Piraten:Mann über Bord

Neun Jahre nach der Gründung ist kaum etwas übrig von der Partei.

Von Jan Heidtmann

Leinen los", "Klarmachen zum Ändern", "Der Untergang": Wann immer über die Piraten berichtet wurde, lagen Anleihen beim Vokabular der Seefahrt nahe. Die Analogie diesmal müsste "Mann über Bord" lauten - nur, dass niemand mehr auf Deck ist, um das notwendige Manöver auszuführen.

Bereits vor einigen Monaten hat Christopher Lauer die Fraktion der Berliner Piraten verlassen, im Oktober wechselten die ehemaligen Parteichefs Bernd Schlömer und Sebastian Nerz zur FDP. Mit Martin Delius, einst Chef der Berliner Fraktion, verlässt nun eines der letzten namhaften Mitglieder die Partei. Neun Jahre nach ihrer Gründung ist der Zeitgeist weitergezogen und hat nur wenig übrig gelassen von den Piraten.

Sie waren der Versuch, die diffuse Welt des Internets in eine Form zu bringen, aus der libertären Hackerkultur eine Partei zu zimmern. Das schien auch zu gelingen: 2011 zogen sie mit 8,9 Prozent in das Berliner Abgeordnetenhaus ein, dann in die Landtage vom Saarland, von Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. Sie wurden maßlos überschätzt und überschätzten sich selbst maßlos. Am Ende fielen sie vor allem durch ihre nervtötenden Streitigkeiten auf.

Gescheitert aber sind die Piraten an der Vorstellung, eine Partei müsse sich nicht über Inhalte definieren. Die Form allein - radikale Transparenz - genüge. Es war eine Illusion.

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