Politik kompakt:Ägyptens "Indiana Jones" entmachtet

Zahi Hawass verschaffte der ägyptischen Altertumsforschung enorme Popularität. Doch wegen seiner Nähe zum Mubarak-Regime war der Minister umstritten. Nun muss er seinen Posten räumen. Das Land spekuliert unterdessen, ob Mubarak im Koma liegt oder nicht.

im Überblick

Der umstrittene ägyptische Minister für Altertümer, Zahi Hawass, hat im Zuge einer Kabinettsumbildung sein Amt verloren. Er musste am Sonntag seinen Posten räumen, als der ägyptische Ministerpräsident Essam Scharaf mehrere Minister aus dem Kabinett entließ. Er reagierte damit auf eine Forderung der Demonstranten, die keine Mitglieder des gestürzten Regimes von Husni Mubarak in der Übergangsregierung dulden wollten.

Zahi Hawass

Ägyptens "Indiana Jones" entmachtet: Zahi Hawass wurde muss seinen Posten als Altertumsminister räumen.

(Foto: AP)

Hawass leitet die Antikenbehörde seit 2002. In dieser Zeit hatte der Chef-Archäologe die nach Jahrzehnten westlicher Dominanz spektakulär nationalisiert. Im Ausland machte Hawass, dessen Markenzeichen ein "Indiana Jones"-artiger Hut war, viel mit der Rückforderung ägyptischer Altertümer von sich reden - so verlangte er mehrfach die Rückführung der Nofretete-Büste aus Berlin nach Kairo. Der Medienrummel, den Hawass um seine Arbeit veranstaltete, brachte ihm allerdings den Vorwurf ein, vor allem sich selbt zu vermarkten. Nach der politischen Wende in Ägpyten warfen Kritiker ihm zudem vor, dem Mubarak-Regime zu nahe zu stehen. Im April verurteilte zudem ein Kairoer Strafgericht Hawass wegen Missachtung eines früheren Gerichtsurteils in einem Landstreit zu einem Jahr Haft und Zwangsarbeit. Hawass wollte gegen das Urteil vorgehen.

Die Regierungsumbildung kommt zu einem Zeitpunkt, zu dem über die Gesundheit des gestürzten Präsidenten spekuliert wird: Mubaraks Zustand sei stabil, er werde weiter in einem Krankenhaus in Scharm el-Scheich behandelt, sagte Vize-Gesundheitsminister Adel Adawi. Zuvor hatte das Staatsfernsehen unter Berufung auf Mubaraks Anwalt berichtet, der Ex-Präsident sei ins Koma gefallen. Auch das Krankenhaus, in dem er seit Monaten seine Untersuchungshaft verbringt, wies dies zurück.

(dpa/AFP)

Der Internationale Gerichtshof schaltet sich in den Grenzkonflikt zwischen Thailand und Kambodscha ein, Venezuelas Präsident Chávez setzt seine Krebstherapie in Kuba fort und in Marokko demonstrieren Zehntausende für mehr Reformen. Lesen Sie auf den folgenden Seiten weitere Meldungen.

Iran bestätigt Festnahme von WM-Reporterin Ahangarani

Iran hat die Festnahme der iranischen Schauspielerin und Dokumentarfilmerin Pegah Ahangarani bestätigt. Eine informierte amtliche Quelle sagte der Nachrichtenagentur Isna, dass Ahangarani vergangene Woche festgenommen worden sei. Die Justiz untersuche ihren Fall. Weitere Einzelheiten wollte die nicht namentlich genannte Quelle erst nach den Untersuchungsergebnissen bekanntgeben.

Die Künstlerin gehört der oppositionellen iranischen Grünen Bewegung an, die sich im Juni 2009 gegen die Wiederwahl von Präsident Mahmud Ahmadinedschad formiert hatte. Der Sender Deutsche Welle hatte für sie Anfang Juli einen Blog eingerichtet, auf dem sie aus Deutschland über die Frauenfußball-WM berichten sollte. Dem Sender zufolge verzichtete die junge Frau nach Drohungen der Behörden aber auf die Reise.

