Polen:Isoliert und ungeniert

Der heimliche Herrscher Kaczyński pfeift auf Kritik aus Brüssel - bislang kann er sich das leisten.

Von Florian Hassel

Polens faktischer Herrscher Jarosław Kaczyński behauptet, die scharfe Kritik der EU-Kommission an rechtswidrigen Gesetzen etwa zum polnischen Verfassungsgericht erfolge außerhalb der EU-Verträge. Das ist falsch. Tatsächlich beziehen sich die EU - und der Europarat - auf Verträge, denen auch Polen zugestimmt hat.

Das weiß Kaczyński natürlich. Er spricht mit seinen Behauptungen, die in Polen verbreitet werden, auch nicht zu westeuropäischen Bürgern, Regierungen oder zur EU-Kommission, sondern zum heimischen Publikum, genauer: zur eigenen Wählerschaft. Dieser hat Kaczyński einiges zu erklären. Die EU steht mit ihrer Kritik ja nicht allein. US-Präsident Barack Obama rüffelte Polen erst Anfang Juli öffentlich wegen seines Vorgehens gegen das Verfassungsgericht. Auch die Aufforderung von Papst Franziskus, Polen solle mehr Flüchtlinge aufnehmen und international stärker zusammenarbeiten, widerspricht der nationalpopulistischen Politik Kaczyńskis.

Bisher bewahrt sich der Vorsitzende der regierenden Pis-Partei seine Stammwähler in den polnischen Regionen vor allem durch zwei Mittel: die Kontrolle über das öffentlich-rechtliche Fernsehen und Wohltaten wie mehr Kindergeld. Kritik aus Brüssel glaubt sich Kaczyński leisten zu können. Dies würde sich ändern, wenn weniger EU-Milliarden nach Polen flössen. Danach sieht es aber nicht aus.

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