Politik kompaktAfghanistan-Entscheidung rückt näher

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US-Präsident Obama feilt an der Afghanistan-Strategie, der Gefangenenaustausch in Israel ist unsicher und Kirsch befürchtet ein Aus für die Wehrpflicht.

Obama kündigt nächste Woche neue Afghanistan-Strategie an

Präsident Obama klopft hier bei einem "letzten Treffen" mit den Spitzen von Regierung und Armee die künftige Strategie für Afghanistan fest. Mit dabei: Aussenministerin Hillary Clinton und Verteidigungsminister Robert Gates.
Präsident Obama klopft hier bei einem "letzten Treffen" mit den Spitzen von Regierung und Armee die künftige Strategie für Afghanistan fest. Mit dabei: Aussenministerin Hillary Clinton und Verteidigungsminister Robert Gates. (Foto: Foto: AFP)

US-Präsident Barack Obama wird seine Entscheidung zur neuen Afghanistan-Strategie Anfang nächster Woche bekanntgeben. Das erklärte sein Sprecher Robert Gibbs. Dabei wolle der Präsident nicht nur erklären, wie zusätzliche Soldaten ins Land kommen sollten, sondern auch verdeutlichen, "was die Strategie ist, sie wieder herauszubekommen", sagte Gibbs. Obama hatte am Montag nochmals seinen Kreis aus ranghohen außenpolitischen und militärischen Beratern zu Afghanistan versammelt, den sogenannten Kriegsrat. Es war bereits das zehnte Treffen dieser Art seit August. Der Befehlshaber der US- und NATO-Truppen in Afghanistan, General Stanley McChrystal, hat sich in einer Lagebeurteilung für die Entsendung weiterer 40.000 Soldaten ausgesprochen, um eine Niederlage im Kampf gegen die Taliban zu verhindern. Experten rechnen damit, dass Obama die Entsendung von 32.000 bis 35.000 zusätzlichen Soldaten ankündigen wird. Die Entscheidung hat sich nach Angaben aus Regierungskreisen lange hinausgezögert, weil Obama gleichzeitig zur Truppenaufstockung eine Exit-Strategie vorstellen will, also einen mittelfristigen Plan zur Übergabe der Verantwortung für die Sicherheit an die afghanischen Streitkräfte und die Polizei, gefolgt von einem graduellen Rückzug der ausländischen Truppen.

Niebel stockt Entwicklungshilfe für Afghanistan auf

Die neue Bundesregierung will die militärische und die zivile Zusammenarbeit in Afghanistan stärker als bisher verzahnen. Entwicklungsminister Dirk Niebel kündigte am Dienstag in Berlin an, noch in diesem Jahr werde die staatliche Entwicklungshilfe um 52 Millionen auf insgesamt 144 Millionen Euro aufgestockt. Auch das zivile Engagement soll künftig seinen Schwerpunkt im Norden Afghanistans im Raum Kundus haben. Bereits beschlossen ist, die Zahl der dort stationierten Bundeswehrsoldaten um 120 auf dann 1.000 anzuheben. Die deutsche Entwicklungspolitik und die Sicherheitszusammenarbeit müssten in dem Land am Hindukusch gemeinsam auftreten, sagte der FDP-Minister.

