Politik kompakt:Angriff auf die Kirche "aus dem Innern"

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Die katholische Kirche ist sich selbst der größte Feind - das hat Papst Benedikt XVI. auf seiner Portugal-Reise bekräftigt. Kurzmeldungen im Überblick.

Überschattet von den Missbrauchsskandalen in der katholischen Kirche hat Papst Benedikt XVI. am Dienstag einen viertägigen Besuch in Portugal begonnen. "Der größte Angriff auf die Kirche kommt heute aus dem Innern der Kirche selbst - durch die Sünde", sagte der Papst auf dem Flug von Rom nach Lissabon. "Heute sehen wir das in einer wirklich erschreckenden Weise."

Papst Benedikt XVI. im Flugzeug auf dem Weg nach Lissabon: Der Pontifex erklärte gegenüber Journalisten, die katholische Kirche schade sich heutzutage selbst am meisten. (Foto: Foto: dpa)

Benedikt antwortete im Flugzeug auf Fragen von Journalisten zu den Missbrauchsskandalen vor allem in Irland und Deutschland, die seit Monaten die katholische Kirche schwer belasten. Die Kirche müsse durch "Sühne, Gebet, Akzeptanz und auch Vergebung" einen Weg aus den Skandalen finden, sagte der 83-Jährige. "Die Vergebung ersetzt nicht die notwendige Gerechtigkeit."

Im Mittelpunkt der 15. Auslandsreise von Benedikt steht ein Besuch in Fátima. Der Marienwallfahrtsort etwa 120 Kilometer nördlich von Lissabon zählt neben Lourdes in Frankreich und Santiago de Compostela in Spanien zu den bekanntesten katholischen Pilgerstätten Europas. Dort will der Papst am Donnerstag an den Feierlichkeiten zum Jahrestag der Marienerscheinung von 1917 teilnehmen.

US-Präsident Obama will einen zivilen Atompakt mit Russland wiederaufleben lassen, die afghanische Regierung löst 172 Hilfsorganisationen auf und Spaniens berühmtester Ermittlungsrichter Garzón will an den internationalen Strafgerichtshof in Den Haag versetzt werden. Lesen Sie auf den nächsten Seiten weitere Kurzmeldungen.

Fast zwei Jahre nach dem Stopp eines zivilen Atomabkommens mit Russland wegen des Georgien-Krieges will US-Präsident Barack Obama die Vereinbarung wiederaufleben lassen.

Die Ratifizierung des Abkommens, das beispielsweise russischen und amerikanischen Firmen gemeinsame zivile Nuklearprojekte sowie den Verkauf von atomarem Material aus den USA an Russland erlaubt, war aus Protest gegen den russisch-georgischen Krieg im Sommer 2008 von Obamas Amtsvorgänger George W. Bush kurz vor der Billigung durch den Kongress auf Eis gelegt worden.

In einem am Montag vom Weißen Haus veröffentlichten Brief Obamas an den Kongress heißt es nun, die Situation in Georgien müsse nicht länger als Hürde für das Inkraftsetzungsverfahren gesehen werden. Außerdem rechtfertigten "Art und Umfang der amerikanisch-russischen Zusammenarbeit in der Iran-Frage die erneute Vorlage des angestrebten Abkommens im Kongress".

Auf Druck der internationalen Gemeinschaft zur Korruptionsbekämpfung hat die afghanische Regierung 172 Hilfsorganisationen aufgelöst. Insgesamt 152 afghanischen und 20 internationalen Nichtregierungsorganisationen (NGO) sei die Lizenz entzogen worden, teilte das Wirtschaftsministerium in Kabul mit. "Einige der Organisationen baten um ihre Auflösung, andere legten ihre halbjährlichen Berichte den zuständigen Behörden nicht vor", sagte der Sprecher des Finanzministeriums, Sedik Amarchil.

Einige der Hilfsorganisationen hätten sich zudem in Bereichen betätigt, die nicht durch ihr Mandat gedeckt seien. Auf der internationalen Afghanistan-Konferenz im Januar hatte sich Kabul neben Schritten zur Stärkung der Regierungsstrukturen auch zur Korruptionsbekämpfung verpflichtet. Im Gegenzug erklärte sich die internationale Gemeinschaft bereit, das zivile und militärische Engagement auszuweiten. Seit Beginn der US-geführten Invasion in Afghanistan 2001 sind Millarden Dollar an Hilfsgeldern in das Land geflossen. Bereits im vergangenen Jahr hatte die afghanische Regierung 255 inländischen und 13 ausländischen Hilfsorganisationen die Lizenz entzogen.

Der spanische Untersuchungsrichter Baltasar Garzón, der wegen der Verfolgung der Franco-Verbrechen in seiner Heimat unter Druck ist, wechselt zum Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag. Wie aus spanischen Justizkreisen bekannt wurde, will er dort für zunächst sieben Monate dem Chefankläger Luis Moreno Ocampo zuarbeiten. Der Argentinier habe Garzón gebeten, sein Berater zu werden.

Garzón muss sich derzeit in Spanien wegen Amtsmissbrauchs vor Gericht verantworten. Ihm wird vorgeworfen, Verfahren zu Verbrechen der Franco-Diktatur eingeleitet und dabei ein Amnestiegesetz von 1977 missachtet zu haben. Der 54-Jährige hatte die umstrittenen Ermittlungen letztlich auf Druck der Staatsanwaltschaft eingestellt. Ende April unterstützten tausende Demonstranten sein Vorgehen zur juristischen Aufarbeitung der Franco-Diktatur. Ihm droht daher ein Berufsverbot von 20 Jahren.

