Müll:UN scheitern mit Plastikabkommen

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Plastikmüll wird weltweit zu einem immer größeren Problem. Hier versuchen Freiwillige Müll aus dem Jukskei-Fluss in Südafrika zu entfernen. (Foto: Jerome Delay/dpa)

Die mehr als 170 Länder können sich in Südkorea nicht darauf einigen, wie die gefährliche Verschmutzung durch Plastikmüll zu bekämpfen ist. Der Widerstand einiger Öl-Länder ist zu groß.

Von Thomas Hummel

Nach sieben Tagen Verhandlungen wurde es am späten Sonntagabend in der südkoreanischen Stadt Busan zeitweise emotional. Die Verhandlerin aus Ruanda animierte die Vertreter all jener Länder, die für ein ambitioniertes Plastikabkommen sind, aufzustehen und damit auf offener Bühne jene bloßzustellen, die sitzen bleiben würden. Die Willigen folgten ihr, klatschten und jubelten, mehr als eine Minute lang. Doch am Ergebnis änderte das nichts.

Nach zwei Jahren und fünf Verhandlungsrunden gelang es den mehr als 170 Ländern des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (Unep) nicht, sich auf einen rechtsverbindlichen Vertrag gegen die Plastikvermüllung der Welt zu einigen. „Wir haben signifikante Fortschritte gemacht, aber unsere Arbeit ist längst nicht beendet“, sagte Luis Vayas Valdivieso, der Verhandlungsführer aus Ecuador. Er regte eine sechste Verhandlungsrunde an.

„Den Boden zu wischen, wenn der Wasserhahn offen ist, bringt nichts“

Vor zwei Jahren beschlossen die Unep-Länder, mit einem internationalen Abkommen der zunehmenden Plastikverschmutzung zu begegnen. 460 Millionen Tonnen Kunststoffe werden laut Zahlen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) jährlich hergestellt. Tendenz stark steigend. Viele Millionen Tonnen landen in der Umwelt, im Meer, und verrotten dort nicht, sondern zerfallen in immer kleinere Teile. Mikroplastik findet sich inzwischen an den entlegensten Orten der Welt, in Tieren und im menschlichen Körper. 

Fachleute etwa von der weltweiten „Vereinigung von Wissenschaftlern für ein ambitioniertes Plastikabkommen“ forderten, die weltweite Produktion von Plastik zu deckeln. Die Recyclingquote bei Kunststoffen liegt derzeit bei etwa neun Prozent, das Problem mit einem Abfallmanagement zu lösen, erscheint vielen unmöglich. „Den Boden zu wischen, wenn der Wasserhahn offen ist, bringt nichts“, sagte eine Delegierte der Europäischen Union in Busan.

„Die Plastikverschmutzung ist das Problem, nicht das Plastik“, sagt ein Saudi

Ebenso sollten gefährliche Chemikalien aus den Kunststoffen verbannt werden, die Wirkung auf Umwelt und Lebewesen ist bei vielen Zusatzstoffen nicht erforscht. Dazu ging es um Finanzhilfen für ärmere Länder, die oft gar kein Entsorgungssystem haben, aber über den internationalen Handel Kunststoffe aller Art ins Land bekommen.

In der Schlussrunde im Plenarsaal in Busan brachen die Konfliktlinien auf. Eine Delegierte aus Mexiko las 94 Länder vor, darunter auch Deutschland, die sich für eine Verbannung gefährlicher Chemikalien aussprachen: „Unsere Bevölkerungen erwarten von uns, dass wir sie beschützen“. Der Delegierte aus Panama setzte sich in einer emotionalen Rede dafür ein, sich wiederzutreffen und weiterzuverhandeln, bis ein gutes Plastikabkommen unterschrieben ist. „Wir essen und trinken täglich Gift“, rief er.

Andere wiesen zurück, dass in Südkorea eine Einigung überhaupt in Sicht war. Plastik wird aus Erdöl hergestellt und anschließend von der Chemieindustrie verarbeitet. Öl- und gasproduzierende Länder wie Saudi-Arabien, Iran oder Russland sprachen von roten Linien, sie möchten keinesfalls ihre Produktion einschränken oder Chemikalien verbieten. Vor allem die Saudis setzten sich wie schon bei der Weltklimakonferenz in Aserbaidschan im November an die Spitze der Bremser. „Die Plastikverschmutzung ist das Problem, nicht das Plastik“, sagte ihr Vertreter. Er plädierte für mehr Recycling. Der Kollege aus Kuwait forderte für diese Haltung „Respekt, Respekt, Respekt.“

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