Süddeutsche Zeitung

EuGH:Macht von Polens Justizminister ist unvereinbar mit EU-Recht

Erneut beschäftigt sich der Europäische Gerichtshof mit den umstrittenen Justizreformen. Und wieder urteilt der EuGH gegen die polnische Regierung.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat erneut eine Regelung im polnischen Justizsystem für unzulässig erklärt. Die Richter urteilten, dass es gegen EU-Recht verstoße, dass der Justizminister, der gleichzeitig Generalstaatsanwalt ist, Richter nach freiem Ermessen an höhere Strafgerichte abordnen und eine solche Abordnung jederzeit beenden könne.

Die Regelung führe dazu, dass die abgeordneten Richter während der Dauer der Abordnung nicht über die Garantien und die Unabhängigkeit verfügen, über die ein Richter in einem Rechtsstaat normalerweise verfügen müsse, teilte der EuGH mit. Nach dem Urteil ist es demnach nicht ausgeschlossen, dass die Regelung als Instrument zur politischen Kontrolle des Inhalts justizieller Entscheidungen eingesetzt wird.

Das Urteil der Richter in Luxemburg ist eine von vielen Entscheidungen des EuGH im Zusammenhang mit den umstrittenen polnischen Justizreformen. Erst im Oktober hatte das Gericht Polen zur Zahlung eines täglichen Zwangsgeldes in Höhe von einer Million Euro verurteilt, weil es ein früheres Urteil zu umstrittenen Justizreformen nicht umgesetzt hat.

Justizminister Ziobro gilt als rechter Hardliner

Konkret ging es dabei insbesondere um die Anordnung, die Arbeit der Disziplinarkammer zur Bestrafung von Richtern zu stoppen. Die Tätigkeit ist nach EuGH-Entscheidungen nicht mit EU-Regeln zur Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz vereinbar.

Der Umgang von Polens nationalkonservativer PiS-Regierung mit dem Justizsystem des Landes steht schon seit Jahren heftig in der Kritik. Die Regierung in Warschau und besonders Justizminister Zbigniew Ziobro signalisieren bislang allerdings in den entscheidenden Punkten kein Einlenken.

Ziobro ist auch Architekt der Justizreformen. Innerhalb der nationalkonservativen PiS-Regierung von Ministerpräsident Mateusz Morawiecki hat er sich als antieuropäischer, rechter Hardliner profiliert. Er argumentiert, seine Reformen seien nötig, um das polnische Justizsystem leistungsfähiger zu machen und es zudem von Richtern zu befreien, die noch im Kommunismus geprägt wurden.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5465158
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ/dpa/saul/hij
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.