Pkw-Maut:Dobrindt siegt über Vernunft und Autofahrer

Vollmond über der Autobahn A70

Wolken verdecken den Vollmond über der Autobahn A70. (Symbolbild)

(Foto: picture alliance / dpa)

Der Verkehrsminister hat es geschafft, er darf seine Pkw-Maut einführen. Doch damit begibt sich Deutschland auf einen Irrweg.

Kommentar von Markus Balser

Eigentlich schien dieses Spiel schon kurz nach dem Start entschieden zu sein. Als sich CDU und SPD vor drei Jahren breitschlagen ließen, der CSU ihre Pkw-Maut zu gönnen, glaubte niemand daran, dass die sie tatsächlich auf den Weg bringen würde.

Die Maut ist Politik nach dem Motto "Wie du mir, so ich dir." Weil die Deutschen in Italien, Österreich oder Frankreich bei Urlaubsreisen für die Straßennutzung zahlen müssen, sollen nun auch Ausländer in Deutschland nicht länger kostenlose Fahrt haben. Ein Konzept zu schmieden, das nur Ausländer trifft und trotzdem europäischem Recht entspricht, galt aber als unmöglich. Brüssel würde den Plan ohnehin stoppen. So hofften es seit dem Start der Maut-Debatte viele in CDU und SPD.

Doch das Kalkül ging nicht auf. Am Donnerstag ist klar geworden: CSU-Verkehrsminister Alexander Dobrindt hat sich sehr viel mehr einfallen lassen, als die Gegner einer Maut je für möglich gehalten hätten. Er wird nun wohl sogar auf einen Teil der ohnehin geringen Einnahmen verzichten, um dem Prestigeprojekt seiner Partei doch noch zum Durchbruch zu verhelfen.

Dobrindt muss die Vignetten an Ausländer nun billiger verkaufen

Aus den einst erhofften 500 Millionen Euro pro Jahr an Einnahmen wird wohl trotz gegenteiliger Beteuerungen nichts. Auf Druck der EU muss Dobrindt die Vignetten an Ausländer nun im Schnitt noch billiger als bisher geplant verkaufen und die deutschen Fahrzeughalter über die Steuer noch stärker entlasten. Experten rechnen bestenfalls noch mit 300 bis 400 Millionen Euro pro Jahr. Zugleich wird ein wahrer Bürokratiekoloss eingeführt. Steuer und Maut müssen in Deutschland nach einem komplizierten Schlüssel verrechnet, Millionen Vignetten per Post verschickt und das für Betrügereien anfällige System strikt überwacht werden, damit überhaupt jemand zahlt.

Doch nicht nur in dieser Hinsicht begibt sich Deutschland auf einen Irrweg. Denn die als Geldsammelaktion angelegte Maut bleibt verkehrspolitisch beinahe wirkungslos. Zwar unterscheidet Dobrindts Konzept immerhin nach Emissionsklassen - die Halter schadstoffarmer Autos zahlen weniger für die Vignette als andere. Eine Steuerung der Verkehrsströme, technisch problemlos umsetzbar, ist hingegen nicht geplant. Dobrindt verzichtet darauf, für verschiedene Straßen unterschiedliche Gebühren zu verlangen, je nachdem, wie belastet oder unbelastet sie sind. So ließen sich Staus verhindern.

Aber das Anspruchsvollste, was sein "Ministerium für Verkehr und Digitale Infrastruktur" genanntes Haus plant, sind Aufkleber in verschiedenen Farben. Zum größten Profiteur dieses ökonomisch wie ökologisch fragwürdigen Vorhabens wird somit die CSU. Sie macht vor, wie man mit reiner Symbolpolitik durchkommen kann. Zum größten Verlierer könnten auf lange Sicht die Autofahrer in Deutschland werden. Denn ist es einmal eingeführt, lassen die sich mit dem Instrument Maut künftig kräftig anzapfen. Das Versprechen, niemanden stärker zu belasten als vorher, wird nicht lange halten.

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