Betreuungsgeld entzweit große Koalition

CDU und CSU wollen das von 2013 an geplante Betreuungsgeld für zu Hause erziehende Eltern nur in Ausnahmefällen per Gutschein auszahlen. Es bleibe dabei: "Der Grundsatz heißt Betreuungsgeld", sagte Unions-Fraktionschef Volker Kauder am Dienstag in Berlin. Auch CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich erteilte der FDP eine Absage, die für ein Gutscheinmodell eintritt. "Bargeld ist der richtige Weg. Wenn wir am Ende dann in Ausnahmefällen auch noch Gutscheinlösungen haben, dann ist das ein denkbarer Kompromiss", sagte Friedrich am Rande einer Sitzung der CDU/CSU-Fraktion. FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger betonte dagegen, ihre Partei halte ein Gutscheinmodell für die bessere Lösung, da es bildungspolitisch sinnvoll und sozial gerecht sei. Homburger verwies auf die Abmachung im Koalitionsvertrag, wonach das Betreuungsgeld "gegebenenfalls auch als Gutschein an die Familien gegeben werden soll". Zugleich mahnte sie zu Ruhe in der Debatte. Bis 2013 sei noch ausreichend Zeit, um ein Gesetz zu erstellen. Am Ende müsse es darum gehen, was die Kinder in ihrer Entwicklung unterstütze. Auch Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen äußerte erneut Sympathien für Gutscheine an die Eltern. Ziel sei es, die Erziehung zu Hause zu fördern. Es störe sie aber, dass die staatliche Leistung nur gezahlt werden solle, wenn ein Kind nicht in die Kita gehe, sagte die CDU-Politikerin der Bild-Zeitung von Mittwoch. Gerade für sozial benachteiligte Kinder sei die Kita und das Spielen und Lernen mit Gleichaltrigen "eine echte Starthilfe". "Deshalb sollten wir in den nächsten drei Jahren diskutieren, wie wir das gut lösen."

Israel und Hamas dämpfen Erwartungen auf Gefangenenaustausch

Israel und die radikal-islamische Palästinenserorganisation Hamas haben die Erwartungen auf einen baldigen Gefangenenaustausch gedämpft. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte: "Es gibt immer noch keine Einigung, keine Entscheidung und kein Geschäft." Sollte es zu einer Einigung kommen, so werde man eine öffentliche Debatte ermöglichen. Im Zuge des von Ägypten und Deutschland vermittelten Austauschs soll Israel für den 2006 entführten Soldaten Gilad Schalit insgesamt 1450 Palästinenser aus der Haft entlassen. Ein Sprecher der Hamas in Damaskus sagte, die meisten Einzelheiten seien inzwischen geklärt. Das größte Hindernis sei nun, "dass die israelische Seite darauf besteht, dass einige der Häftlinge, die freigelassen werden sollen, ins Ausland abgeschoben werden". Die Palästinenser seien bislang nicht bereit, "diese Bedingung zu akzeptieren".

Pöttering soll die Adenauer-Stiftung leiten

Der frühere EU-Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering rückt nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa an die Spitze der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung. Der bisherige Vorsitzende Bernhard Vogel (CDU) will den 64-Jährigen als Nachfolger vorschlagen. "Er bringt weltweite Erfahrung mit sich", sagte Vogel. Der frühere Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und von Thüringen wird am 19. Dezember 77 Jahre alt und will nicht mehr als Stiftungschef kandidieren. Vogel leitete die Konrad-Adenauer-Stiftung von 1989 bis 1995 und ehrenamtlich seit 2001. Pöttering war von 2007 bis 2009 Präsident des Europaparlaments.

Kirsch kritisiert geplante Verkürzung der Wehrpflicht

Der Bundeswehrverband hat die Regierung vor Kürzungen im Verteidigungsetat gewarnt. "Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik darf sich nicht nach Kassenlage richten", sagte der Vorsitzende Kirsch. Der Bundeswehr müsse das Geld zur Verfügung gestellt werden, "das wir brauchen, um unsere Aufträge ordnungsgemäß zu erfüllen". Kirsch wies auf die Einsätze in Afghanistan, am Horn von Afrika und auf dem Balkan hin. Die Bundeswehr trage dazu bei, Wachstum, Steuerentlastung und Entlastung der Familien zu sichern. Die geplante Verkürzung der Wehrzeit kritisierte er scharf. Er habe die Sorge, "dass das der Einstieg in den Ausstieg ist". Jetzt müssten Fragen an die Regierung gestellt werden. Die Bundesregierung müsse darlegen, was es koste, wenn man mehr Grundwehrdienstleistende haben wolle. Dies bedeute dann auch ein Mehr an Ausbildungsaufwand und Organisation.

