Polen:Für den Rechtsstaat

Das europäische Gericht stärkt die Demokratie.

Von WOLFGANG JANISCH

Eine so entschiedene Antwort des Europäischen Gerichtshofs auf den Abbau der Rechtsstaatlichkeit in Polen gehört derzeit zu den Lichtblicken in der Europäischen Union. Mit großer Zielstrebigkeit hat das Gericht - als die Krise in Polen ihren Lauf nahm - aus den EU-Verträgen eine rechtsstaatliche Wächterrolle der Union herausmodelliert, die bis dato noch niemand dort entdeckt hatte.

Natürlich arbeitet das Gericht hier auch fürs eigene Portefeuille, indem es sich zum Hüter der Rechtsstaatlichkeit in Europa macht und dadurch seine eigene Rolle aufwertet. Aber das macht die Sache nicht schlechter. Das Urteil, mit dem das Gericht die politisch motivierte Frühpensionierung polnischer Richter rügt, mag kreativ sein, aber es ist eben auch notwendig.

Freilich lässt sich die Rückkehr zur Rechtsstaatlichkeit nicht höchstrichterlich verordnen; der entscheidende Faktor bleibt die polnische Zivilgesellschaft. Aufgabe des EuGH ist es aber, die Konturen des Rechtsstaats zu schärfen. Denn eines haben die Erosionsprozesse in Osteuropa deutlich gezeigt: Populisten und Autokraten geben sich alle Mühe, ihre vermeintlichen "Reformen" der Justiz sauber und legal aussehen zu lassen. Sie übertünchen ihren Raubbau an den Gerichten mit rechtsstaatlicher Farbe. Die Fehlfarbe abzuwaschen - das ist der Job der EU-Richter.

© SZ vom 25.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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