Politbarometer:Wahlerfolg macht Westerwelle sympathisch

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Über 80 Prozent der Bundesbürger sind laut Politbarometer mit dem Ergebnis der Bundestagswahl unzufrieden. Trotzdem würde kaum jemand in Kenntnis des Ausgangs anders entscheiden. Die Union hat aber offenbar Leihstimmen für die FDP zurückgewonnen. Der Chef der Liberalen erfreut sich hingegen ungeahnter Beliebtheit.

Die CDU/CSU käme demnach auf 37 Prozent (1,8 Prozentpunkte mehr als bei der Wahl) und die SPD auf 35 Prozent (plus 0,7). FDP, Linkspartei und Grüne könnten jeweils mit acht Prozent der Stimmen rechnen (FDP: minus 1,8, Linkspartei: minus 0,7, Grüne: minus 0,1).

Demnach hätten weiterhin weder Union und FDP noch SPD und Grüne eine Regierungsmehrheit. 80 Prozent der Befragten äußerten sich unzufrieden mit dem Wahlergebnis vom vergangenen Sonntag. Zugleich gaben aber 87 Prozent an, sie hätten selbst bei Kenntnis des Wahlausgangs nicht anders gewählt.

47 Prozent plädieren für rasche Neuwahlen, 50 Prozent lehnen dies ab. Eine am Donnerstag veröffentlichte Emnid-Umfrage hatte dagegen ermittelt, dass 73 Prozent der Bundesbürger gegen nochmalige Neuwahlen sind.

Deutlicher als bei der Sonntagsfrage ist laut Politbarometer der Zugewinn für die Union bei der politischen Stimmung, wo die CDU/CSU auf 41 Prozent zulegt. Die SPD verbessert sich hier auf 35 Prozent und die Grünen auf neun Prozent. Die FDP verschlechtert sich auf acht Prozent und die Linkspartei auf sechs Prozent. Bei der Sonntagsfrage werden anders als bei der politischen Stimmung längerfristige Überzeugungen der Wähler und Bindungen an die Parteien stärker berücksichtigt.

Unionsanhänger bevorzugen Jamaika-Koalition

Keine der aktuell diskutierten Koalitionsvarianten wird von den Befragten mehrheitlich unterstützt. Die relativ größte Unterstützung hätte eine große Koalition die 45 Prozent gut und 43 Prozent schlecht finden. Für eine Regierung aus CDU/CSU, FDP und Grünen sprechen sich 36 Prozent aus (50 Prozent dagegen).

Eine Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP befürworten 30 Prozent (54 Prozent dagegen). Ein Bündnis aus SPD, Grünen und Linkspartei befürworten nur 15 Prozent (75 Prozent dagegen). Eine Minderheitsregierung lehnen 74 Prozent der Befragten grundsätzlich ab.

Dabei stehen die Unionsanhänger einer so genannten Jamaika-Koalition mit FDP und Grünen wesentlich aufgeschlossener gegenüber (64 Prozent) als einer großen Koalition (41 Prozent). Dagegen beurteilen die Anhänger der SPD eine große Koalition mehrheitlich positiv (54 Prozent), aber auch eine Ampelkoalition (51 Prozent) findet hier gleichermaßen Unterstützung.

Wenn es zu einer Regierung unter Führung der CDU/CSU kommt, wünschen sich 58 Prozent Angela Merkel als Bundeskanzlerin, 37 Prozent sähen die Position lieber anders besetzt. In der eigenen Anhängerschaft sind 75 Prozent für Merkel. Für den Fall einer SPD-geführten Bundesregierung sprechen sich 62 Prozent der Befragten für Gerhard Schröder aus, 33 Prozent wollen dann lieber jemand anderen. Unter den SPD-Anhängern verfügt Schröder mit 91 Prozent aber über sehr starken Rückhalt.

Westerwelle deutlich beliebter

Bei der Beurteilung der zehn wichtigsten Politiker liegt der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) weiterhin auf Platz eins, mit einem verbesserten Durchschnittswert von 1,9 auf der Skala von minus fünf bis plus fünf (vor zwei Wochen: 1,6). Danach folgt der CDU-Finanzexperte Friedrich Merz mit 1,6 (1,2) vor Außenminister Joschka Fischer (Grüne) mit 1,4 (0,9). Merkel liegt mit 1,1 (1,0) auf Platz vier vor Schröder, der mit 0,8 (1,2) klar an Ansehen verliert.

Besonders stark aufgestiegen ist FDP-Chef Guido Westerwelle mit 0,6 (minus 0,4). Es folgt SPD-Chef Franz Müntefering mit 0,4 (0,3) und dann im negativen Bereich CSU-Chef Edmund Stoiber mit minus 0,6 (minus 0,7). Am Schluss bleiben die Linkspartei-Spitzenkandidaten Gregor Gysi mit minus 1,3 (minus 1,1) und Oskar Lafontaine unverändert mit minus 1,9.

Für das Politbarometer wurden in der Zeit vom 20. bis 22. September 1345 zufällig ausgewählte Wahlberechtigte telefonisch befragt. Die Fehlertoleranz gibt die Forschungsgruppe Wahlen für die großen Parteien mit 2,7 Prozentpunkten an, für die kleineren mit 1,4 Punkten.

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