Süddeutsche Zeitung

Bundesregierung:Pistorius will Bundeswehr "stark machen"

Der designierte Verteidigungsminister verspricht den Soldatinnen und Soldaten, dass er sich vor sie stellen werde, wann immer nötig. Mit der Entscheidung für den Niedersachsen gibt Scholz die Parität im Kabinett auf.

Von Robert Roßmann, Berlin

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) soll Bundesverteidigungsminister werden. Bundeskanzler Olaf Scholz beendete am Dienstag mit dieser überraschenden Entscheidung tagelange Spekulationen darüber, wer Nachfolger von Christine Lambrecht (SPD) werden könnte. Pistorius sei "ein äußerst erfahrener Politiker, der verwaltungserprobt ist, sich seit Jahren mit Sicherheitspolitik beschäftigt", sagte Scholz. Mit "seiner Kompetenz, seiner Durchsetzungsfähigkeit und seinem großen Herz" sei er genau die richtige Person, um die Bundeswehr durch die Zeitenwende zu führen.

Am Freitagabend war bekannt geworden, dass Lambrecht zurücktreten will. Scholz hat nach Angaben seines Sprechers mit der Partei- und Fraktionsführung der SPD "eng beraten", wer die Ministerin ersetzen soll. Unter anderen waren SPD-Chef Lars Klingbeil, Arbeitsminister Hubertus Heil, Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt und die Wehrbeauftragte Eva Högl (alle SPD) im Gespräch.

Pistorius ist 62 Jahre alt. Seit 2013 ist er Landesinnenminister, zuvor war er fast sieben Jahre lang Oberbürgermeister von Osnabrück. Bei einem Auftritt in Hannover sagte er, der Kanzler habe ihn am Montag gefragt, ob er das Amt übernehmen wolle. Das sei auch für ihn überraschend gewesen. Er habe aber nicht lange überlegen müssen, da es sich um eine ehrenvolle Aufgabe handle, der er sich nicht entziehen wolle. Er wolle "die Bundeswehr stark machen". Und er verspreche den Soldatinnen und Soldaten, dass er sich, wann immer nötig, vor sie stellen werde.

Scholz sagte, er sei überzeugt, dass Pistorius jemand sei, "der mit der Truppe kann und den die Soldatinnen und Soldaten sehr mögen werden". Am Donnerstag soll Pistorius vom Bundespräsidenten seine Ernennungsurkunde erhalten und im Bundestag seinen Amtseid leisten.

Mit seiner Entscheidung für Pistorius rückt der Kanzler von einer Zusage ab. Vor der Bundestagswahl hatte er versprochen, dass ein von ihm geführtes Kabinett "mindestens zur Hälfte mit Frauen besetzt ist". Das ist jetzt nicht mehr der Fall. Katharina Dröge, Fraktionsvorsitzende der Grünen, lobte Pistorius am Dienstag zwar als einen Mann mit "viel Erfahrung", der "viel Kompetenz" mitbringe. Sie sagte aber auch, es sei für die Grünen "weiterhin Selbstverständnis und auch selbstverständlich, dass wir mindestens die Hälfte der Führungspositionen an Frauen vergeben". CSU-Chef Markus Söder twitterte: "Das Thema Parität ist für SPD, Grüne und FDP wohl abgeschlossen."

CDU-Chef Friedrich Merz sagte, Pistorius komme nicht aus der Verteidigungspolitik, er werde sich erst einarbeiten müssen. Aber er habe "Erfahrung in der Führung eines Ministeriums, wenn auch nur in der Landespolitik". Die Union gebe ihm "keinen Vorschuss, aber wir begleiten es auch nicht nur mit Kritik". Man hoffe, dass er im Gegensatz zu seiner gescheiterten Vorgängerin Erfolg habe. Deswegen bekomme er "heute weder Haltungsnoten noch irgendeine Kritik an der Person". Unionsfraktionsvize Johann Wadephul beklagte jedoch, dass Pistorius nur "eine Besetzung aus der B-Mannschaft" sei, mit der dem Kanzler keine gute Überraschung gelungen sei.

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