Der Präsident hob nur einen Finger, aber es war ein Fingerzeig mit Folgen. Vor einem Jahr, beim Spatenstich für den neuen Suezkanal, so will es die Legende, entschied Abdel Fattah al-Sisi, die Bauzeit zu verkürzen - von drei Jahren auf nur noch eines. Dafür stand der eine Finger.
Es ist gelungen - und so wird die Eröffnungszeremonie an diesem Donnerstag auch zu einer Huldigung der Tat- und Entscheidungskraft des zum Staatschef gewandelten Generals werden, zur Glorifizierung der Politik dieses noch immer weitgehend vom Militär kontrollierten Regimes. 6000 offizielle Gäste, geschützt von zigtausend Polizisten und Soldaten, sollen sehen, wie Ägypten sich seiner selbst versichert. Und im ganzen Land werden die Menschen vor öffentlich aufgestellten Bildschirmen und bei Feiern daran teilhaben können.
Das Militär spielt eine zentrale Rolle
Mit Mega-Projekten und zentraler staatlicher Planung will Sisi die lahmende Wirtschaft des 90-Millionen-Einwohner-Landes wieder in Gang bringen, nach vier Jahren Krise und zwei Umstürzen. Angestrebt sind Wachstumsraten von sieben Prozent, so wie vor der Revolution 2011. Die gängige Unterdrückung rechtfertigt das Regime mit dem Hinweis, politische Stabilität sei Voraussetzung für Entwicklung und die dringend nötigten Investitionen aus dem Ausland.
Eine zentrale Rolle bei den meisten dieser Vorhaben spielt das Militär, das über ein eigenes Wirtschaftsimperium gebietet. Beim neuen Suezkanal ist das nicht anders, ebenso bei der geplanten neuen Verwaltungshauptstadt, sollte sie denn je gebaut werden. Zwischen fünf und 40 Prozent der Wirtschaft soll es laut Schätzungen kontrollieren. Der Unterschied lässt erahnen, wie intransparent dieses Schattenreich ist. Offizielle Zahlen gibt es nicht.
Der Ausbau des Kanals dient zuerst dem Ziel, die Deviseneinnahmen des klammen Staates zu erhöhen. Neben Überweisungen von Auslandsägyptern und Einnahmen aus dem Tourismus sind die Kanalgebühren die wichtigste Quelle harter Währung - und die einzige, die direkt dem Staat zugutekommt. Die Kanalbehörde will die Einnahmen von zuletzt 5,3 Milliarden Dollar pro Jahr bis 2023 auf 13,2 Milliarden steigern; manche Experten bezeichnen diese Prognosen allerdings als übermäßig optimistisch.
Die Schiffseigner-Vereinigung International Chamber of Shipping hält ein Wachstum analog zum globalen Warenaustausch von etwa drei Prozent pro Jahr für realistisch - das würde für so einen Anstieg kaum reichen. Die Gebühren richten sich allerdings nach einem komplexen System, das sich an der Klassifizierung der Schiffe und den Kosten für Alternativrouten orientiert, so dass sich die Zuwachsraten nicht direkt übertragen lassen.