Politik kompakt:Auf Fraktionskosten in der Rotlichtbar

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Markus Hebgen, Ex-Geschäftsführer der CDU-Fraktion in Rheinland-Pfalz, ist wegen Untreue und Betrugs verurteilt worden. Kurzmeldungen im Überblick.

Wegen schwerer Untreue in 18 Fällen und schweren Betrugs ist der frühere Geschäftsführer der CDU-Fraktion im rheinland-pfälzischen Landtag, Markus Hebgen, zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden. Außerdem muss er 150 Stunden gemeinnützige Arbeit verrichten. Das entschied das Mainzer Amtsgericht am Montag rechtskräftig.

In der Verhandlung hatte der CDU-Mann die Vorwürfe umfassend gestanden. Zwischen 2003 und 2006 bezahlte er unter anderem Besuche in Rotlichtbars mit der Kreditkarte der Fraktion. Ob ihn dabei mehrere CDU-Abgeordnete begleiteten, wie von Hebgen ausgesagt, blieb ungeklärt. Auch hat Hebgen Geld aus der Kasse der Fraktionsvorsitzendenkonferenz von CDU und CSU abgezweigt, um damit die drohende Zahlungsunfähigkeit der Landtagsfraktion zu verhindern. Der gesamte Schaden beläuft sich auf etwa 83.000 Euro. Hebgen litt damals unter Geldnot und lebt heute von Hartz IV. Er entschuldigte sich bei der CDU.

Für die Partei ist die Affäre indes noch nicht beendet: Sie kann nicht belegen, für welchen Zweck die Fraktion im Wahlkampf 2006 - als Hebgen die Geschäfte führte - 386.000 Euro an die Düsseldorfer Agentur C4 bezahlte. Hebgen behauptet, das Fraktionsgeld sei illegalerweise für den Wahlkampf der Partei geflossen. Ein Prüfbericht des Landesrechnungshofs liegt derzeit bei der CDU zur Stellungnahme. Ihr droht nicht nur die Rückzahlung der Summe, sondern auch eine Geldstrafe in dreifacher Höhe. In einem Jahr wird in Mainz ein neuer Landtag gewählt.

Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe wird sich tiefergehend mit der Kundus-Affäre befassen. Zwar hat die Behörde formell noch nicht entschieden, ob ein Ermittlungsverfahren gegen Bundeswehr-Oberst Georg Klein wegen des von ihm befohlenen Luftangriffs am 4. September 2009 nahe der nordafghanischen Stadt Kundus eingeleitet wird. Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur dpa teilte ein Sprecher jedoch am Montag mit, dass die Behörde die Situation in Afghanistan als "nichtinternationalen bewaffneten Konflikt" einstuft. Damit sei die Bundesanwaltschaft zuständig.

Der Maßstab für die rechtliche Bewertung ergebe sich damit vorrangig aus den Vorschriften des Völkerstrafgesetzbuches, so der Sprecher. Dieses gibt den Soldaten eine größeren Spielraum als das normale Strafrecht. Die abschließende Bewertung zum Handeln von Oberst Klein dauert nach Angaben des Sprechers an. Zu Details werde sich die Bundesanwaltschaft erst nach Abschluss dieser Prüfung äußern. Bis dahin würden voraussichtlich noch einige Wochen vergehen.

Bei dem Bombardement waren nach NATO-Angaben bis zu 142 Menschen getötet oder verletzt worden, darunter zahlreiche Zivilisten. Die Bundesregierung hatte den deutschen Afghanistan-Einsatz als "bewaffneten Konflikt im Sinne des humanitären Völkerrechts" eingestuft. Einem Bericht von Spiegel Online zufolge wollen die Anwälte der Bombenopfer von der Bundesregierung sieben Millionen Euro an Entschädigungen fordern. Das Verteidigungsministerium wollte dazu keine Stellungnahme abgeben.

Nach zehnjähriger Pause wird der Salzstock Gorleben wieder auf seine Eignung als Endlager für hochradioaktiven Atommüll untersucht. Sollte sich der Standort als geeignet erweisen, könnten dort in gut 20 Jahren erstmals verbrauchte Brennstäbe eingelagert werden, sagte Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) an diesem Montag in Berlin. Er setzt damit das noch von Rot-Grün verhängte Moratorium außer Kraft und einen Beschluss aus dem Koalitionsvertrag von Union und FDP um. "Das Ergebnis des gesamten Verfahrens ist offen", betonte Röttgen. Parallel zu den Erkundungen solle Ton- oder Granitgestein wissenschaftlich auf seine Eignung als Endlager untersucht werden. Mit konkreten Standorten wird dies nach den Worten Röttgens aber nicht verknüpft. Entsprechende Bodenformationen kommen auch in den unionsregierten Ländern Bayern oder Baden-Württemberg vor.

