Der Doktorvater von Annette Schavan, der Pädagogikprofessor Gerhard Wehle, hat ihre umstrittene Dissertation als beachtliche Arbeit bezeichnet und die Ministerin gegen die Plagiatsvorwürfe in Schutz genommen. "Die Arbeit entsprach absolut dem wissenschaftlichen Standard", sagte er der Rheinischen Post.
Am Wochenende war ein Gutachten bekanntgeworden, in dem der Vorsitzende des zuständigen Promotionsausschusses der Universität Düsseldorf eine Täuschungsabsicht bei der 32 Jahre alten Doktorarbeit der CDU-Ministerin feststellt. Schavan selbst wies den Täuschungsvorwurf in Interviews zurück und besteht auf einer Anhörung.
Dass Schavan vorsätzlich getäuscht hat, kann sich ihr Doktorvater eigenen Angaben zufolge nicht vorstellen. "Wie kann man eine Arbeit über das Gewissen schreiben und dabei täuschen?", fragte Wehle. Im Übrigen dürfte eine Doktorarbeit aus dem Jahr 1980 nicht ausschließlich nach heutigen wissenschaftlichen Maßstäben bewertet werden. Die Universität habe mit ihm über das Thema noch nicht gesprochen.
Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth hat Schavan unterdessen den Rücktritt nahegelegt, falls sich der Plagiatsverdacht bestätigt. "Sollten sich die Vorwürfe als zutreffend erweisen, frage ich mich, wie ausgerechnet die für Wissenschaft und Forschung zuständige Ministerin ihr Amt noch glaubwürdig ausüben will", sagte Roth dem Kölner Stadt-Anzeiger. Angesichts ihrer Vorbildfunktion wiege allein der Verdacht einer wissentlichen Täuschung sehr schwer.
"Nachdem Frau Schavans 'Fremdschämen' im Fall Guttenberg vielen noch in Erinnerung ist, muss sie die von ihr selbst gesteckten Maßstäbe und die Kriterien seriöser Forschung besonders penibel erfüllen. Sonst ist sie nicht zu halten", sagte Roth. In der Debatte um die Aberkennung des Doktortitels des damaligen Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hatte Schavan gesagt, dass sich als Wissenschaftlerin, die selbst promoviert habe, "nicht nur heimlich schäme" für das, was passiert sei.