Plagiatsaffäre der FDP-Abgeordneten:Die vorsätzliche Wählerbeleidigung der Silvana Koch-Mehrin

Spieglein, Spieglein an der Wand: Sag mir, wer ist der dreisteste Schummler im ganzen Land? Mit ihrer Berufung in den Forschungsausschuss lässt Silvana Koch-Mehrin jede Form von Anstand und Moral vermissen. Die FDP-Politikerin beschädigt damit sich selbst, ihre Partei und ihren Parteichef. Wen wundert es da, wenn sich die Bürger entnervt abwenden?

Thorsten Denkler

Sie hat sich am Anfang ihrer Plagiatsaffäre beinahe wohltuend ruhig verhalten. Auf der Internetseite "vroniplag" wurden von Tag zu Tag mehr Plagiate in der Doktorarbeit der FDP-Europapolitikerin Silvana Koch-Mehrin gefunden. Andere hätten da noch von "abstrusen" Vorwürfen gesprochen. Koch-Mehrin aber schwieg. Selbst wer ihr nicht so wohlgesonnen ist, mag da noch die Hoffnung gehabt haben, dass da jemand versucht, mit Anstand aus der Sache herauszukommen.

Koch-Mehrin verliert wegen Plagiats ihren Doktortitel

Schöner Schein: Silvana Koch-Mehrin musste ihren Doktorgrad abgeben - und weigert sich dennoch, Fehler einzugestehen.

(Foto: dapd)

Diese Hoffnung hat Silvana Koch-Mehrin dann schnell zerstört. Sie trat zwar zurück von ihren Spitzenämtern als Fraktionschefin der FDP und Vizepräsidentin des Europaparlamentes. Doch in der Begründung sagte sie lediglich, dass sie der Partei damit den personellen Neuanfang ermöglichen und ihrer Familie die Belastungen nicht länger zumuten wolle, seit die Plagiatsaffäre über sie hereingebrochen ist. Die Chance, einfach auf die Unzulänglichkeiten ihrer Doktorarbeit zu verweisen, hatte sie damit vertan.

Erstaunlich dann ihre prompte Antwort auf den Entzug ihres Doktorgrades durch die Universität Heidelberg. Darin erhebt sie den Vorwurf, die Uni hätte doch, als sie die Arbeit im Jahr 2000 geprüft habe, gewusst, dass ihre Arbeit oberflächlich, ungenau und an vielen Stellen nicht ausreichend belegt gewesen sei. Darum könne sie nicht nachvollziehen, dass ihr der Titel jetzt entzogen werde. Statt sich für ihre Plagiate zu entschuldigen, kündigt sie rechtliche Schritte an.

Koch-Mehrin hat in den Europawahlkämpfen 2004 und 2009 viel Wert darauf gelegt, dass ihr Doktortitel gut lesbar mit auf die Plakate gedruckt wird. Auch auf ihrer Internetseite sprang einem der akademische Grad sofort entgegen. Das sollte Kompetenz suggerieren, Seriosität.

So weit, so schlimm. Sich jetzt aber noch als Vollmitglied in den Forschungsausschuss des EU-Parlamentes berufen zu lassen, grenzt an vorsätzliche Wählerbeschimpfung.

Wie Koch-Mehrin sich und ihre Partei beschädigt

Schon jetzt hat ja kaum noch einer Verständnis dafür, dass eine überführte Plagiatorin einfach ihr gutdotiertes Mandat im EU-Parlament behalten darf. Mit diesem Schritt aber verhöhnt sie jeden, der das Wort "Anstand" im Mund führt, nicht zuletzt ihren neuen Parteivorsitzenden Philipp Rösler.

Koch-Mehrin beschädigt mit ihrem Verhalten sich, ihre Partei und ihren Parteichef. Es ist schon richtig: Das Mandat kann ihr keiner nehmen. Aber die Fraktion könnte sie ausschließen, zumindest aber Aufgaben entziehen, statt sie auch noch mit neuen zu beglücken.

Das Gegenteil ist der Fall. Aber nicht nur bei den Liberalen, auch in anderen Parteien scheint dieses Verhalten üblich zu sein. In der Bundestagsfraktion von CDU und CSU sitzt noch immer ein gewisser Dieter Jasper, CDU-Abgeordneter mit Direktmandat aus dem Münsterland. Der hat sich seinen Doktor einfach bei einer Titelmühle in der Schweiz gekauft und dann damit Wahlkampf gemacht. Ein Ermittlungsverfahren gegen ihn wurde gegen Auflage einer Zahlung in Höhe von 5000 Euro eingestellt.

Auch ihm kann niemand das Mandat nehmen. Kaum nachvollziehbar aber ist, dass er im Bundestag einfach weitermacht, als wäre nichts gewesen. Ob er Mitglied der Fraktion bleiben und seinen Sitz im Wirtschaftsausschuss behalten kann, ist nicht mal diskutiert worden. Da darf sich keiner wundern, wenn die Bürger sich entnervt von der Politik abwenden.

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