Auf Kritik stieß das Vorhaben neben der Opposition auch bei Umweltschützern: Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sprach von Geld- und Zeitverschwendung. Der drohende Einsturz des Salzbergwerks Asse zeige, dass nach anderen Gesteinsformationen und Standorten gesucht werden müsse. "Die Bundesregierung riskiert in Gorleben nach der Asse den nächsten Atommüll-Gau", sagte BUND-Chef Hubert Weiger. Nach Ansicht der Opposition war bereits die Auswahl von Gorleben in den 70er und 80er Jahren politisch motiviert. Sie wirft der damaligen Regierung unter Ex-Kanzler Helmut Kohl auch die Beeinflussung von Wissenschaftlern vor. Die Vorwürfe soll demnächst ein Untersuchungsausschuss des Parlaments klären.

Im Fall der ehemaligen RAF-Terroristin Verena Becker sind rund 300 Seiten umfassende Akten des Bundesamtes für Verfassungsschutz nun freigegeben worden. Dies bestätigte ein Sprecher der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe. Die Behörde ermittelt gegen Becker wegen Beteiligung am Mord des früheren Generalbundesanwalts Siegfried Buback und seiner zwei Begleiter am 7. April 1977. Bei den Unterlagen handelt es sich um zwei Vermerke aus den Jahren 1981 und 1982 mit insgesamt rund 300 Seiten.

Aus ihnen ist bislang bekannt, dass einer ungenannten Quelle zufolge Becker nicht die Todesschützin war. Becker war im vergangenen August verhaftet worden, weil von ihr laut Bundesanwaltschaft DNA-Spuren an damaligen Schreiben der Rote Armee Fraktion (RAF) gefunden worden waren. Sie wurde wieder freigelassen, wird seitdem aber verdächtigt, an der Ermordung Bubacks indirekt beteiligt gewesen zu sein.

Die Bundesanwaltschaft wird die nun als "geheim" klassifizierten aber gerichtsverwertbaren Akten des Verfassungsschutzes mit Blick auf eine Anklage Beckers sichten. Die Quelle, die Angaben zu den mutmaßlichen Buback-Mördern gemacht habe, sei allerdings weiterhin geschützt, sagte der Behördensprecher. Becker war im Dezember 1977 in einem anderen Verfahren wegen versuchten gemeinschaftlichen Mordes zu einer lebenslangen Haft verurteilt und 1989 begnadigt worden.

Privat angeheuerte Spione haben sich einem Zeitungsbericht zufolge an der Suche nach den Verstecken mutmaßlicher Islamisten in Afghanistan und Pakistan beteiligt. Wie die New York Times am Montag unter Berufung auf namentlich nicht genannte Militärvertreter und Geschäftsleute in Afghanistan und den USA berichtete, wurden sie von einem Beamten des US Verteidigungsministeriums angeworben. Vorher hatten sie demnach für Sicherheitsfirmen gearbeitet, die frühere Agenten des US-Geheimdienstes CIA und Angehörige von Spezialeinheiten der US-Armee beschäftigten.

Die Spione sollten dem Bericht zufolge Informationen über den Aufenthaltsort von Aufständischen und die genaue Lage ihrer Lager beschaffen. Diese Angaben seien dann an Geheimdienstvertreter und Einheiten der US-Armee für mögliche Drohnenangriffe in Afghanistan und Pakistan weitergegeben worden. Die USA attackieren in der Grenzregion immer wieder mutmaßliche Stützpunkte des Terrornetzwerks al-Qaida und der Taliban mit unbemannten Flugzeugen.

US-Vertreter sagten der Zeitung, es sei unklar, wer die Arbeit des privaten Spionage-Netzwerks überwacht habe. Grundsätzlich dürften die US-Streitkräfte keine Privatfirmen für verdeckte Spionage-Tätigkeiten anheuern. Zudem seien die Privat-Spione möglicherweise missbräuchlich finanziert worden, indem Geld für ein anderes Programm abgezweigt worden sei, hieß es in dem Bericht.

In Russland hat die Kreml-Partei die Regionalwahlen für sich entschieden, musste aber einen Stimmverlust hinnehmen. Die Partei Einiges Russland unter Führung von Ministerpräsident Wladimir Putin lag offiziellen Ergebnissen zufolge in den acht Regionalparlamenten vorn. Die Wahlbeteiligung lag demnach bei etwa 43 Prozent. Die Kommunisten warfen "Einiges Russland" Wahlbetrug vor.

Der Urnengang galt als Stimmungstest für Präsident Dmitrij Medwedjew, der die Hälfte seiner ersten Amtszeit hinter sich hat. Der Nachfolger Putins hat Reformen und einen weniger autoritären Führungsstil versprochen. Experten zufolge steht der Nachweis echter Veränderungen aber noch aus.

In der westirakischen Stadt Falludscha sind sieben Zivilisten ums Leben gekommen, als eine Autobombe im Stadtzentrum explodierte. Es war der erste größere Terroranschlag seit den Parlamentswahlen vom 7. März. Wie die Polizei berichtete, wurden 13 Menschen verletzt. In der 20 Kilometer westlich von Falludscha gelegenen Ortschaft Al-Chalidija töteten Unbekannte einen sunnitischen Prediger. Ein Sprengsatz detonierte neben Scheich Abdurrahman al-Karbuli, als dieser nach dem Morgengebet von der Moschee nach Hause ging.

