Europäischer Gerichtshof:EU-Gericht kippt Polens Justizreform

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Bürotürme des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg. (Foto: Arne Immanuel Bänsch/dpa)

Luxemburg urteilt, dass die geplante Disziplinarkammer gegen europäisches Recht verstoße. Die Unabhängigkeit der Justiz sei in Gefahr - trotz der Korrekturen, die Warschau vorgenommen habe.

Von Oliver Klasen, München

Im Streit mit der EU-Kommission um die umstrittene Justizreform hat die polnische Regierung vor Gericht eine Niederlage erlitten. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) urteilte, dass gleich mehrere zentrale, im Jahr 2019 beschlossene Reformpunkte gegen EU-Recht verstießen. Darunter fällt zum Beispiel jene Regelung, die es erlaubt, die Mitgliedschaft von Richterinnen und Richtern in Verbänden, Organisationen oder Parteien öffentlich zu machen. Diese Regelung sei ein widerrechtlicher Eingriff in die Privatsphäre, argumentierten die Richterinnen und Richter in Luxemburg.

Geklagt gegen Polen hatte die EU-Kommission. Die rechtskonservative Regierung unter Führung der PiS-Partei hat die Justiz Schritt für Schritt in ihrem Sinne umgebaut. Die EU-Kommission sieht das als Verstoß gegen die Werte der Union und hat mehrfach gegen Polen Klagen eingereicht. Ein Teil davon hatte Erfolg. So hatte der EuGH bereits im Juli 2021 entschieden, dass die sogenannte Disziplinarkammer - ein weiteres Herzstück der Justizreform - gegen EU-Recht verstößt. Nach Ansicht der Kommission sicherte die Kammer der Regierung den politischen Zugriff auf die Justiz und erlaubte es, missliebige Richterinnen und Richter an ihrer Arbeit zu hindern.

Inzwischen hat die Regierung in Warschau die Disziplinarkammer zwar abgeschafft und durch eine "Kammer für berufliche Verantwortung" ersetzt. Kritiker argumentieren jedoch, dass auch mit den Anpassungen die Unabhängigkeit der Justiz nicht gewahrt ist. Überdies sei die Abschwächung der Justizreform nur vordergründig - und folge finanziellen Motiven. Denn wegen der Verstöße gegen EU-Recht behält die Kommission Milliardensummen ein, die eigentlich Polen zustehen würden.

Was mit den Strafzahlungen ist, die sich Polen stets geweigert hatte zu bezahlen, ist noch unklar

Sie stammen aus dem Corona-Wiederaufbaufonds, den die EU aufgelegt hat. Außerdem wurde die Regierung in Warschau zuletzt verpflichtet, eine halbe Million Euro Strafe pro Tag zu zahlen. Ursprünglich betrug die Strafzahlung sogar eine Million Euro pro Tag. Der Satz war im April halbiert worden, nachdem Polen einige Veränderungen im Justizsystem vorgenommen hatte. Was nun mit den Strafzahlungen ist, die sich Polen stets geweigert hatte zu bezahlen, ist noch unklar. In der jetzigen EuGH-Entscheidung heißt es dazu, die Wirkung der Zwangsgeldbeschlüsse erlösche nun. Allerdings seien sämtliche in der Vergangenheit angeordnete Zwangsgelder zu leisten.

"Heute ist ein wichtiger Tag für die Wiederherstellung einer unabhängigen Justiz in Polen", sagte EU-Rechtskommissar Didier Reynders nach dem Urteil. Der EuGH habe die Position der Kommission stets bekräftigt und klargemacht, dass das in Frage stehende Gesetz die Unabhängigkeit der Justiz unterminiere. Polens Justizminister Zbigniew Ziobro kritisierte die Entscheidung: "Das Urteil wurde nicht von Richtern geschrieben, sondern von Politikern", äußerte er.

In Polen steht im Herbst eine Parlamentswahl an. Umfragen sagen ein knappes Rennen zwischen der rechtskonservativen PiS und der liberal-konservativen Bürgerplattform des früheren EU-Ratspräsidenten Donald Tusk voraus. Am Wochenende war es Tusk und seiner Partei gelungen, in Warschau Hunderttausende Demonstranten gegen die Regierung zu mobilisieren.

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