Polen:Kaczyński bleibt hart

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Jarosław Kaczyński, Chef der Pis-Partei, will bisher nicht einlenken. (Foto: Czarek Sokolowski/AP)

Vertreter der EU-Kommission und Europarat erhöhen den Druck im Streit um das polnische Verfassungsgericht.

Von Florian Hassel, Warschau

Es dürften keine angenehmen Gespräche für Polens Regierung werden: Erst kommt am Montag der Generalsekretär des Europarates, Thorbjørn Jagland, nach Warschau, am Dienstag folgt Frans Timmermans, Vize-Chef der EU-Kommission. Die europäischen Amtsträger wollen herausfinden, ob Warschau bereit ist, einen Angriff auf Polens Verfassungsgericht zu beenden und ein Gesetz zurückzuziehen, das Polens öffentlich-rechtliche Medien der Regierung unterstellt hat.

Am Mittwoch wird Timmermans in Brüssel seinen Kommissionskollegen berichten; diese werden entweder sofort oder am 13. April entscheiden, wie es weitergeht in dem Verfahren, das sich um mögliche Verletzung der Rechtsstaatlichkeit in Polen dreht. Zuletzt stellte die Venedig-Kommission des Europarates am 11. März fest, die polnische Regierung breche ihre Verfassung und verstoße auch gegen europäische Verpflichtungen und internationale Rechtsmaßstäbe.

Doch bisher spricht alles dafür, dass Jarosław Kaczyński, Chef der Regierungspartei "Recht und Gerechtigkeit" (Pis) und Polens eigentlicher Herrscher, nicht nachgeben will. Zwar traf Kaczyński am Donnerstag vergangener Woche zum ersten Mal überhaupt seit Bildung seiner Regierung im November 2015 die Führer der Oppositionsparteien. Kaczyński feierte das Gespräch als "gute Nachricht für den Staat". Es habe "ein politischer Dialog begonnen, den Polen so nötig hat". Oppositionsführer Grzegorz Schetyna aber sagte, es gebe keinerlei Ergebnis und keinen Grund für Optimismus.

Polnische Medien werteten das Treffen als reine "Imageübung" - so formulierte es selbst die Rzeczpospolita, eigentlich ein regierungsnahes Blatt. Denn Kaczyński verweigerte eine Antwort auf die Frage, ob seine Regierung ein Urteil des Verfassungsgerichts vom 9. März veröffentlichen und anerkennen werde. Mit dem Urteil erklärten die Richter ein Gesetz für verfassungswidrig, mit dem die Regierung Kompetenzen und Handlungsfähigkeit der Verfassungsrichter erheblich einschränken, den Gerichtspräsidenten und seinen Stellvertreter entlassen und sich der Aufsicht des Verfassungsgerichts entziehen wollte. Zudem ist Kaczyński weiter nicht bereit, drei noch vom Vorgängerparlament legal und rechtskräftig gewählte Verfassungsrichter vereidigen zu lassen. Erst kürzlich bekräftigte Kaczyński, das Urteil vom 9. März und folgende Urteile des Verfassungsgerichts in seiner heutigen Form seien für ihn "nicht existent".

Polen steht indes nicht nur durch die EU-Kommission unter Druck: Beim Atomgipfel in Washington befragte auch US-Präsident Barack Obama Polens Staatschef Andrzej Duda zum Angriff auf das Verfassungsgericht. Doch Polen gibt sich auch gegenüber den USA konfliktbereit, bisher für Warschau eigentlich der wichtigste Bündnispartner. Zuerst verbat sich Verteidigungsminister Antoni Macierewicz Ratschläge der USA in Sachen Demokratie, dann bekräftigte Außenminister Witold Waszczykowski im Fernsehsender TV Info, die Pis-Regierung habe Schluss gemacht mit der "Negermentalität" gegenüber Washington.

© SZ vom 04.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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