Bereits Ende Juni hatte die deutsche Regierung gegen die Festnahme der iranischen Fotografin Mariam Madschd protestiert. Die 25-Jährige war am 16. Juni festgenommen worden, am Vorabend ihrer Abreise nach Deutschland, wo sie ebenfalls über die Frauenfußball-WM berichten sollte.

(dpa/AFP)

UN-Gericht ruft Kambodscha und Thailand zu Truppenrückzug auf

Im bewaffneten Grenzkonflikt zwischen Thailand und Kambodscha hat der Internationale Gerichtshof (IGH) beide Seiten zum Rückzug ihrer Truppen aus dem umstrittenen Territorium aufgefordert. Thailand und Kambodscha müssten eine entmilitarisierte Zone rings um die Hindu-Tempelanlage Preah Vihear akzeptieren und jedwede militärische Handlung unterlassen, erklärte IGH-Präsident Hisashi Owada aus Japan im Friedenspalast in Den Haag.

15 der 16 UN-Richter forderten zugleich Thailand auf, Kambodschas freien Zugang zu dem Tempel nicht länger zu stören und die Versorgung der Anlage mit nicht-militärischen Gütern nicht zu behindern. Einstimmig wies der IGH den Antrag Thailands auf Abweisung der von Kambodscha eingereichten Klage zurück. Allerdings konnte sich auch die kambodschanische Regierung nicht voll durchzusetzen. Sie hatte bei dem Gerichtshof eine einstweilige Anordnung allein zum Rückzug thailändischer Truppen von dem Tempel beantragt.

Das Urteil ist bindend für beide Seiten. Jedoch hat der IGH keine eigenen Machtmittel, es auch durchzusetzen. Der Grenzstreit zwischen Thailand und Kambodscha schwelt seit Jahrzehnten. Im Februar hatte der UN-Sicherheitsrat nach einem erneuten Aufflammen von Kämpfen mit mehreren Toten einen Waffenstillstand gefordert.

(dpa)

Chávez setzt in Kuba Krebstherapie fort

Der an Krebs erkrankte venezolanische Staatschef Hugo Chávez hat auf Kuba seine medizinische Behandlung fortgesetzt. Nach seiner Ankunft am Samstagabend twitterte der 56-Jährige am Sonntag aus Havanna, er schlage eine "Schlacht ums Leben". Chávez will sich auf Kuba einer Chemotherapie unterziehen. Seinen Auslandsaufenthalt hatte er sich vom Parlament genehmigen lassen.

Nach langem Zögern übertrug Chávez einen Teil seiner Befugnisse an Vizepräsident Elias Jaua. Allerdings wies der sozialistische Staatschef am Wochenende die Forderung der Opposition zurück, während seiner erneuten Krebsbehandlung in Kuba die Führung des Opec-Staates an seinen Stellvertreter zu übertragen. Jaua und Finanzminister Jorge Giordani erhalten lediglich begrenzte Befugnisse etwa bei Haushaltsfragen und Enteignungen.

Wie lange Chávez in Havanna bleibt, ist ungewiss. Der Staatschef war Anfang Juli nach zwei Krebsoperationen in Kuba zu den Feierlichkeiten zum 200. Jahrestag der Staatsgründung in seine Heimat zurückgekehrt. Viele Venezolaner hatten mit einer wochen- oder sogar monatelangen Behandlung gerechnet.

Der seit zwölf Jahren herrschende Chavez ist weiterhin der einzige erklärte Kandidat für eine weitere sechsjährige Amtszeit, über die im kommenden Jahr abgestimmt wird. Seine Krebserkrankung, die er vor wenigen Wochen öffentlich machte, ließen aber Zweifel aufkommen, ob er dazu noch in der Lage sein wird. Kritiker sagen schon jetzt, es sei für Chavez unmöglich, das Ölförderland mit 29 Millionen Einwohnern von einem kubanischen Krankenhausbett zu regieren.

