Auch weisen Kritiker darauf hin, dass aus den Einnahmen zunächst zwölf Prozent Zinsen pro Jahr für die im Volksmund "Sisis-Anleihe" genannten Anteilsscheine zu zahlen sind; nach fünf Jahren ist dann das eingesammelte Kapital von 8,2 Milliarden Dollar fällig. Mit der Anleihe finanziert der Staat das Projekt. Die Ägypter brachten die Summe in nur acht Tagen auf. Das Regime wertet das als Unterstützung des Volks für den "großen ägyptischen Traum".
Gemäß dieser Vision soll am Kanal bis 2030 eine neue Industrie- und Wirtschaftszone entstehen, mit 76 000 Quadratkilometern etwas größer als Bayern. Sie soll nicht zuletzt den Konzentrationsdruck auf den Ballungsraum Kairo abschwächen und einer Million Menschen Arbeit bieten.
Ägypten hofft auf international führende Umschlagplätze
Der erste Schritt ist der Bau neuer Straßen- und Eisenbahntunnel unter dem Kanal, die den geografisch isolierten, politisch und bis auf den Tourismus lange auch wirtschaftlich vernachlässigten Sinai besser ans Festland anbinden sollen. Damit soll im November begonnen werden; die Finanzierung stammt noch aus dem Anleihen-Programm. Gebiete im Norden der Halbinsel sind in den vergangenen Jahren zum Tummelplatz islamistischer Terroristen geworden.
In der zweiten Phase sollen bestehende Häfen beiderseits des Kanals in Port Saïd und das Containerterminal ausgebaut werden - sowie der Hafen von al-Arisch. Das allerdings erscheint angesichts der Angriffe der Terrormiliz Islamischer Staat dort vorerst unrealistisch. Zudem ist geplant, die am Golf von Suez gelegenen Quais von Ain Sokhna und Adabia zu erweitern und auf dem Sinai einen neuen Hafen zu bauen.
Die Regierung hofft, begünstigt von der Lage an der Landbrücke zwischen Afrika und Asien sowie der Nähe zu Europa, die Häfen zu international führenden Umschlagplätzen zu entwickeln und für die Schiffe Wartung und Serviceleistungen anzubieten. Zudem will sie Unternehmen ansiedeln, für die eine Anbindung an den Schiffsverkehr günstig ist: Raffinerien, petrochemische Industrie, Metallproduktion und -verarbeitung, Autoindustrie, Textil- und Holz verarbeitende Betriebe sowie Glashütten.