Süddeutsche Zeitung

Pkw-Maut:Österreich will gegen deutsche Maut klagen

  • Österreich will gegen die deutsche Pkw-Maut vor dem EuGH klagen.
  • Die deutsche "Ausländermaut" sei eine "Diskriminierung anhand der Staatszugehörigkeit", sagt Österreichs Verkehrsminister Leichtfried.
  • ​Auch einzelne Bundesländer üben weiterhin Kritik an dem Gesetz, das die letzte Hürde im Bundesrat genommen hat.

Von Elisabeth Gamperl

Österreich will gegen die deutsche Pkw-Maut klagen. Das kündigte der österreichische Verkehrsminister Jörg Leichtfried an, wenige Stunden nachdem die Pkw-Maut auch den Bundesrat überstanden hatte. Als "fadenscheinig" und als "faulen Kompromiss" bezeichnete Leichtfried in einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz das deutsche Gesetz. Die deutsche "Ausländermaut" sei eine "Diskriminierung anhand der Staatszugehörigkeit".

Weil die Autobahnstrecke von Salzburg nach Innsbruck durch Oberbayern führt, ist Österreich von der Maut besonders betroffen. Österreich macht in Brüssel schon länger gegen die Maut mobil und formierte in den vergangenen Monaten einen Widerstand gegen die Deutschen. "Die Entscheidung großer Staaten darf nicht zu Lasten der kleinen gehen", sagte Leichtfried. Auch die Niederlande hatten in den vergangenen Monaten immer wieder signalisiert, an eine Klage zu denken.

Wann genau Österreich die Klage beim EuGH einbringen will, ist noch unklar. Am Dienstag will Leichtfried im Parlament die Koalition über sein Vorhaben informieren. Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) habe seine Unterstützung bereits zugesagt und Kollegin Angela Merkel über die nächsten Schritte Österreichs informiert.

Die Niederlande weisen darauf hin, dass das Vertragsverletzungsverfahren der EU noch läuft. Eine Sprecherin der Ministerin für Infrastruktur, Melanie Schultz van Haegen, erklärte, dass es noch immer "ernsthafte Bedenken" gegenüber der Maut gebe. Man erwarte von der EU-Kommission, dass sie das Gesetz nun ganz genau prüfe, und verfolge den weiteren Verlauf. "Es muss sichergestellt werden, dass ausländische Autofahrer nicht diskriminiert werden", sagte die Sprecherin. Die holländische Ministerin sei in engem Kontakt mit ihrem österreichischem Kollegen. Rechtliche Schritte schließen die Niederlande explizit nicht aus. Vor Abschluss der Prüfung durch die Kommission sei es aber zu früh, sich darauf festzulegen.

An diesem Freitag hatte der Bundesrat die letzte Möglichkeit, das Prestigeprojekt von Verkehrsminister Alexander Dobrindt zu verzögern und damit zu verhindern. Es fand sich jedoch keine Mehrheit für eine Anrufung des Vermittlungsausschusses.

Bis spät in die Nacht hätte es Druck auf einzelne Bundesländer gegeben

"Wir haben immer klar gesagt, dass diese Pkw-Maut nichts taugt", sagte Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Reinhard Meyer (SPD), "wir haben auch klar gesagt, dass es für die Grenzregionen schädlich ist." Auch Saarlands Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hält die Maut für "kontraproduktiv". "Am besten wäre es gewesen, dieses Gesetz zu verhindern", kritisierte der Verkehrsminister von Rheinland-Pfalz, Volker Wissing (FDP).

Aus verschiedenen Kreisen heißt es, es hätte bis spät in die Nacht Druck auf einzelne Bundesländer gegeben. Besonders hart wurde um Baden-Württembergs Votum gerungen. "Man stärkt mit der Maut europafeindliche Kräfte", sagte der Grünen-Verkehrsminister Winfried Hermann noch vor der Abstimmung im Bundesrat. Zwar waren die Grünen für eine Anrufung des Vermittlungsausschusses, doch der baden-württembergische Koalitionsvertrag sieht eine Enthaltung vor, wenn der Juniorpartner CDU anderer Meinung ist.

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