Jemens Luftwaffe hat bei einem Angriff auf ein Al-Qaida-Versteck zwei hochrangige Anführer der radikal-islamischen Organisation getötet. Die Männer hätten Anschläge auf wichtige Einrichtungen geplant, erklärte ein Militärsprecher am Sonntagabend. Augenzeugen zufolge kamen bei dem Angriff in der südlichen Provinz Abjan bis zu 20 Menschen ums Leben. Es war zunächst unklar, ob Zivilisten unter den Opfern waren.

Das arabische Land hat seit dem gescheiterten Anschlag auf ein US-Passagierflugzeug an Weihnachten seine Einsätze gegen al-Qaida verschärft. Der in Detroit festgenommene Attentäter wurde im Jemen ausgebildet.

Zwei Monate vor der Präsidentenwahl in Kolumbien steuert das konservative Lager auf eine Bestätigung seiner Mehrheit im Parlament zu. Für die mit dem bisherigen Präsidenten Alvaro Uribe verbündeten Parteien zeichnete sich am Sonntag zumindest im Senat eine klare Führung ab. Nach Auszählung von elf Prozent der Stimmen erreichten Uribes Partei der Nationalen Einheit sowie die Konservative Partei gemeinsam knapp 47 Prozent der Stimmen im Oberhaus. Uribes Regierung wird bislang zudem von mehreren kleineren Gruppierungen unterstützt.

Die oppositionelle Liberale Partei lag der Wahlkommission zufolge bei 16,6 Prozent, die Demokratische Pole Partei bei 6,7 Prozent. Bei der Auszählung fürs Repräsentantenhaus kam es zu Verzögerungen. Zur Wahl standen 102 Sitze im Senat sowie 166 Abgeordnete im Unterhaus.

Drohende Strafzahlungen wegen Unregelmäßigkeiten im Rechenschaftsbericht, der Tod des Finanziers Jürgen Rieger im Oktober: Die NPD hat finanzielle Sorgen. Nach Einschätzung des Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Heinz Fromm, bedeutet dies jedoch nicht, dass die NPD "in ihrer Existenz gefährdet wird". Die Partei habe es 2009 geschafft, trotz anhaltender Spannungen und finanzieller Schwierigkeiten, handlungsfähig zu bleiben. "Sie ist keine große Partei, verfügt aber über eine gewisse Organisationskraft und kann ihre Anhänger mobilisieren", sagte Fromm Welt Online.

Im Bereich des gewaltbereiten Rechtsextremismus verzeichne der Verfassungsschutz vor allem einen erhöhten Zulauf zu den Autonomen Nationalisten, sagte Fromm. Deren Anhängerzahl liege im hohen dreistelligen Bereich. Auch die Gewaltbereitschaft linker Gruppen habe sich in den vergangenen fünf Jahren deutlich erhöht. Es seien aber "keine Anzeichen erkennbar", dass dabei die Grenze zum Terrorismus überschritten werden könnte.

Wegen Veruntreuung von Steuergeld auch im Rotlichtmilieu ist der frühere rheinland-pfälzische CDU-Fraktionsgeschäftsführer Markus Hebgen zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden. Der 44-Jährige hatte an diesem Montag vor dem Amtsgericht Mainz Untreue in 18 Fällen und Betrug in einem Fall gestanden. Insgesamt hatte er in seiner Amtszeit zwischen 2003 und 2006 einen Schaden von mehr als 80.000 Euro verursacht - allerdings nur teilweise zu seinen Gunsten. Hebgen muss zudem 150 Stunden gemeinnützige Arbeit ableisten. Das Urteil ist bereits rechtskräftig. Hebgen betonte, die CDU-Landtagsfraktion, die Steuergeld bekommt, habe ihn seinerzeit unzureichend kontrolliert. Er entschuldigte sich "aus tiefstem inneren Herzen". Hebgen gestand auch, vom Konto der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzendenkonferenz, deren Geschäfte er seinerzeit geführt hatte, etwa 52.000 Euro in die Kasse der Landtagsfraktion in Mainz geleitet zu haben.

Damit habe er in der heißen Phase des Landtagswahlkampfs 2006 die Fraktion vor der Zahlungsunfähigkeit bewahren wollen. Wenige Tage später habe er den damaligen Partei- und Fraktionschef der CDU, Christoph Böhr, darüber informiert. "Dieser hat das unkommentiert zur Kenntnis genommen", ergänzte Hebgen. Der 44-Jährige berichtete, die privaten Zahlungsverpflichtungen bei der Scheidung von seiner ersten Frau seien ihm über den Kopf gewachsen. Daher habe er wiederholt in die Fraktionskasse gegriffen.

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