Ahmadinedschad glaubt nicht an Militärangriffe auf Atomprogramm

Präsident Mahmud Ahmadinedschad schätzt die Gefahr eines Angriffs gegen das Atomprogramm seines Landes als gering ein. Die Ära der militärischen Angriffe sei vorbei, "wir befinden uns in einer Epoche des Dialogs", sagte Ahmadinedschad auf einer Pressekonferenz anlässlich seines Staatsbesuchs in Brasilien. "Waffen und Drohungen gehören der Vergangenheit an", sagte er auf die Frage, ob sich sein Land vor Angriffen Israels oder der USA auf seine Atomanlagen fürchte. Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva forderte seinen iranischen Amtskollegen zum Dialog im Atomstreit mit den westlichen Staaten auf. Er respektiere das Recht des Iran, ein friedliches Atomprogramm in Übereinstimmung mit den internationalen Abkommen zu entwickeln, sagte Lula. Nach Brasilien wird Ahmadinedschad Bolivien und Venezuela besuchen.

König von Jordanien löst Parlament auf

Nach monatelanger Kritik in den Medien hat der jordanische König Abdullah am Montag das Parlament aufgelöst und vorzeitige Neuwahlen angekündigt. Das vor zwei Jahren gewählte Parlament hatte zuletzt kaum noch Befürworter innerhalb der Bevölkerung. Die Medien werfen den 110 Abgeordneten vor, ihre Arbeit nicht zu machen. Einige von ihnen sind zudem in Korruptionsaffären verstrickt. Bereits eine halbe Stunde nach der Ankündigung des Königs war das Internet mit positiven Reaktionen überschwemmt. Die meisten Kommentare begrüßten den Schritt als einen Befreiungsschlag. Regulär hätte die Legislaturperiode bis November 2011 gedauert. Es ist das zweite Mal seit seiner Thronbesteigung vor zehn Jahren, dass der jordanische Monarch das Parlament vorzeitig auflöst.

Israel bombardiert Ziele im Gazastreifen

Israelische Kampfflugzeuge haben drei Ziele im Gazastreifen angegriffen. An der Grenze zu Ägypten seien zwei Schmugglertunnel bombardiert worden, sagte ein Sprecher der israelischen Armee in Tel Aviv. Darüber hinaus sei eine Metallwerkstatt in Gaza zerstört worden. Nach Angaben der palästinensischen Gesundheitsbehörde in der Grenzstadt Rafah wurden bei dem Angriff drei Palästinenser leicht verletzt. Der israelische Militärsprecher bezeichnete die Luftangriffe als Reaktion auf zwei Raketenangriffe auf Israel am Vorabend. Er wies zugleich jegliche Beteiligung der Armee an der Explosion in einer weiteren Werkstatt in den Außenbezirken von Gaza zurück. Nach palästinensischen Angaben kamen dabei zwei Menschen ums Leben.

Massaker auf Philippinen fordert 46 Tote

Nach dem grausamen Massaker auf den Philippinen sind am Dienstag 15 weitere Leichen entdeckt worden. Das Blutbad am Montag, dem offenbar eine Familienfehde um politische Ämter zu Grunde liegt, hat damit mindestens 39 Menschenleben gefordert. Die Polizei entdeckte die verscharrten Leichen in der Umgebung der Stadt Ampatuan in der Provinz Maguindanao, rund 930 Kilometer südlich von Manila. Mehr als 100 Bewaffnete hatten am Montag einen Autokonvoi mit Angehörigen und Sympathisanten des Mangudadatu-Clans überfallen. Die Familie wollte die Papiere für die Kandidatur eines Angehörigen bei den Gouverneurswahlen einreichen. Verdächtigt werden nach Angaben des Militärs Angehörige des Ampatuan-Clans, deren Patriarch das Amt zur Zeit inne hat. Unter den Toten sind zahlreiche Journalisten und Menschenrechtsanwälte. Die Regierung verhängte über die Region den Ausnahmezustand.

Indiens erster nächtlicher Raketentest gescheitert

Indiens erster nächtlicher Test mit einer atomwaffenfähigen Mittelstreckenrakete ist gescheitert. Das verlautete aus dem Verteidigungsministerium in Neu Delhi. Demnach wurde das Geschoss - eine Variante der Agni-Rakete mit einer Reichweite von 2500 Kilometern - am Montag nach Sonnenuntergang auf dem Testgelände der Wheeler-Insel vor Indiens 0stküste von einer mobilen Rampe aus abgefeuert. Der Raketentest war Teil der indischen Abschreckungsstrategie gegen die benachbarten Atommächte Pakistan und China.

