Reaktionen auf die Ukraine-Politik der USAZwischen Entsetzen und Begeisterung

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Polen hatte schon offiziellen Besuch aus den USA: Vergangenen Woche traf US-Verteidigungsminister Pete Hegseth (li.) den PiS-nahen Präsidenten Andrzej Duda.
Polen hatte schon offiziellen Besuch aus den USA: Vergangenen Woche traf US-Verteidigungsminister Pete Hegseth (li.) den PiS-nahen Präsidenten Andrzej Duda. (Foto: Radek Pietruszka/dpa)

Die polnische PiS-Partei gehört zu Trumps größten Fans und wandelt sich zum Ukraine-Kritiker. Der Premier der Slowakei fliegt zum Treffen der Rechtspopulisten in die USA. Tschechien stemmt sich gegen die neue US-Rhetorik.

Von Viktoria Großmann, Warschau

Man brauche „eine große Portion Zynismus“, um den Präsidenten eines Landes, das sich seit drei Jahren gegen den Angriff einer benachbarten Atommacht verteidige, einen Diktator zu nennen. So formulierte Petr Pavel, der tschechische Präsident, seine Antwort auf die Worte von US-Präsident Donald Trump über den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij. Pavel, ein früherer Nato-General, spricht gern deutlich. An diesem Sonntag wird er auf einer Kundgebung zur Unterstützung der Ukraine auftreten, zu der die gemeinnützige Organisation „Eine Million Augenblicke für die Demokratie“ aufgerufen hat. Zu jedem Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine am 24. Februar 2022 hat bisher eine solche Demonstration im Zentrum von Prag stattgefunden.

Weder aus Warschau noch aus Bratislava waren so klare Worte zu Trumps Äußerungen zu hören. Und dass sich Präsident Andrzej Duda in Polen oder Peter Pellegrini in der Slowakei auf einer Veranstaltung blicken lassen würden, die von einer überparteilichen Gruppe von Bürgern organisiert wird, ist undenkbar.

Zu Trumps Wahlsieg applaudierte die PiS-Fraktion stehend

Unruhe löst das Verhalten der US-Regierung allerdings auch in Polen aus. Präsident Duda hat für Montag den Nationalen Sicherheitsrat einberufen. Anlass für eine Begegnung mit Ministerpräsident Donald Tusk – die beiden haben kaum persönlichen Kontakt und machen kein Geheimnis daraus, sich nicht leiden zu können. Duda steht der rechtsnationalistischen PiS nahe. Diese bezeichnet Tusks liberalkonservative Koalition gern als illegitim, wirft ihm staatsstreichartiges Regieren vor. Außerdem ist auch schon wieder Wahlkampf, im Mai wird ein neuer Präsident gewählt. An diesem Samstag will Duda zu einem Gespräch mit Präsident Trump nach Washington fliegen.

Die PiS-Partei und Andrzej Duda pflegten mit der ersten Trump-Regierung ein herzliches Verhältnis. Duda traf Trump – anders als Pavel – mehrmals persönlich. Nicht nur in dessen erster Amtszeit, sondern auch vergangenen Mai in New York. Zu Trumps Wahlsieg applaudierte die PiS-Fraktion im Sejm, dem Parlament, stehend. Diese Trump-Begeisterung teilt die PiS mit dem russlandfreundlichen slowakischen Premier Robert Fico.

Fico hat in dieser Woche nur knapp und wohl noch nicht endgültig seine Regierungsmehrheit gerettet, fand aber Zeit, Elon Musk einen Brief zu schreiben. Er bat um die Namen der Organisationen, die von dem abgeschafften Hilfsprogramm USAID Geld erhalten hatten. Denn Fico betrachtet die Empfänger als potenziell staatsfeindlich.

Ficos Verhalten ist immerhin stimmig: Er steht zu Moskau und ist ein Bewunderer von Trump. Doch für die PiS wird es haarig. Denn bisher hatten sich deren Vertreter zur Unterstützung der Ukraine bekannt. Die damalige PiS-Regierung hatte gleich zu Beginn des Krieges umfassende Waffenlieferungen veranlasst – mehr und schneller als alle anderen Europäer. Zudem unterstellt die PiS Russland, es sei schuld am Flugzeugabsturz von Smolensk im April 2010, bei dem der damalige Präsident Lech Kaczyński starb.

