Plagiatsdebatte: User-Reaktionen:"Wie Guttenberg seine geistigen Fähigkeiten einschätzt"

Lesezeit: 3 min

Die Nutzer von sueddeutsche.de diskutieren heftig über die Causa Guttenberg. Eine Auswahl der pointiertesten User-Kommentare zu Moral, Vorbildfunktionen und dem Sinn einer Doktorarbeit.

Karl-Theodor zu Guttenberg schlägt alle: Weder die Unruhen in Libyen, noch die Warnstreiks der Bahn oder die Wahlen in Hamburg wurden in den letzten Tagen unter den Usern von sueddeutsche.de ähnlich hitzig debattiert wie die Plagiatsvorwürfe gegen den CSU-Verteidigungsminister. Die Affäre spaltet die Userschaft in Kritiker und unerschütterliche Fans. Eine Auswahl der pointiertesten Kommentare:

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) unter Druck: Auch die Nutzer von sueddeutsche.de diskutieren Vorwürfe und Folgen intensiv. (Foto: dapd)

BonaeVoluntatis schreibt:

"Wer schon mal eine Doktorarbeit oder eine andere wissenschaftliche Arbeit geschrieben hat, weiß um deren Umfang und auch, wie leicht es ist, eine Zitatfußnote zu vergessen! Ganz unabhängig davon, ob man jemanden nun mag oder nicht. Außerdem wissen wir seit Helene Hegemann ja spätestens, dass Copypasten eine Kunstform ist und kein Plagiat. :-)"

Ein Nutzer mit dem Bildschirmnamen Alf vom Jupiter entgegnet:

"Man betrachte sich doch nur mal den Fakt der von jemand anderem zitatlos kopierten Einleitung der Arbeit. Was sagt das über einen Verfasser aus? (...)Es besagt auch, dass der Verfasser sich selbst geistig weit unterhalb jener Liga ansiedelt, in der die Autorin des Originals sich befindet. Es besagt auch, dass der Kopist für sich keine Chance sieht je in dieser geistigen Elite anzukommen. In dieser Situation der Selbsterkenntnis entscheidet man sich entweder dafür, dass Wissenschaft nicht das Feld ist, in dem man auch nur einen Teil des Lebens verbringen möchte, oder man entscheidet sich dazu, dieses Spiel mit gezinkten Karten mitzuspielen. Wie auch immer. Wir wissen nun, wie Guttenberg selbst von seinen geistigen Fähigkeiten denkt."

Die Debatte geht inzwischen längst über die Person des Verteidigungsministers hinaus und führt zu einer Grundsatzdiskussion über den Stellenwert akademischer Grade in der deutschen Gesellschaft. Hat ein solcher Umgang mit den wissenschaftlichen Regeln Folgen für zukünftige Doktoranten?

Daniel Koch notiert auf der sueddeutsche.de-Seite bei Facebook: "Sorry aber für mich ist das Betrug... Studiere nun zum zweiten Mal und bei jeder Arbeit muss ich unterzeichnen, dass ich die Arbeit selbstständig und mit sämtlichen Angaben zur Herkunft des Wissens gemacht habe. Niemand kann mir erzählen, dass Herr Guttenberg das nicht wusste. Politiker hin... Adeliger her... Er hat betrogen und dies öffentlich... eigentlich ist er somit als Politiker und Vorbild nicht mehr tragbar."

Neben dem Verteidigungsminister müssen sich auch die Professoren der Universität Bayreuth Kritik gefallen lassen.

il duca formuliert diese so: "Es mag ja alles richtig sein, was die Herrn Professoren über die Affäre sagen, nur sollten sie sich an die eigene Nase fassen. Wer vergibt denn die Doktortitel? Wer prüft denn die Arbeiten? Und wer winkt denn - gerade in den 'Laberfächern' (...) schlampige Arbeiten manchmal einfach durch? Die Herrn Professoren selbst. Das Sprichwort "Gelegenheit macht Diebe" gilt auch für Schummeleien und Betrug bei wissenschaftlichen Arbeiten. Es wird hohe Zeit, dass die Hochschulen verbindliche und einheitliche Prozeduren zur Qualitätssicherung einführen (...) Und gegebenenfalls sollte eine Häufung von (nicht erkannten) irregulären Arbeiten auch Konsequenzen für den Lehrstuhlinhaber haben."

Über gezielte Suchaktionen im Netz haben Internetnutzer zahlreiche Stellen gefunden, die Verteidigungsminister Guttenberg bei seiner Doktorarbeit offenbar ohne Kennzeichnung übernommen hat. Die Stimmen, die nach wie vor eine gezielte Kampagne gegen den Minister vermuten, verstummen aber dennoch nicht.

4int vermutet "Diese ganze Promotionsdiskussion hat nichts mit den politischen Fähigkeiten eines Mannes zu tun, der als einer der herausragendsten Politiker unserer Zeit zählt. Zugleich stellt diese Debatte ein Armutszeugnis für die Opposition aus Sozis, Grünen und Kommunisten dar. Weil Dr. zu Guttenberg politsch für sie nicht greifbar ist, bedient man sich anderer Mittel. Diese Absurdität ist jedoch bemerkenswert! Ich will gar nicht wissen, welcher Zeitaufwand dafür nötig war, eine komplette Persönlichkeit nach Fehlern zu durchleuchten, nur um den Hauch von etwas Negativen zu finden. Dabei bestehen innerhalb der Opposition schwerwiegendere Probleme, die diesen Zeitaufwand mehr nötig hätten."

duesseldorfer entgegnet bissig: "Für alle, die Kritik an der Guttenberg-Berichterstattung der Süddeutschen üben: Lesen Sie doch besser Die WELT. Dort ist sicher mit positiverer Guttenberg-Berichterstattung zu rechnen. Schließlich war Herr zu Guttenberg laut eigenem Curriculum Vitae für Die WELT als 'freier Journalist' tätig. (Allerdings behauptet die von linksradikalen Ökofaschisten durchseuchte Wikipedia, es habe sich dabei lediglich um ein Praktikum gehandelt.)"

In einer Sache sind sich schließlich fast alle User einig: Sie vermissen klare Worte des Verteidigungsministers. Der Aktuellen Stunde am Mittwoch im Bundestag sehen sie mit Spannung entgegen.

christoph-sz schreibt: "(...)Wenn dieser Mensch das Format hätte, das er immer gespielt hat, dann träte er vor die Menschen und würde sagen: 'Leute, es tut mir leid, ich war überfordert, die Arbeit ist voller Plagiate, das ist eine schwere Verfehlung, für die ich die Verantwortung übernehme, ich entschuldige mich bei meinem Doktorvater, den ich betrogen habe, und bei der Öffentlichkeit, die ich belogen habe, ich trete zurück'."

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