Süddeutsche Zeitung

Polens rechtsnationaler Präsident Duda:Eisiger Ostwind aus Warschau

Polen hat einen neuen Präsidenten: Andrzej Duda verkörpert den Erfolg der Rechtsnationalen. Für Deutschland und Europa werden sie ein unbequemerer Partner sein.

Kommentar von Florian Hassel

Sobald Andrzej Duda an diesem Donnerstag als neuer Präsident Polens vereidigt und seine Mannschaft gebildet ist, werden sich die Politiker in Berlin und Brüssel eine Reihe neuer Telefonnummern besorgen müssen.

Schließlich redet in Polen der Präsident ein gehöriges Wort in der Außen- und Sicherheitspolitik mit. Die Regierungschefs, Minister und Staatssekretäre der EU dürften sich zudem noch eine andere aktuelle Nummer besorgen: die von Jarosław Kaczyński.

Polens nächste Regierung wird unbequemerer sein

Der mächtige Chef der rechtsnationalen Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) stellte den zuvor unbekannten Duda als Präsidentschaftskandidaten auf. Außerdem steht Kaczyński hinter Beata Szydło, die bei der Parlamentswahl Ende Oktober neue Ministerpräsidentin Polens werden könnte. Darauf deuten im Moment alle Umfragen hin.

Unabhängig davon, ob der PiS dieser Doppelerfolg gelingt, scheint eines sicher zu sein: Polens nächste Regierung wird für Deutschland und die EU ein unbequemerer Partner als in den vergangenen acht Jahren unter der europafreundlichen Bürgerplattform.

Dabei geht es nicht mehr um die deutsch-polnische Versöhnung. Diese ist dank des jahrelangen Einsatzes beider Seiten im Kern gesichert. Ärger dürfte es jedoch bei anderen Themen geben. Duda selbst hat sich mit politischen Festlegungen bisher zurückgehalten, aber enge Mitarbeiter sprechen lassen.

Sein außenpolitischer Berater Krzysztof Szczerski ist, wie viele PiS-Politiker, bekennender Europaskeptiker. Er erklärte das deutsch-polnische Verhältnis für "korrekturbedürftig". So dürfe Deutschland die Einrichtung ständiger Nato-Militärbasen in Polen nicht länger blockieren.

Der Chefberater sprach sich auch dagegen aus, dass Polen, wie von Berlin und Brüssel gewünscht, Kohlekraftwerke einmottet, um Klimaschutzvorgaben der EU zu erreichen. Und ebenso wie die Premiers-Kandidatin Szydło erteilte der Präsidialberater einem Beitritt Polens zum Euro auf absehbare Zeit eine Absage.

Gewiss: Duda weiß, dass die Bundesregierung in Berlin, die immer noch um einen Ausgleich mit Moskau bemüht ist, bisher nicht daran denkt, mit ständigen Nato-Basen in Polen die Krise mit Russland zuzuspitzen. Eine solche Forderung ist also vor allem Wahlkampfrhetorik.

Anders sieht es bei Sachthemen wie dem Klimaschutz, einem Eurobeitritt oder einer verstärkten finanziellen und wirtschaftlichen Integration auf europäischer Ebene unter Aufgabe nationaler Souveränität aus. Hier könnte sich Warschau künftig ebenso verweigern wie bei der Aufnahme von Flüchtlingen.

Schon in den vergangenen Monaten gab es ein zähes Ringen, bis Polen bereit war, 2000 Flüchtlinge aufzunehmen - verteilt auf mehrere Jahre. Selbst wenn die PiS es, etwa mangels geeigneter Koalitionspartner, nicht an die Regierung schaffen sollte, wird ihr Stimmenanteil wohl deutlich steigen; und die nächste Regierung wird, unabhängig von ihrer Zusammensetzung, noch mehr Rücksicht darauf nehmen, dass die Stimmung im Land wieder stärker von nationalen Tönen geprägt ist.

Sollte die nächste Regierung aber tatsächlich von der PiS gebildet werden, kann man nur darauf hoffen, dass sie möglichst viele Wahlkampfversprechen ins Altpapier wirft. Dazu gehören mehr soziale Wohltaten und die Rücknahme einer im alternden Polen unverzichtbaren Rentenreform.

Dem Haushalt droht Ungemach

All dies könnte für den polnischen Haushalt ruinös werden und Polen zum neuen Krisenland im Osten machen. Sorgen wecken auch Ankündigungen über rückwirkende Änderungen von Kreditverträgen mit ausländischen Banken oder milliardenschwere Sondersteuern für Banken oder ausländische Supermärkte nach ungarischem Vorbild.

Eine solche Politik würde dem bisherigen Investorenliebling Polen stark schaden.

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SZ vom 06.08.2015
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