Polit-Possen im Saarland:Museumsmillionen, Doraden-Debakel - und jetzt Fußball

  • Im kleinen Saarland haben die beiden Regierungsparteien CDU und SPD mit mehreren Affären zu kämpfen.
  • Nach einer missglückten Meeresfischzucht und einem überteuerten Museumsbau geht es nun um Sport.
  • Der Staatsanwalt interessiert sich für die kostspielige Fußballmannschaft der SPD-Fraktion.

Von Susanne Höll, Frankfurt

Für seine Größe - es sind gerade einmal 2570 Quadratkilometer - ist das Saarland reich an Affären und Affärchen. Gebürtige Saarländer sagen, die Größe sei eine bedeutsame Ursache für diese Malaise. Fast jeder kennt jeden, man hilft sich gern untereinander und, ganz wichtig, man hält zusammen, wenn Restdeutschland über den kleinen Fleck im Südwesten Deutschlands spotten sollte.

Die Affären, mit denen die Regierungsparteien CDU und SPD zu kämpfen haben, laden ein zu Witzen, lächerlich aber sind sie keinesfalls. Die Generalstaatsanwaltschaft in Saarbrücken gab am Dienstag bekannt, dass sie gegen Landesjustizminister Reinhold Jost (SPD), zuständig auch für Umweltdinge und Verbraucherschutz, ermittelt, wegen des Anfangsverdachts der Untreue. Es geht nicht um ein Vergehen im Ministeramt - Jost ist erst seit Anfang 2014 im Kabinett - sondern um äußerst fragwürdige Praktiken aus der jüngeren Vergangenheit. Sie betreffen die "Roten Hosen", eine bis vor nicht allzu langer Zeit kräftig aus Steuermitteln finanzierte Fußballmannschaft der SPD-Landtagsfraktion.

Dem saarländischen Landesrechnungshof fiel vor Jahresfrist auf, dass diese Elf auffallend viel Geld aus Fraktionsmitteln der Sozialdemokraten erhielt, dass einige Rechnungen äußerst dubios waren, und dass überhaupt in der Fraktionsbuchführung große Unordnung herrschte. Recherchen ergaben, dass zwei ehemalige Mitarbeiter der Fraktion - ein Fahrer und ein Buchhalter - offenbar mit gefälschten Rechnungen in die eigene Tasche wirtschafteten. Den Zuständigen der SPD aber war jahrelang nichts aufgefallen.

Nicht zuständig für akkurate Buchhaltung

Chef der Fraktion war der heutige Bundesjustizminister Heiko Maas - nach eigenem und allgemeinem Bekunden persönlich nicht zuständig für akkurate Buchhaltung. Verantwortlich war der damalige Parlamentarische Geschäftsführer Stefan Pauluhn. Das Verfahren gegen ihn wurde gegen Zahlung von 10 000 Euro unlängst eingestellt.

Auch Jost war seinerzeit Parlamentarischer Geschäftsführer. Er zeichnete, so die Staatsanwaltschaft, drei Rechnungen für Reisen und Feiern der Mannschaft ab, an denen jeweils höchstens zwei Fraktionsmitglieder teilgenommen haben - Maas und Paulhun. Das habe mit Fraktionsverpflichtungen und Öffentlichkeit wenig zu tun, befinden die Ermittler. "Im Sinne eines Anfangsverdachts ist davon auszugehen, dass Herr Jost in den hier aufgeführten Fällen durch die Veranlassung der Zahlungen zu Lasten der Fraktion diese (ihm obliegende) Vermögensbetreuungspflicht (der Fraktionsgelder) in klarer, evidenter Weise verletzt hat", argumentieren die Staatsanwälte. Jost will sich erklärtermaßen dem Verfahren stellen.

Auch die CDU-Fraktion spielt gerne Ball

Als die seltsamen SPD-Praktiken im Saarland publik wurden, reagierte die CDU - der größere Koalitionspartner - schnell und diskret. Rechtlich offenkundig unproblematische Zuwendungen der CDU-Fraktion an eine eigene schwarze Landtags-Fußballmannschaft wurden umgehend eingestellt, Häme über den Regierungspartner wurde nicht laut. Kein Wunder, man kennt sich und regiert gemeinsam.

Und die CDU hat ihre eigenen Affären und Affärchen: Zwei Untersuchungsausschüsse des Landtages beschäftigen sich mit eigentümlichen Vorgängen. Etwa der Frage, warum ein Anbau an das saarländische Landesmuseum nun fast 40 statt der ursprünglich verkündeteten neun Millionen Euro kosten wird. Politisch verantwortlich ist die damalige Kultusministerin und heutige Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU). Als die SPD noch in der Opposition war, also bis Anfang 2013, wetterte sie lautstark gegen Kramp-Karrenbauer. Inzwischen ist das etwas anders.

Ein zweiter Untersuchungsausschuss möchte klären, warum das Wasser in den ehemaligen Bergbaugruben des Landes stetig steigt und ob das womöglich gefährlich ist. Ob und wer aus welcher Partei gegebenenfalls die Verantwortung dafür trägt, ist offen.

Das Doraden-Debakel

Beim dritten Untersuchungsausschuss, der nächste Woche im Landtag beantragt werden soll, ist das anders. Da geht es um die Frage, ob auch die seither CDU-geführte Landesregierung Mitverantwortung für das kostspielige Meeresfisch-Debakel der ehemaligen Stahlstadt Völklingen trägt. Die CDU-regierte Kommune hatte sich 2007 in den Kopf gesetzt, auf einer ehemaligen Kokerei-Fläche eine Meeresfisch-Zuchtanlage zu bauen und künftig die heimische Bevölkerung mit Wolfsbarsch, Doraden und Kaviar aus eigener Produktion zu beglücken.

Das Unterfangen ging kolossal schief, der saarländische Steuerzahler wird mutmaßlich mit mehr als 20 Millionen Euro dafür büßen müssen. Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer, damals als Innenministerin für die Aufsicht über kommunale Dinge zuständig, hätte die eigentümliche Investition womöglich stoppen können, zumal es in ihrem damaligen Haus Einwände gegen das Projekt gab.

Das Fisch-Debakel und der vermaledeite Museumsanbau haben den saarländischen Steuerzahler weitaus mehr Geld gekostet als die Fußball-Affäre. Aber gemessen an seinem eigenen Wohlstand scheint in und um Saarbrücken bisweilen ein sehr freizügiger Umgang zu herrschen. Zur Erinnerung: Das Saarland wäre ohne Hilfen des Bundes und der anderen Länder längst pleite.

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