(dpa/Reuters)

Zehntausende Marokkaner demonstrieren

Zehntausende Menschen sind am Sonntag in Marokko gegen die Verfassungsreform auf die Straße gegangen. Augenzeugen zufolge demonstrierten allein im nördlichen Tanger 12.000 Menschen für weitreichendere Reformpläne. Auch in der größten Stadt Marokkos, in Casablanca, sowie in Rabat kam es zu Protesten.

Neben den Gegnern von König Mohammed, die das jüngste Verfassungsreferendum als unzureichend kritisieren, gingen auch Befürworter der Reform auf die Straße. Ein Lokalpolitiker sagte, in Casablanca hätten sich etwa 1000 Unterstützer und 5000 Gegner an den Protesten beteiligt. Die staatliche Nachrichtenagentur MAP sprach von etwa 20.000 regierungstreuen Demonstranten.

Der Opposition gehen die im Referendum Anfang Juli beschlossenen Reformen nicht weit genug. Sie fordert die Schaffung einer parlamentarischen Monarchie. Damit würden König wie Regierung von gewählten Abgeordneten kontrolliert.

(Reuters)

Putins entzogene Ehrung - Botschafter befremdet

Die Nicht-Vergabe des Quadriga-Preises an Russlands Ministerpräsident Wladimir Putin soll die deutsch-russischen Konsultationen nicht belasten. Aber vor Beginn der bilateralen Gespräche in Hannover kritisierte der russische Botschafter Wladimir Grinin die Vorgänge, die zur Absage der Preisverleihung geführt haben, als "höchst unsympathisch und unanständig".

Er erwartet allerdings keine Auswirkungen auf die deutsch-russischen Konsultationen, die am Abend in Hannover beginnen. "Ich glaube nicht, dass das irgendwie unsere Beziehungen belasten wird", sagte Grinin in der ARD. Putin sollte für seine Verdienste für die deutsch-russischen Beziehungen geehrt werden. Nach heftiger Kritik an seiner Auswahl hatte das gemeinnützige Netzwerk Quadriga entschieden, in diesem Jahr überhaupt keine Preise zu vergeben.

Auch die Bundesregierung hält die Entscheidung für unwichtig, wenn es um die Konsultationen geht: Auch wenn Russlands Ministerpräsident Wladimir Putin den Preis nun nicht erhalte, seien die Gespräche beider Länder nicht belastet, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.

FDP-Außenexperte Rainer Stinner hält den ganzen Quadriga-Preis für verzichtbar. Er habe manchmal das Gefühl, dass es dabei eher darum gehe, dass die Preisverleiher mal Prominenz erlangen, sagte Stinner. "Von daher wäre es für mich jedenfalls kein sehr großer Verlust, wenn dieser, einer von vielen Preisen, nicht mehr verliehen würde." Stinner erwartet nicht, dass "eine private Initiative", die einen Preis verleihe und ihn dann wieder zurückziehe, die Konsultationen "wesentlich eintrüben" könne.

(dapd)

Gaza-Aktivisten unterwegs zu palästinensischer Küste

Propalästinensische Aktivisten wollen am Dienstag mit einem Schiff die Küste des Gaza-Streifens erreichen. Die Dignity al Karama bewege sich derzeit in internationalen Gewässern und werde voraussichtlich nach Tagesanbruch in das gesperrte Gebiet einfahren, sagte Aktivisten-Sprecher Thomas Sommer.

An Bord des französischen Schiffes, das den Angaben zufolge am Samstag in Griechenland ablegte, seien 16 Aktivisten und Journalisten. Ursprünglich war eine Durchbrechung der Blockade des Gaza-Streifens mit einer größeren Protest-Flotte geplant. Deren Ablegen wurde von den griechischen Behörden aber verhindert. Die israelischen Streitkräfte haben angekündigt, alle Schiffe auf dem Weg zu dem palästinensischen Küstenstreifen abzufangen.

