SZ-Podcast "Auf den Punkt":EU-Beitritt der Ukraine: "In absehbarer Zeit völlig unrealistisch"

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Ukraines Präsident Selenskij wirbt in Brüssel für den EU-Beitritt seines Landes. In Kiew beschäftigt ihn der russische Angriff - und Korruption.

Von Florian Hassel und Lars Langenau

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij war diese Woche in London und Paris. Am Donnerstag hat er persönlich in Brüssel für die Aufnahme seines Landes in die Europäische Union geworben. In seiner Rede vor dem Europaparlament hat er betont, dass sein Land möglichst schnell Mitglied der EU werden will. Selenskij spricht von Reformen in der Ukraine, die dafür unbedingt nötig sind. Denn in Kiew kämpft er gerade nicht nur gegen die russischen Invasoren, sondern auch gegen Korruption in der eigenen Regierung.

Einen EU-Beitritt der Ukraine in absehbarer Zeit hält SZ-Osteuropa-Korrespondenten Florian Hassel für "völlig unrealistisch". Zwar sei man vielleicht in Zeiten des Krieges nachsichtiger, aber die Ukraine sei "auf absehbare Zeit nicht da, wo sie dafür sein müsste". Das könne acht, zehn Jahre oder auch 15 Jahre dauern. "Auf jeden Fall sicherlich nicht die zwei Jahre, von denen jetzt die Ukrainer reden."

Die Korruption im Staatsapparat sei "genauso schlimm wie vorher", meint Hassel. Korruption sei nicht nur in der Ukraine verbreitet, sondern in allen postsowjetischen Gesellschaften, "die von fast feudalen Netzwerken aus Ex-Kommunisten, aus Oligarchen und aus anderen kontrolliert werden". Auch würden die Beamten "miserabel bezahlt" und seien deshalb anfällig für Bestechung. Es seien "vormoderne Strukturen, die es in Deutschland oder in anderen europäischen Ländern früher auch gegeben hat". Es gebe "auch keinen Rechtsstaat und es gibt nicht die Sicherheit, dass Leute, die dagegen verstoßen, vor Gericht und vor allem dann im Gefängnis landen".

Es gebe zwar "keinen konkreten Anhaltspunkt", dass Selenskij selbst korrupt sei. "Anders ist es bei Teilen seiner engsten Umgebung", sagt Hassel. Allerdings gebe es auch "keinen funktionierenden Kampf gegen Korruption". Die "vielen Entlassungen und Festnahmen" seien vor allem "zum Vorzeigen". Die Engländer würden das "playing for the gallery" nennen. In Selenskijs Regierungszeit gebe es "keine Verurteilung von den großen Fischen". Hassel sagt: "Solange sich das nicht ändert, gibt es auch keinen wirklich funktionierenden Kampf gegen die Korruption."

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