Süddeutsche Zeitung

Pläne zur Ökostrom-Reform:Wie Gabriel um die Gunst der Länder buhlt

Mit seiner geplanten Ökostrom-Reform hat Wirtschaftsminister Gabriel die Landespolitiker gegen sich aufgebracht. Gemessen an den Widerständen verlief das Ministertreffen dennoch recht friedlich. Wohl auch, weil sich in einem strittigen Punkt eine Lösung anbahnt.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

BerlinNach teils massiver Kritik aus Bundesländern auch mit SPD-Regierung sucht Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) nun eine Verständigung über die geplante Ökostrom-Reform. Er wolle in dem Punkt nicht gegen die Länder regieren, verdeutlichte Gabriel nach einem Treffen mit seinen Länderkollegen am Donnerstag in Berlin. Nach dem Atomkonsens müssten Bund und Länder auch einen "Energiewendekonsens" herstellen.

Nach einem großen Konsens freilich sah es zuletzt nicht aus. So kritisierte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) die geplanten festen Ausbau- und Mengenziele Gabriels: "Das haben wir schon im Sozialismus erlebt, dass so was nicht funktioniert. Das funktioniert in der Marktwirtschaft schon mal gar nicht." Auch wandte sich Albig erneut vehement gegen die Idee eines "Deckels" bei der Windkraft, mit dem Gabriel die Höhe der Zuschüsse vonseiten des Bundes begrenzen will. Zwar sei es richtig, die Kosten der Energiewende zu dämpfen. "Es ist aber der absolut falsche Weg, den Ausbau von Windkraft an Land abzuwürgen, denn genau die macht Strom ja bezahlbar", sagte Albig der Süddeutschen Zeitung. Gabriel hatte vorgeschlagen, die Förderung neuer Windprojekte immer dann abzuschmelzen, wenn in einem Jahr Windräder mit mehr als 2,5 Gigawatt Gesamtleistung gebaut werden. Auch Bayern forderte von Gabriel, geplante Kürzungen zurückzunehmen, speziell bei Strom vom Acker: Unter bestimmten Voraussetzungen sollten weiter neue Biomasse-Kraftwerke gefördert werden, forderte Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) - etwa wenn die Kraftwerke als Puffer für Flautezeiten dienen. Es gehe "um eine vernünftige Nutzung dieser Technologie", sagte Aigner.

Gute Chance auf eine Einigung

Kritik gibt es zudem an Gabriels Plänen, auch Kraftwerke der Industrie zur Finanzierung der Energiewende heranzuziehen. Auf deren Strom soll künftig eine Ökostrom-Umlage erhoben werden, wie sie bisher Haushalte und Gewerbebetriebe zu zahlen haben. Der Plan stößt auf Widerstand in der Union. "Wir haben die Industrie bewusst in die Richtung getrieben, dass sie selbst Energie erzeugt", sagte Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs. Nun verdienten die Anlagen Vertrauensschutz.

Gemessen an diesen Widerständen verlief das Ministertreffen dann recht friedlich, offenbar auch, weil sich bei dem umstrittenen Deckel eine Lösung anbahnt: Danach könnte die 2,5-Gigawatt-Regel nur auf neue, zusätzliche Windräder angewandt werden. Würden dagegen alte Anlagen gegen neue, leistungsstärkere ersetzt, würde dies der Förderung nicht schaden.

Gabriels Reformvorschlag setze "an den richtigen Punkten an", sagte Franz Untersteller, grüner Energieminister in Baden-Württemberg. Er sei zuversichtlich, dass sich die Differenzen ausräumen lassen. Im Bundestag hatten die Grünen zuvor weitaus kämpferischer geklungen. Ihr Energiepolitiker Oliver Krischer warf Gabriel vor, er wolle Atomstrom durch Braunkohlestrom ersetzen: "Sie machen die Energiewende zur Braunkohlewende."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1876234
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 31.01.2014/resi
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.