Auf Deutschland „mit seinen alten Helmen“ könne man bei Verhandlungen verzichten

Selenskij habe viele enttäuscht, sagte nun der Präsidentschaftskandidat der PiS-Partei, Karol Nawrocki. Der ukrainische Präsident zahle „den Preis für seine Illoyalität gegenüber jenen, die ihm geholfen haben“, sagte der 41-Jährige, der Leiter des Instituts für Nationales Gedenken, IPN, ist. Einen Tag später setzte er in einem Interview mit Wirtualna Polska nach, Selenskij behandle Polen nicht wie einen Partner. Der EU und Deutschland warf er eine Mitschuld am Krieg in der Ukraine vor, das Nord-Stream-Geschäft habe Putin zum Überfall ermutigt.

An Friedensverhandlungen sollten Nawrocki zufolge dennoch die Ukrainer teilnehmen, außerdem die USA, Russland und Polen. Auf die EU, die sich mit „Ökowahnsinn und ideologischen Kriegen“ befasse, könne man verzichten, ebenso auf Frankreich und Deutschland „mit seinen alten Helmen“. Dieser Vorwurf ist zwar tatsächlich ein alter Hut, da Deutschland längst der größte europäische Unterstützer der Ukraine ist, aber immer noch Standard-Aussage der PiS-Partei.

Einig sind sich die verfeindeten politischen Lager Polens derzeit anscheinend nur darin, lieber keine Truppen zur Friedenssicherung entsenden zu wollen. Präsident Duda hat weiterhin Hoffnung auf eine noch stärkere Truppenpräsenz der USA in Polen, schwärmt von dem in Trumps erster Amtszeit versprochenen „Fort Trump“.

Im Dezember besuchte der slowakische Ministerpräsident Robert Fico zu Wladimir Putin, jetzt reist er zum Rechten-Treffen nach Washington.
Im Dezember besuchte der slowakische Ministerpräsident Robert Fico zu Wladimir Putin, jetzt reist er zum Rechten-Treffen nach Washington. (Foto: Gawriil Grigorow/Sputnik/dpa)

Polen hatte, anders als die anderen EU-Länder, bereits offiziellen Besuch von US-amerikanischen Regierungsvertretern. In der vergangenen Woche besuchte Verteidigungsminister Pete Hegseth US-Truppen und traf sich dann mit Präsident Duda. Am Dienstag sprach dieser auch mit General Keith Kellogg. Die polnische Regierung war in diese Gespräche nicht eingebunden. Premier Tusk reiste allerdings am Montag zum Treffen in Paris.

Europa müsse „Geld und Waffen auf den Tisch legen“, findet Tschechiens Ministerpräsident

Tschechien und die Slowakei waren dort nicht präsent – wie andere kleinere Länder. Dabei ist auch die tschechische konservative Regierung unter Petr Fiala ein engagierter Unterstützer der Ukraine. Nach dem Video-Treffen am Mittwoch erklärte Fiala, die EU müsse „Geld und Waffen auf den Tisch legen“, damit sie ernst genommen werde. Tschechien, das 1999 der Nato beitrat, wollte 2024 erstmals nach 20 Jahren wieder zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Verteidigung ausgeben.

In der Slowakei erklärte Präsident Peter Pellegrini in dieser Woche bei einem Besuch von Nato-Generalsekretär Mark Rutte, dass die Ukraine Gebietsverluste werde hinnehmen müssen. Mit einem Nato-Beitritt könne das Land nicht rechnen. Dass zwei Großmächte, „die dafür jegliche Macht besitzen“, begonnen hätten, über den Frieden in der Ukraine zu verhandeln, sei aus slowakischer Sicht „logisch“, sagte Pellegrini.

Ministerpräsident Fico, der Selenskij als „Feind der Slowakei“ bezeichnet und oft die Nato für den Krieg in der Ukraine verantwortlich machte, traf sich nicht mit Rutte, sondern flog in die USA zur CPAC, einem Treffen rechtspopulistischer Politiker. Auch dabei: polnische PiS-Politiker. Im Inland schlägt Fico für seine Russland-Nähe wachsender Protest entgegen: Am Freitag waren Kundgebungen in 60 Orten des 5,4-Millionen-Einwohner-Landes angekündigt.

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