber" führen, heißt es in dem Schreiben, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Dies gefährde das "verfassungsrechtlich gebotene hohe Schutzniveau". So werde der Rechtsschutz Dritter durch das Gesetz eingeschränkt. Dies sei "gänzlich inakzeptabel". Das Bundesumweltministerium hat eine solche Einschränkung bisher stets bestritten.

(SZ vom 23.09.2010/miba)

Ankara: Deutschland hat Angst vor türkischem EU-Beitritt

Nach türkischer Ansicht fühlen sich Deutschland und Frankreich von den EU-Beitrittsplänen des überwiegend muslimischen Landes bedroht. "Wenn die Türkei ein Mitglied der EU wird, wird sie nicht in zweiter Reihe stehen, und das ist einer der Gründe, warum Länder wie Deutschland und Frankreich recht nervös über unsere Mitgliedschaft sind", sagte Vize-Ministerpräsident Ali Babacan in New York. Dabei würde die Europäische Union durch eine Mitgliedschaft der Türkei international an Bedeutung gewinnen. "Das Gewicht der europäischen Wirtschaft in der Welt ist geschrumpft und wird weiter schrumpfen. Nur mit einer Erweiterung wird die EU in der Lage sein, Macht und Einfluss zu bewahren", sagte Babacan, der auch Wirtschaftsminister ist.

Die Beitrittsbemühungen der Türkei stoßen innerhalb der Gemeinschaft auf Widerstände. Zu den Gründen gehören die Lage der Menschenrechte in der Türkei sowie das Zypernproblem. Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso sagte am Dienstag, Schwierigkeiten bereite auch die ablehnende Haltung zur Einwanderung in einigen EU-Staaten.

(Reuters)

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