Süddeutsche Zeitung

Parlamentswahlen in Polen:PiS bleibt stärkste Kraft

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Von Florian Hassel, Warschau

Polens Regierung hat bei der Parlamentswahl ihre absolute Mehrheit verteidigt und kann bis 2023 weiterregieren. Laut einer Prognose der Agentur Ipsos bekam die nationalpopulistische Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) 43,6 Prozent der Stimmen. Das größte Oppositionsbündnis "Bürgerkoalition" kam auf 27,4 Prozent, ein Bündnis dreier linker Parteien auf 11,9 Prozent. Ein Zusammenschluss der Bauernpartei PSL und des Ex-Rocksängers Paweł Kukiz erzielte 9,6 Prozent der Stimmen, das ultrarechte Bündnis Konföderation 6,4 Prozent. Amtliche Ergebnisse wurden erst für diesen Montag erwartet.

Der Prognose zufolge kommt die PiS im künftigen Parlament auf 239 Mandate - acht mehr als bei 460 Abgeordneten für die absolute Mehrheit erforderlich sind. Die Bürgerkoalition stellt demnach 130 Abgeordnete, die Linken 43, die Bauernpartei 34 und die Konföderation 13. Ein Mandat geht an den Vertreter der deutschen Minderheit in Polen. Für den Fall, dass die Konföderation nach Auszählung der Stimmen den Einzug ins Parlament doch verpasst, würden die verbleibenden Parteien davon profitieren und die absolute Mehrheit der PiS noch deutlicher ausfallen.

Allerdings verfehlt die PiS offenbar ihr selbst gestecktes Maximalziel, eine Zweidrittelmehrheit, die Verfassungsänderungen möglich macht. Ihre Mandatsmehrheit dürfte auch nicht ausreichen, um ein Veto des Präsidenten gegen verabschiedete Gesetze zu überstimmen. Polens Präsident Andrzej Duda wird ebenfalls von der PiS gestellt und setzte in den vergangenen Jahren etliche verfassungswidrige oder dem EU-Recht widersprechende Gesetze mit seiner Unterschrift in Kraft.

Sowohl Regierung als auch Opposition hatten die Parlamentswahl zuvor als die wichtigste seit Ende des Kommunismus vor 30 Jahren bezeichnet: die Regierung, um Änderungen dauerhaft zu machen, die Opposition, um eben diese Änderungen rückgängig zu machen, mit denen die PiS die Unabhängigkeit des Verfassungsgerichts und etlicher anderer Teile der Justiz ebenso beseitigte wie die anderer Staatsinstitutionen. Auch viele Polen hielten die Wahl für bedeutsam: Mit 61,1 Prozent war die Beteiligung rund zehn Prozent höher als 2015 und fast so hoch wie bei der ersten freien Wahl nach Ende des Kommunismus 1989 (62,7 Prozent).

Am Ergebnis - der Bestätigung der PiS-Regierung im Amt - änderte dies nichts. Laut der Prognose bekam die PiS nach 37,6 Prozent bei der Wahl 2015 diesmal gleich sechs Prozent mehr. Seit 2015 erkaufte sie sich die Zustimmung vieler Polen mit Sozialprogrammen wie einem neuen Kindergeld. Im Sommer vor dieser Wahl traten weitere Sozialprogramme und Steuerbefreiungen in Kraft; eine Woche vor dem Urnengang versprach PiS-Chef Jarosław Kaczyński, Polens eigentlicher Regierungschef, eine Verdoppelung des Mindestlohns, eine 13. und 14. Rente und weitere Wohltaten.

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Quelle:
SZ vom 14.10.2019
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