Plagiatsvorwurf:Schavan lässt Zukunft als Bildungsministerin offen

Annette Schavan will sich nicht zu den Rücktrittsforderungen der Opposition äußern - zumindest vorerst. Stattdessen kündigt sie erneut an, juristisch gegen die Aberkennung ihres Doktortitels durch die Uni Düsseldorf vorgehen zu wollen. Sie werde die Entscheidung nicht akzeptieren.

Nach dem Entzug des Doktortitels von Annette Schavan hatte es aus der Opposition Rücktrittsforderungen an die Bildungsministerin gegeben. Nun hat sie sich selbst geäußert: "Die Entscheidung der Universität Düsseldorf werde ich nicht akzeptieren und dagegen Klage einreichen". Mit Blick auf die juristische Auseinandersetzung kündigte sie an, vorerst keine weitere Stellungnahme abgeben zu wollen. Damit lässt Schavan ihre Zukunft als Bildungsministerin zunächst offen. Schavan befindet sich derzeit auf einer fünftägigen Südafrikareise.

Die Universität hatte Schavan am Dienstag nach neun Monaten Prüfung wegen "vorsätzlicher Täuschung" in ihrer Promotionsarbeit den vor 33 Jahren erworbenen Doktortitel entzogen. Im zuständigen Fakultätsrat hatten zwölf von 15 stimmberechtigten Mitgliedern für die Aberkennung des Titels votiert. Es gab zwei Neinstimmen und eine Enthaltung.

Schavan hatte schon am Vorabend über ihre Anwälte erklären lassen, sie werde gegen die Entscheidung klagen. In den kommenden Tagen kann sie nach Angaben eines Sprechers der Uni Düsseldorf mit der schriftlichen Begründung für den Entzug ihres Doktortitels rechnen. Um die Klage vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf einzureichen, hat sie einen Monat Zeit. Der Prozess könnte sich dann über Monate hinziehen und durch weitere Instanzen gehen. Die Uni-Entscheidung ist somit noch nicht rechtskräftig.

Unmittelbar nach dem Entzug ihres Doktortitels durch die Uni Düsseldorf bezeichneten Vertreter von SPD, Grünen und Linkspartei die CDU-Politikerin als Ministerin unhaltbar.

"Sie muss daraus ihre Konsequenzen ziehen"

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin sieht keine Chance mehr für einen Verbleib von Schavan im Amt der Bundesbildungsministerin. "Bei allem Verständnis für die menschliche Härte dieser Entscheidung: Eine Wissenschaftsministerin, die wegen 'systematischer und vorsätzlicher' Täuschung des Plagiats überführt wird und der daraufhin ihre Promotion aberkannt wird, ist nicht mehr tragbar."

Kai Gehring, der bildungspolitische Sprecher der Grünen, sagte Süddeutsche.de: "Ich gehe davon aus, dass die Wissenschaftsministerin die Konsequenzen zieht und um Entlassung aus ihrem Amt bittet."

Renate Künast, Fraktionsvorsitzende der Grünen, sagte dem Tagesspiegel, eine Wissenschaftsministerin, der eine grobe Missachtung wissenschaftlicher Regeln nachgewiesen wurde, sei nicht länger tragbar. "Ich gehe davon aus, dass Frau Schavan sich und der Wissenschaft die Verlängerung dieser Affäre erspart."

Ähnlich formulierte es die Linke-Forschungspolitikerin Petra Sitte: "Um den Vertrauensverlust für ihr Amt zu begrenzen, ist ein Rücktritt wohl unausweichlich." Sitte erinnerte an die "Vorbildrolle", der die Ministerin nun nicht mehr gerecht werde, ließ aber auch Mitgefühl erkennen: "Für Frau Schavan persönlich bedaure ich, dass ihre Laufbahn auf diese Weise einen tragischen Einschnitt erfährt", sagte Sitte zu SZ.de.

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sagte, Schavan sei als Wissenschaftsministerin nicht mehr glaubwürdig. "Sie muss daraus ihre Konsequenzen ziehen. Die Maßstäbe müssen für alle gelten - ohne Ansehen der Person."

Unterstützung aus der Union

Doch es gibt auch Stimmen, die Schavan den Rücken stärken: Michael Kretschmer, stellvertretender Vorsitzender der Unionsfraktion, sagte der SZ am Dienstagabend, er empfinde das ganze Verfahren in Düsseldorf als Farce. Die Kritik aus der Wissenschaft sei ja nicht zu überhören gewesen. "Wir haben eine überaus erfolgreiche Wissenschaftsministerin, und ich hoffe, dass sie alle juristischen Möglichkeiten nutzt, um sich vor Gericht gegen die Entscheidung zu wehren", sagte der Bildungsexperte der Fraktion. Es gehe jetzt auch darum, für die heutige Generation an Doktoranden vernünftige Kriterien zu entwickeln. "So wie wir das Verfahren in Düsseldorf erlebt haben - das macht einen nur noch sprachlos."

Auch aus der FDP erhielt Schavan Zuspruch: Die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Cornelia Pieper, erklärte in der Mitteldeutschen Zeitung, Ministerin sei Schavan nicht "wegen ihres Doktortitels, sondern weil sie den Job gut macht".

Unterstützung erhielt Schavan am Dienstagabend auch aus der Wissenschaftsgemeinde. Der Präsident der Alexander-von-Humboldt-Stiftung, Helmut Schwarz, sagte der SZ: "Die Eignung für ein Ministeramt hängt nicht von einem Titel ab; wichtig sind Kompetenz und Leistung." Schwarz betonte, dass Annette Schavan als Bundesministerin außerordentliche Leistungen vorzuweisen habe, um die Deutschland weltweit beneidet werde. Auf die Frage, was er der Ministerin nun raten würde, sagte Schwarz: "Wie Frau Schavan den Entzug ihres Doktortitels politisch und persönlich bewertet, ist ihre Entscheidung. Sie braucht hierzu nicht meinen Rat."

Korrektur: In einer früheren Version des Artikels hieß es, Schavan habe Rücktrittsforderungen zurückgewiesen. Richtig ist: Sie hat zu den Rücktrittsforderungen nicht explizit Stellung genommen.

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