Social Media:Pistorius will nicht mehr x-en

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Handyvideos von Pressekonferenzen wie dieses mit Boris Pistorius in Litauen landen üblicherweise oft in den X-Accounts der Politik. (Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Sollten Politiker und Ministerien jedes massenwirksame Medium für sich nutzen – also auch die hochumstrittene Plattform X von Elon Musk? Nein, findet der Verteidigungsminister. Und ist damit noch ziemlich allein.

Von Daniel Brössler und Sina-Maria Schweikle, Berlin

Ob Hintergründe zu laufenden Einsätzen, Informationen zu Beschaffungsmaßnahmen oder Einordnungen der politischen Debatte rund um die Bundeswehr: Das Bundesministerium der Verteidigung hat über seinen Social-Media-Account auf X zu vielen Aspekten der Zeitenwende informiert und über die Arbeit der Truppe aufgeklärt. Doch damit ist vorerst Schluss.

Das Verteidigungsministerium hat angekündigt, sich von der Plattform, dem früheren Twitter, zurückzuziehen. Es wird in absehbarer Zeit keine Inhalte mehr proaktiv auf den Kanal hochladen.

Für die Nachwuchswerbung bleibt die Bundeswehr auf Tiktok aktiv

„Wir haben uns zu diesem Schritt entschlossen, weil ein sachlicher Austausch hier zunehmend erschwert wird“, schreibt das Ministerium in einem Abschiedspost auf der Plattform. Man behalte sich aber für die Zukunft vor, in Ausnahmefällen mit X-Posts zu reagieren, etwa bei Desinformationskampagnen. Nicht nur das Ministerium hat sich von X zurückgezogen, auch die Bundeswehr und andere dem Verteidigungsressort zugeordnete Bereiche und Personen wie Generalinspekteur Carsten Breuer werden sich vorerst mit Beiträgen auf X zurückhalten.

Plattform X

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Für eine „transparente und breite Kommunikation des Geschäftsbereichs“ würden aber auch künftig verschiedene Verbreitungswege genutzt, teilt das Verteidigungsministerium mit. Dazu gehören etwa Instagram, Youtube und die eigenen Internetseiten. Für die Nachwuchswerbung ist die Bundeswehr nach wie vor auf der ebenfalls nicht unumstrittenen Plattform Tiktok unterwegs.

Die Bundestagsabgeordnete Ricarda Lang (Grüne) kritisierte auf X, sie halte es für falsch, dass sich immer mehr Institutionen und Politiker von der Plattform abmelden. „Nichts wird besser, wenn wir uns in unsere Bubble zurückziehen“, schrieb sie.

In den vergangenen Wochen hatte es immer wieder kontroverse Debatten über den weiteren Umgang mit der Plattform gegeben. Nicht zuletzt, weil Elon Musk, Eigentümer der Plattform und enger Berater des designierten US-Präsidenten Donald Trump, auch gegen die deutsche Politik wetterte. So nannte er Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf X etwa einen „Narren“ und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier einen „undemokratischen Tyrannen“. Befeuert wurde die Diskussion über die Zukunft der Bundesregierung auf der Plattform nicht zuletzt durch Elon Musks Wahlempfehlung für die AfD und die anschließende freundliche Unterhaltung zwischen deren Kanzlerkandidatin Alice Weidel und dem Tech-Milliardär auf X.

Olaf Scholz hat sich auch schon entschieden

Die Debatte ist nicht neu. Bereits Ende 2023 hatte sich die Antidiskriminierungsstelle des Bundes von X verabschiedet. Ferda Ataman, die unabhängige Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes, begründete den Schritt damals damit, dass Hassrede und Desinformation auf der Plattform zugenommen hätten. Anfang dieses Jahres forderte sie die Bundesregierung auf, sie zu verlassen. X sei „ein politisches Machtbeeinflussungsinstrument des reichsten Mannes der Welt geworden“.

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Die Bundesregierung tut sich mit dem Thema schwer, eine erkennbare gemeinsame Strategie gibt es nicht. Das Auswärtige Amt plant zwar weiterhin die Nutzung von X, will aber verstärkt auf andere Plattformen wie Bluesky ausweichen. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMU)  teilt mit, seinen Account ebenfalls ruhen zu lassen und Bluesky vorzuziehen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) teilte auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung mit, es prüfe derzeit den Ausstieg. Zudem intensiviere das Arbeitsministerium die Vorbereitungen für eine Kommunikation über andere digitale Kanäle. Die Entwicklungen auf X verfolge man mit Sorge.

Aktiver X-Nutzer bleibt vorerst Olaf Scholz – sowohl als @Bundeskanzler als auch mit separatem Account als Sozialdemokrat und Wahlkämpfer. „Ich bin für Steuersenkungen für 95 Prozent der Beschäftigten und Selbständigen“, twitterte er am Donnerstag. Scholz will jeden massenwirksamen Kanal nutzen und hält es für falsch, auf solchen Plattformen nicht präsent zu sein. So begründet er auch sein Engagement auf Tiktok.

Niemand werde gezwungen, auf solchen Plattformen Kunde zu werden, betonte zu Jahresbeginn Regierungssprecher Steffen Hebestreit. „Aber die, die da sind, bekommen dann von der Bundesregierung aus erster Hand verlässliche Informationen, und darum geht es“, fügte er hinzu. Dennoch müsse man „sich immer wieder fragen, ob das Umfeld, in dem das Ganze passiert, noch tragfähig ist, und diese Frage stellen wir uns“.

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