Süddeutsche Zeitung

Plan von Arbeitsministerin Nahles:Bis zu 1,1 Milliarden für Arbeitsintegration von Flüchtlingen

  • Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) wirbt für die rasche Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt
  • Für entsprechende Programme und Sprachkurse will sie mehr als eine Milliarde Euro ausgeben.
  • Die Deutschen spenden weniger für Flüchtlinge als etwa für Opfer von Naturkatastrophen.
  • In Erfurt bedanken sich Dutzende Syrer öffentlich für die Hilfsbereitschaft der Einheimischen.

Nur wenige Geflohene können direkt vermittelt werden

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) will für die rasche Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt mehr als eine Milliarde Euro ausgeben, kündigte die Politikerin am Donnerstag bei der Haushaltsdebatte im Bundestag an.

Die Eingliederung dieser Menschen werde sich allerdings in der Arbeitslosenstatistk niederschlagen, prognostizierte Nahles. Denn nicht einmal jeder Zehnte bringe die Voraussetzungen mit, um direkt in eine Arbeit oder Ausbildung vermittelt zu werden, sagte die SPD-Politikerin. "Nicht alle, die da kommen, sind hoch qualifiziert. Der syrische Arzt ist nicht der Normalfall."

Deshalb sei zu erwarten, dass die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland steigen werde. "Das ist dann kein Zeichen einer gescheiterten Arbeitsmarktpolitik, sondern ein Zeichen, dass wir eine andauernde Aufgabe bewältigen müssen."

Insgesamt plant Nahles mit drei Milliarden Euro zusätzlich

Für Programme zur Integration in den Arbeitsmarkt will Nahles deshalb 600 Millionen bis 1,1 Milliarden Euro ausgeben. Für berufsbezogene Sprachkurse seien zusätzlich 180 Millionen Euro erforderlich. "Aus den Flüchtlingen sollen möglichst schnell Nachbarn und Kollegen werden", sagte Nahles. "Die Menschen wollen lernen, und sie wollen arbeiten."

Für den Lebensunterhalt von Flüchtlingen, die in Deutschland bleiben dürfen, rechnet Nahles mit Mehrausgaben von ein bis zwei Milliarden Euro. Alles in allem seien in ihrem Etat 2016 voraussichtlich drei Milliarden Euro zusätzlich nötig.

Für Westbalkan-Bürger plant Nahles außerdem ein jährliches Kontingent von bis zu 20 000 Arbeitsvisa, wenn sie einen Arbeits- oder Ausbildungsvertrag für Deutschland haben.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach sich für eine rasche Integration von Einwanderern in den Arbeitsmarkt aus - sobald das Bleiberecht geklärt sei. Im Anschluss an den Besuch einer Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) in Berlin sagte sie am Donnerstag, dazu solle schnell Kontakt zwischen diesen Flüchtlingen und der Bundesagentur für Arbeit hergestellt werden.

Die CSU findet keine einheitliche Linie bei der Frage nach dem Umgang von Flüchtlingen. Der Bundestagsabgeordnete Bernd Fabritius rief die Bundesbürger dazu auf, den Flüchtlingen im 21. Jahrhundert zu helfen. Sie sollten Opfern von Flucht und Vertreibung mit "mehr Empathie" begegnen "als unseren Eltern und Großeltern nach dem Zweiten Weltkrieg entgegengeschlagen ist", sagte Fabritius, der auch Präsident des Bundes der Vertriebenen ist.

Bayerns Finanzminister Markus Söder hatte zuvor eine weitere Einschränkung des Asylrechts gefordert. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Max Straubinger, plädierte sogar dafür, syrische Asylbewerber in ihre vom Bürgerkrieg verheerte Heimat abzuschieben. Ihm widersprach nun Fraktionsvorstand Stephan Mayer. "Ich bin dezidiert der Auffassung, dass eine Rückführung von Flüchtlingen und Asylbewerbern nach Syrien nicht in Betracht kommt", sagte der Abgeordnete in der N24-Sendung Studio Friedman.

Syrer bedanken sich in Thüringen für Hilfe

Die Deutschen spenden nach Einschätzung von Hilfsorganisationen zwar vergleichsweise viel für Flüchtlinge - aber dennoch weniger als für die Opfer von Naturkatastrophen. "Die Spendenbereitschaft ist nicht so hoch wie bei Katastrophensituationen, etwa Nepal, aber wir finden es beachtlich, wie viel für Flüchtlinge gespendet wird", sagte Maria Rüther von der "Aktion Deutschland Hilft".

Deutsche Soldaten haben bisher 14 500 Schlafplätze für Flüchtlinge in 41 Kasernen und anderen Liegenschaften der Bundeswehr geschaffen. Die meisten Flüchtlingsunterkünfte auf Bundeswehrgeländen gibt es aktuell in Bayern, Nordrhein-Westfalen, Hessen und Niedersachsen.

Etwa 30 syrische Flüchtlinge haben sich in Erfurt mit Blumen und kleinen Karten für ihre Aufnahme in Deutschland bedankt. In der Innenstadt verteilten sie am Donnerstag Rosen in verschiedenen Farben an Passanten. "Wir wissen, wie schwer es ist, sein Herz und sein Haus für Fremde zu öffnen", sagte eine der Beteiligten. Umso dankbarer seien sie den Deutschen, dass diese genau das täten.

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