Polen:Ministerwechsel mitten in der Krise

Polens Außenminister Czaputowicz tritt zurück

Er galt als das freundliche Gesicht Polens im Ausland: Jacek Czaputowicz war seit 2018 Außenminister des Landes. Am Donnerstag trat er zurück.

(Foto: Radek Pietruszka/dpa)

Polens Regierungspartei PiS baut das Kabinett um. Kritiker sprechen von Chaos - ­in einem schwierigen Moment.

Von Viktoria Großmann

Mitten in der Krise in Belarus hat Polen seinen Außenminister ausgetauscht. Jacek Czaputowicz hatte diesen Schritt schon vor einigen Wochen annonciert und vollzog ihn am Donnerstag. Der Wechsel im Außenministerium ist Teil des von der Regierungspartei PiS angestrebten Kabinettsumbaus, den der Parteivorsitzende Jarosław Kaczyński für September angekündigt hatte. Anfang der Woche waren bereits Gesundheitsminister Łukasz Szumowski sowie sein Stellvertreter zurückgetreten. Außerdem die stellvertretende Digitalisierungsministerin Wanda Buk.

"Das PiS-Kabinett implodiert", schrieb die polnische Tageszeitung Gazeta Wyborcza und kritisierte den Abgang zweier Minister in Schlüsselfunktionen mitten in Krisensituationen. Auch in Polen steigen derzeit die Neuinfektionen mit dem Coronavirus wieder an, am Freitag wurden 903 neue Fälle gemeldet. Dem Universitätskrankenhaus Krakau könnten die Betten ausgehen, wenn die Zahlen weiter so stiegen, warnte schon am Mittwoch der Direktor der Klinik. Zudem muss die Regierung ein Konzept für den Schulbeginn am 1. September vorlegen. Gesundheitsminister Szumowski galt zunächst als guter Krisenmanager und schien zum neuen Superstar der PiS-Riege aufzusteigen, dann wurden Korruptionsvorwürfe im Zusammenhang mit der Beschaffung medizinischen Bedarfs laut. Doch Szumowski blieb ihm Amt. Seine Ankündigung, er wolle nun in seinen Beruf als Arzt zurückkehren, kam überraschend. Mittlerweile ist ein Nachfolger ernannt.

Außenminister Czaputowicz hingegen hatte schon länger erklärt, er wolle nur noch die Präsidentenwahl im Juli abwarten. Ihm wurde etwa die schlechte Organisation der Wahlen für die im Ausland lebenden Polen vorgeworfen. Dass er mitten in der Krise in Belarus zurücktritt, in der Polen als Nachbarland und langjähriger Unterstützer demokratischer Kräfte in Belarus eine Schlüsselrolle spielen könnte, gilt Kommentatoren als weiterer Beleg für das Chaos innerhalb der Regierungspartei. Die Aktivistenplattform Akcja Demokracja kritisierte den Rücktritt auf Facebook "als Fahnenflucht", der Polens Vermittlerposition schwäche.

Am Donnerstagabend wurde der Nachfolger von Czaputowicz bekannt gegeben. Die Wahl fiel auf den 65-jährigen Juraprofessor Zbigniew Rau. Czaputowicz galt als gemäßigt. Rau, früheres Solidarność-Mitglied, schimpft auf Homosexuelle, auch Antisemitismus wird ihm vorgeworfen.

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