Eine Harte Linie fahren die israelischen Behörden offenbar auch in punkto Wohnungsbau: Inmitten der diplomatischen Bemühungen um eine Wiederaufnahme der festgefahrenen Friedensgespräche zwischen Israelis und Palästinensern will das israelische Ministerium für Wohnungsbau mehr als 300 Apartments in jüdischen Siedlungen im Westjordanland errichten lassen. Ministeriumssprecher Ariel Rosenberg erklärte bei Bekanntgabe der Ausschreibungen, mit den Bauarbeiten würde voraussichtlich innerhalb eines Jahres begonnen werden. In etwa drei Jahren sollten die 336 Wohnungen fertiggestellt sein. Die Palästinenser machen einen Stopp des jüdischen Siedlungsbaus zur Bedingung für die Fortsetzung direkter Friedensgespräche mit Israel.

(dapd)

Angriff auf chinesische Polizeistation - Mehrere Tote

Bei einem Anschlag auf eine Polizeistation in Hotan in der nordwestchinesischen Unruheprovinz Xinjiang hat es mehrere Tote gegeben. "Mehrere Aufrührer" seien erschossen worden, berichtete die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua unter Berufung auf das Polizeiministerium in Peking. Sie hätten die Station angegriffen, Geiseln genommen und das Gebäude in Brand gesetzt.

Unter den Toten sollen zwei Angehörige der Sicherheitskräfte und zwei Geiseln sein. Die Polizei sei schnell mobilisiert worden und habe sechs Geiseln befreit, meldete Xinhua weiter. Es habe auch Verletzte gegeben. Offiziere der nationalen Anti-Terror-Kräfte seien entsandt worden, um die Ermittlungen zu leiten. Weitere Einzelheiten der Attacke wurden zunächst nicht bekannt.

In der von muslimischen Uiguren bewohnten Nordwestregion kommt es immer wieder zu Unruhen und gewaltsamen Zwischenfällen. Peking wirft uigurischen Gruppen separatistische Bemühungen und Terrorismus vor. Die Uiguren fühlen sich von den Chinesen benachteiligt und politisch unterdrückt.

(dpa)

Verfahren gegen Berlusconi bleibt in Mailand

Die Anwälte Silvio Berlusconis sind bei dem Versuch gescheitert, sein Verfahren wegen des Vorwurfs von bezahltem Geschlechtsverkehr mit einer Minderjährigen an ein anderes Gericht zu verlegen. Ein Richter in Mailand, wo der Fall verhandelt wird, wies einen entsprechenden Antrag zurück. Die Anwälte hatten eine Verlegung vor ein Ministertribunal angestrebt.

Mit der Entscheidung ist der Weg frei für die Anhörung von Zeugen. Das Verfahren ist eines von vier gegen den italienischen Ministerpräsidenten, die derzeit vor Mailänder Gerichten verhandelt werden. Berlusconi weist alle Vorwürfe zurück und sagt, die Mailänder Gerichte seien politisch voreingenommen.

(dapd)

Rebellen - Haben fast alle Gaddafi-Truppen aus Brega vertrieben

Die Truppen des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi haben sich nach Rebellenangaben weitgehend aus der umkämpften Ölstadt Brega zurückgezogen. Die meisten Gaddafi-Milizen hätten die östliche Hafenstadt verlassen und etwa 100 Kilometer weiter westlich in der Stadt Ras Lanuf Stellung bezogen, sagte ein Sprecher der Rebellen per Telefon.

Wegen der vielen Minen, die Gaddafis Truppen an Straßen und Gebäuden hinterlassen hätten, werde es aber noch eine Weile dauern, bis die Aufständischen die Stadt mit ihrer wichtigen Ölinfrastruktur vollständig unter Kontrolle hätten. Über Monate war Brega die östlichste Stadt unter Kontrolle von Gaddafi. Sollten sich die Angaben bewahrheiten, wäre dies ein wichtiger Erfolg für die Aufständischen.

Nach Angaben des Rebellensprechers hat sich die Kampflinie nun weiter nach Westen verlagert. "Die meisten unserer Truppen sind jetzt an Brega vorbeigezogen und unterwegs nach Bischr und Ugaila", sagte Rebellensprecher Schamsiddin Abdulmolah. Dort werde es zu den nächsten Zusammenstößen kommen.

(Reuters)

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