36 Festnahmen bei Razzien im ETA-Umfeld

Bei Razzien im Umfeld der baskischen Terror-Organisation ETA hat die spanische Polizei 36 Verdächtige festgenommen. Wie am Dienstag aus Polizeikreisen verlautete, standen die Festgenommenen im Verdacht, der Jugendorganisation Segi der verbotenen Separatistenpartei Batasuna (Einheit) anzugehören. Bei einer groß angelegten Polizeiaktion durchsuchten die Beamten Dutzende von Jugendzentren, Lokalen und Wohnungen in verschiedenen Städten des Baskenlands und der Nachbarregion Navarra. Unter den Festgenommenen waren nach Medienberichten auch die Anführer der Jugendorganisation. Die ETA-nahe Partei Batasuna war 2003 vom obersten spanischen Gerichtshof aufgrund ihrer Unterstützung des Terrors verboten worden. Diese Entscheidung wurde erst kürzlich vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg bestätigt. Die Jugendorganisation Segi war 2007 von der spanischen Justiz als eine terroristische Vereinigung eingestuft worden.

Bayern schickt Polizisten nach Afghanistan

Als letztes Bundesland hat jetzt auch Bayern Polizeiausbilder nach Afghanistan entsandt. Innenminister Joachim Herrmann verabschiedete sechs Beamte, die mit 141 weiteren deutschen Polizisten die Europol-Mission zum Aufbau der afghanischen Polizei unterstützen. Das helfe dem Land, "baldmöglichst selbst für die Innere Sicherheit in Afghanistan zu sorgen", sagte der CSU-Politiker. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Bayern begrüßte die Entsendung. Über 100 Kollegen hätten sich freiwillig gemeldet, sagte der Landesvorsitzende Harald Schneider. Er erwarte, dass in Kürze ein zweites Kontingent folge, auch wenn die seit 2002 laufende Aufbauhilfe gefährlich sei. Bei einem Bombenattentat seien 2007 bei Kabul drei deutsche Polizisten ums Leben gekommen. Die bayerischen Polizisten werden nach Herrmanns Worten ständig Schutzweste und Dienstwaffe tragen, sind mit einem Erste-Hilfe-Paket ausgestattet und auf das Verhalten im Entführungsfall geschult.

ZdK-Präsident Glück ist für die Abschaffung des Zölibats

Der neue Präsident des Zentralkomitees der Katholiken, Alois Glück, spricht sich für eine Abschaffung des Zölibats bei Pfarrern aus. "Ich würde es begrüßen, wenn bewährte, verheiratete Diakone mit einer entsprechenden Fortbildung zur Priesterweihe zugelassen würden", sagte der CSU-Politiker der Bild-Zeitung. Allerdings könne dies nicht nur isoliert für Deutschland entschieden werden. "Die Frage des Pflichtzölibats kann nur innerhalb der Weltkirche gelöst werden", sagte der frühere bayerische Landtagspräsident, der seit vergangenem Freitag an der Spitze der katholischen Laienorganisation in Deutschland steht.

Irakische Parlamentswahl wird offenbar verschoben

Im Irak ist eine Verschiebung der für Januar geplanten Parlamentswahl offenbar beschlossene Sache. Die Abstimmung könne aus juristischer und logistischer Sicht unmöglich wie vorgesehen stattfinden, erklärte Kassim al Abudi von der Wahlkommission am Dienstag. Vizepräsident Tarik al Haschemi deutete an, er werde zum zweiten Mal sein Veto gegen das neue Wahlgesetz einlegen. Er verlangt mehr Mandate für die im Ausland lebenden Iraker. Diese Wählergruppe besteht mehrheitlich aus Sunniten - dieser Glaubensrichtung gehört auch Al Haschemi an.

Der Verfassung zufolge muss die Parlamentswahl im Januar stattfinden. Die Wahlkommission werde aber ein Ergebnis im Streit über das Wahlgesetz abwarten, "bevor wir einen neuen Termin festsetzen", sagte Al Abudi.

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