Europäische Union:EU beendet historisches Grundwerte-Verfahren gegen Polen
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Das Land war jahrelang eines der ganz großen Sorgenkinder der EU. Nach der Abwahl der PiS-Regierung gibt es nun aber einige Veränderungen.
Die EU sieht nach Jahren schwerster Bedenken keine Gefahr mehr für die Rechtsstaatlichkeit in Polen und beendet deswegen ein Verfahren zum Schutz der europäischen Grundwerte. Das kündigte die zuständige EU-Kommission in Brüssel an. Die Entscheidung zur Einstellung des sogenannten Artikel-7-Verfahrens erfolgt rund sieben Monate nach der Abwahl der nationalkonservativen PiS-Regierung, die Polen von 2015 bis 2023 geführt hatte. Diese hatte das polnische Justizsystem umgebaut und damit nach Einschätzung von Experten die Gewaltenteilung eingeschränkt.
Konkret wurde unter anderem die Möglichkeit geschaffen, Richter zu kontrollieren und zu sanktionieren. Zudem hinderten die Reformen polnische Richter daran, sich bei bestimmten Rechtsfragen an den Europäischen Gerichtshof zu wenden. Die neue Mitte-Links-Regierung von Ministerpräsident Donald Tusk ist derzeit dabei, die beanstandeten Maßnahmen wieder rückgängig zu machen.
Verfahren gegen Polen war EU-Premiere
Polen war 2017 der allererste EU-Staat, gegen den die EU-Kommission ein Verfahren wegen der Gefährdung von elementaren Grundwerten der Europäischen Union eingeleitet hatte. Dieses hätte theoretisch sogar zu einem Entzug der Stimmrechte bei EU-Entscheidungen führen können.
Das einzige EU-Land, gegen das jetzt noch ein Artikel-7-Verfahren läuft, ist Ungarn. Dort steht Ministerpräsident Viktor Orbán unter dem Verdacht, die Unabhängigkeit der Justiz und die Meinungsfreiheit einzuschränken und Korruption zu fördern.
Um ein Ende des Verfahrens gegen Polen möglich zu machen, hatte die neue Regierung von Tusk den EU-Partnern bereits im Februar einen Reformplan für die Beseitigung von rechtsstaatlichen Defiziten präsentiert. Dieser führte auch dazu, dass die EU-Kommission unabhängig von dem Artikel-7-Verfahren EU-Fördergelder in Höhe von 6,3 Milliarden Euro freigab, die lange wegen der Rechtsstaatlichkeitsbedenken zurückgehalten worden waren.
PiS versucht Rückabwicklung zu erschweren
Mit der Entscheidung, das Verfahren gegen Polen zu beenden, drückt die EU-Kommission auch ihr Vertrauen in die neue Regierung in Warschau aus. Das Zurückdrehen der beanstandeten Reformen der PiS-Regierung wird nämlich noch einige Zeit in Anspruch nehmen.
So sieht das "Reparaturpaket" für den Umbau des Verfassungsgerichts vor, dass durch eine Verfassungsänderung alle bisherigen Richter aus dem Amt ausscheiden und die Posten neu besetzt werden, wobei Regierungslager und Opposition über die Besetzung entscheiden sollen. Doch für die Verfassungsänderung ist eine Zweidrittelmehrheit im Parlament nötig, die wegen des Widerstandes der PiS bislang nicht in Sicht ist. Die PiS-Regierung hatte gleich nach ihrem Antritt im November 2015 damit begonnen, das Justizwesen nach ihren Vorstellungen umzubauen.
Das Gesetz braucht die Unterschrift von Präsident Duda
Auch der Rückbau von anderen Elementen der PiS-Justizreform gestaltet sich langwierig und zäh. Dies gilt auch für eine Neuordnung des Landesjustizrats - des Gremiums, das Richter für frei werdende Stellen nominiert. Nach einer 2018 von der PiS eingeführten Reform wurden 15 von 25 Mitgliedern des Rates durch das Parlament ernannt, was Zweifel an seiner Unabhängigkeit weckte.
Ein von Justizminister Adam Bodnar vorgelegtes Gesetzesprojekt sieht vor, dass künftig wieder allein Richter unterschiedlicher Gerichte über die 15 Sitze im Landesjustizrat bestimmen sollen. Sobald das Gesetz in Kraft tritt, soll der Landesjustizrat neu gewählt werden - das alte, nach den Regeln der PiS gebildete Gremium, wird abgelöst. Das Gesetz muss aber erst noch das Parlament passieren und von Präsident Andrzej Duda unterzeichnet werden. Dieser stammt jedoch aus den Reihen der PiS und könnte es torpedieren.