Bei den Präsidentenwahlen auf den Philippinen zeichnet sich ein klarer Sieg des Favoriten Benigno "Noynoy" Aquino (50) ab. Der Sohn der verstorbenen Ex-Präsidentin Corazon Aquino baute seine Führung nach Hochrechnungen vom Dienstag weiter aus. Er hatte nach Auszählung von Dreiviertel der Wahlbezirke einen Vorsprung von vier Millionen Stimmen. Auf Aquino fielen danach 12,2 Millionen Stimmen, auf seinen nächsten Konkurrenten Joseph Estrada 7,7 Millionen.

Die Wahlen am Montag waren von Gewalt und technischen Pannen überschattet. Mindestens 14 Menschen kamen bei Zusammenstößen zwischen Anhängern rivalisierender Kandidaten ums Leben. Hunderte Wahlmaschinen fielen zeitweise aus.

Haitis Präsident René Preval darf drei Monate länger im Amt bleiben. Der Senat stimmte am Montag in der haitianischen Hauptstadt Port-au-Prince einem entsprechenden Gesetz zu. Die Initiative hatte Preval eingebracht, in der vergangenen Woche hatte bereits das Unterhaus des Parlaments zugestimmt.

Die Wahl des Präsidenten darf demnach bis Februar 2011 verschoben werden, wenn es nicht gelingen sollte, sie wie vorgesehen im November dieses Jahres abzuhalten. Wegen des verheerenden Erdbebens im Januar dieses Jahres mit über 222.000 Toten waren bereits die für Februar geplanten Parlamentswahlen verschoben worden.

Oppositionelle Organisationen demonstrierten am Montag gegen das Vorhaben. Preval ließ indes verlauten, er gehe nicht davon aus, dass die Ausnahmeregelung greifen müsse: "Ich werde mein Mandat nicht verlängern, denn die Regierung wird alle Vorbereitungen für die Wahl in Angriff nehmen", sagte er. "Wenn ein neuer Präsident gewählt sein sollte, vor oder nach dem 7. Februar, im Februar oder im März, werde ich gehen."

Bei mehreren Raketenangriffen unbemannter US-Drohnen in den pakistanischen Stammesgebieten sind am Dienstag mindestens 14 Menschen getötet worden. Wie aus pakistanischen Sicherheitskreisen verlautete, fanden die Angriffe in der Gegend von Datta Khel in Nord-Waziristan an der Grenze zu Afghanistan statt. Das Gebiet gilt als Hochburg der radikalislamischen Taliban und der mit ihnen verbündeten Al-Qaida-Terroristen.

"Fünf bis sechs Drohnen haben 18 Raketen auf zwei Häuser und einige dort geparkte Fahrzeuge abgefeuert", sagte ein Geheimdienstmitarbeiter. "14 Menschen wurden getötet und rund ein halbes Dutzende weitere verletzt." Er äußerte die Befürchtung, dass die Zahl der Opfer noch steigen könnte, da weitere Menschen unter den Trümmern vermutet würden. Nach Angaben eines weiteren Geheimdienstmitarbeiters handelte es sich bei den Angriffszielen um Verstecke militanter Aufständischer.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat sich gegen das strikte Gebot der Ehelosigkeit für katholische Priester ausgesprochen. In einem Interview mit der Wochenzeitung Die Zeit schaltete er sich in die Debatte um eine Lockerung des Zölibats ein - und plädierte für eine Aufhebung: "Ich finde den Zölibat falsch", sagte de Maizière kurz vor Beginn des Ökumenischen Kirchentages in München an diesem Mittwoch. Mann und Frau gehörten zusammen, "auch als Pfarrer". Zudem hätten ihn die Einwände, der Kirchendiener werde durch die Frau abgelenkt, nie überzeugt.

Innenminister de Maizière, der auch Präsidiumsmitglied des Deutschen Evangelischen Kirchentags ist, lobte die katholische Kirche ausdrücklich für ihre Aufarbeitung des Missbrauchsskandals. "Bei allem, was man der katholischen Kirche vorwerfen kann: Die Kraft, mit der innerhalb der katholischen Kirche darüber diskutiert wird, nötigt mir Respekt ab und nicht Kritik." In der Sache selbst, so zitiert die Zeitung de Maizière, "haben wir es nicht nur mit einem Kirchenphänomen zu tun".

Die NPD soll keine Chance bekommen, sich im niedersächsischen Bad Gandersheim eine Immobilie zu sichern. Die Stadt strebe deshalb ein Vorkaufsrecht für das ehemalige Kurhaus an, sagte Bürgermeister Heinz-Gerhard Ehmen (parteilos). Zusätzlich will die Stadt eine sogenannte Veränderungssperre erlassen, um dort Umbauten zu verhindern und das Gebäude damit für die NPD unattraktiv zu machen. Der Verwaltungsausschuss hat diesen Plan bereits einstimmig abgesegnet. Bürgermeister Ehmen sagte, er gehe davon aus, dass der Rat ebenfalls zustimme.

Die Stadt Bad Gandersheim reagiert damit auf die Aussage des NPD-Landesvorsitzenden Adolf Dammann, seine Partei habe Interesse am Kauf der Immobilie. Die Kommune hatte das Kurhaus im vergangenen Jahr an zwei Privatleute verkauft, die dort ein Stadttheater eröffneten. Einer der beiden Besitzer hatte das Gebäude an die NPD vermietet, die dort am vergangenen Wochenende ihren Landesparteitag abhalten wollte. Auf Initiative des zweiten Eigentümers hatte das Amtsgericht Bad Gandersheim die Vermietung allerdings untersagt. Die NPD war daraufhin nach Wilhelmshaven ausgewichen.

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