Polen:Geknebelte Justiz

Die Regierung verschärft ihren Kurs - die EU muss reagieren.

Von Florian Hassel

Der Gerichtshof der Europäischen Union und in der Folge Polens Oberstes Gericht haben kürzlich eindeutige Urteile über zwei von der Regierung eingesetzte Organe zur Kontrolle der Justiz gefällt. Seither steht für viele Juristen fest: Die Ernennung aller Richter und Staatsanwälte in Polen seit 2018 war unrechtmäßig. Die wahrscheinliche Folge: Jede ihrer Anklagen, jedes ihrer Urteile kann für ungültig erklärt werden. Gut möglich, dass das Oberste Gericht dies für alle Gerichtsverfahren tut, die mehr als 550 seit 2018 ernannte Richter leiteten.

Aus Sicht der nationalpopulistischen Regierung wäre dies eine Katastrophe: Schließlich baut ihr Regieren systematisch auf rechtswidrigen Gesetzen und rechtswidrigen neuen Institutionen auf. Um das zu vermeiden, plant Warschau nun ein Knebelgesetz für Richter und Staatsanwälte, das jede Kritik, jedes juristische Anzweifeln illegaler Ernennungen oder Schaugerichte unter Strafe stellen soll. Das widerspricht zwar erst recht EU-Recht. Doch die Regierung glaubt, sich diesen Rückgriff auf Methoden autoritärer Regime leisten zu können, zumal sie noch nie spürbare Folgen fürchten musste.

Es liegt an der neuen EU-Kommission, den Kurs gegenüber Warschau spürbar zu ändern. Sonst wird der ohnehin ausgehöhlte Rechtsstaat in Polen endgültig demontiert.

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