Pläne der großen Koalition:Mehr Schutz für Stalking-Opfer

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Die große Koalition will ein früheres Eingreifen der Justiz ermöglichen, wenn Menschen Opfer von Stalking werden. Außerdem plant sie härtere Strafen. Nach Informationen der SZ gilt es als relativ sicher, dass die deutschen Innenminister auf ihrer Herbstkonferenz einen entsprechenden Beschluss verabschieden.

Von Kim Björn Becker

Die Opfer von Stalking könnten bald deutlich besser geschützt werden als bislang. Im Koalitionsvertrag bekunden Union und SPD die Absicht, im Falle einer Regierungsbildung die "Hürden für eine Verurteilung" von Stalkern zu senken. Darüber hinaus will die große Koalition in Zukunft besser kontrollieren können, ob Täter sich ihren Opfern noch nähern, nachdem ein Gericht ihnen das untersagt hat.

Opferschutzverbände fordern schon lange, dass der 2007 in Kraft getretene Stalking-Paragraf nachgebessert wird, sie kritisieren ihn als zu weich.

Wie ein wirksamer Schutz für Stalking-Opfer konkret aussehen kann, daran arbeiten in diesen Tagen die Innenminister der Länder. Auf ihrer Herbstkonferenz im niedersächsischen Osnabrück, die am Mittwoch begann und noch bis Freitag dauert, wollen sie ein Signal für eine Verschärfung des Strafrechts setzen. Das geht aus einer Beschlussvorlage hervor, die das bayerische Innenministerium federführend erarbeitet hat und die der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Darin heißt es, die Innenminister sehen "den Bedarf, die rechtlichen Möglichkeiten der Strafverfolgung und der Opferhilfe in diesem Bereich zu verbessern."

Derzeit ist Nachstellung als sogenanntes Erfolgsdelikt bestimmt. Strafbar macht sich ein Stalker nur dann, wenn das Opfer in seiner "Lebensgestaltung schwerwiegend beeinträchtigt" wird. So steht es in Paragraf 238 des Strafgesetzbuchs. Die Innenminister wollen, dass Stalking künftig bereits dann strafbar ist, wenn die Nachstellung zu einer entsprechenden Beeinträchtigung führen kann. Damit wäre es der Justiz möglich, Stalker früher und stärker in die Schranken zu weisen. Der Vorschlag folgt im Kern einem Beschluss, den die Justizministerkonferenz auf Initiative der damaligen bayerischen Ressortchefin Beate Merk (CSU) vor einem Jahr auf ihrer Herbstkonferenz in Berlin gefasst hat.

Nach Informationen der SZ gilt es als relativ sicher, dass die Innenminister in Osnabrück einen entsprechenden Beschluss verabschieden. Sollten sie die gegenwärtige Beschlussvorlage ohne Änderungen annehmen, gingen sie damit weit über die bestehenden Forderungen der Justizminister hinaus. Laut Entwurf soll auch das Strafmaß für Stalker verschärft werden, darüber hinaus sollen Täter in Zukunft deutlich früher festgenommen werden können. Durch eine Änderung in der Strafprozessordnung soll es möglich werden, "frühzeitig sowohl Eskalationen der Nachstellungshandlungen zu unterbrechen als auch Zuwiderhandlungen gegen gerichtliche Anordnungen nach dem Gewaltschutzgesetz zu beenden". Das Gewaltschutzgesetz eröffnet Stalking-Opfern die Möglichkeit, vor Gericht ein Kontaktverbot gegen die Täter zu erwirken. Schließlich sollen Betroffene auch bei der Opferentschädigung bessergestellt werden. Mit dem Paket soll ihr Schutz "realitätsgerecht optimiert" werden, wie es in dem Papier heißt.

Zustimmung bei Opferschützern

Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD), zugleich Vorsitzender der Konferenz, machte sich bei Spiegel -Online für die Verschärfung des Gesetzes stark. "Stalker, die durch ihre Nachstellungen anderen das Leben zur Hölle machen, müssen deutlich früher belangt werden können, als das bisher der Fall ist", sagte er.

Opferschützer begrüßen den nun diskutierten Vorstoß der Innenminister. "Eine Verschärfung des Stalking-Paragrafen wäre ein großer Schritt nach vorn", sagt Ingrid Beck, Vorsitzende der Initiative "Gemeinsam gegen Stalking" aus Kulmbach. Derzeit biete das Recht den Tätern mehr Schutz als den Opfern. "Eine Änderung wäre ein Signal, dass die Opfer wichtiger sind." Auch Erika Schindecker, Vorsitzende der Deutschen Stalking-Opferhilfe in München, begrüßt das Vorhaben. "Es kann nicht sein, dass verfolgte Frauen erst wegziehen müssen, damit etwas passiert."

Opferschützer fordern, dass es nicht bei Absichtsbekundungen bleibt. Ob und wann der Bundestag eine entsprechende Gesetzesänderung beschließen könnte, ist derzeit ungewiss. Nach Angaben des Bundeskriminalamts ermittelte die Polizei im vergangenen Jahr in 25.000 Fällen wegen Nachstellung, vor allem Frauen sind von Stalking betroffen.

© SZ vom 05.12.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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