Plagiatsvorwurf:Von der Leyen behält ihren Doktortitel

Die Medizinische Hochschule Hannover erkennt in der Dissertation der Verteidigungsministerin Plagiate, aber keine Täuschungsabsicht.

Von Robert Roßmann, Berlin

Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) darf ihren Doktortitel behalten. Das teilte die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) am Mittwochabend mit. Zuvor hatte der Senat der Hochschule über den Fall beraten.

Christopher Baum, Präsident der MHH und Vorsitzender des Senats, sagte, der Senat habe seine Entscheidung mit sieben zu eins Stimmen bei einer Enthaltung getroffen. Die Kommission für "Gute Wissenschaftliche Praxis" der MHH habe sich seit vergangenen August intensiv mit dem Fall befasst. Die Kommission und der Senat seien übereinstimmend zu dem Ergebnis gekommen, dass die Doktorarbeit Fehler enthalte und zwar vor allem in der Einleitung. Baum sprach ausdrücklich von "Plagiaten", das Muster der Textübernahmen spreche aber nicht für eine Täuschungsabsicht. "Es geht hier um Fehler, nicht um Fehlverhalten", sagte Baum. Die Mängel stellten den wissenschaftlichen Wert der Arbeit nicht infrage. Ein Entzug des Doktortitels sei also nicht gerechtfertigt.

Die Entscheidung der Universität löste in der Union Erleichterung aus. Ein Entzug des Doktortitels wenige Tage vor den wichtigen Landtagswahlen am Sonntag hätte den Wahlkämpfern nicht geholfen. Von der Leyen hätte allerdings vermutlich auch bei einem Verlust des Titels ihr Ministeramt behalten.

Regierungssprecher Steffen Seibert hatte bereits vor der Entscheidung der Hochschule auf die Frage, ob von der Leyen ohne Doktortitel noch das Vertrauen der Kanzlerin besitze, gesagt: "Selbstverständlich", von der Leyen sei "eine hervorragende Verteidigungsministerin".

Von der Leyen erfuhr während einer USA-Reise von der Entscheidung. In einer schriftlichen Stellungnahme erklärte sie: "Teile meiner damaligen Arbeit entsprechen nicht den Maßstäben, die ich an mich selber stelle." Sie sei aber "froh, dass die Universität nach eingehender Prüfung zum Schluss gekommen ist, dass meine Experimente für die medizinische Forschung relevant waren und die Arbeit insgesamt die wissenschaftlichen Anforderungen erfüllt". Während des Verfahrens hatte von der Leyen fast durchgehend geschwiegen. Sie äußerte sich lediglich einmal kurz, als die Plagiatsvorwürfe im Herbst 2015 öffentlich geworden waren. Damals sagte sie: "Den Vorwurf des Plagiats kann ich zurückweisen."

Auslöser des Verfahrens war eine Untersuchung der Internet-Plattform "Vroniplag Wiki". Die Plagiatesucher, darunter zahlreiche Wissenschaftler, hatten der Ministerin vorgeworfen, auf 27 Seiten ihrer 62 Seiten starken Arbeit fremde Textstellen nicht als Zitat gekennzeichnet zu haben. Mehrere Plagiatsexperten hatten die unsauber übernommenen Textpassagen als gravierend eingestuft. Die 1990 vorgelegte Arbeit beschäftigt sich mit dem Infektionsrisiko von Schwangeren bei einem vorzeitigen Blasensprung.

Vor von der Leyen hatten sich bereits Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und Annette Schavan (CDU) Plagiatsvorwürfen erwehren müssen. Guttenberg und Schavan wurde allerdings der Doktortitel entzogen, die beiden traten daraufhin zurück.

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