Piëch tritt zurück:VW muss neue Führung suchen

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Nach dem erzwungenen Abgang von Aufsichtsratschef Piëch ist völlig unklar, wer ihm langfristig nachfolgen soll.

Von Thomas Fromm

Nach dem überraschenden Rücktritt von VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch will der Konzern rasch dessen Nachfolge klären. Hinter den Kulissen wird nach Informationen der Süddeutschen Zeitung bereits nach einem Nachfolger gesucht. Als mögliche Kandidaten gelten der jetzige VW-Vorstandschef Martin Winterkorn, der aus dem Machtkampf mit Piëch als Sieger hervorgegangen ist. Genannt wird in Konzernkreisen auch der frühere Linde-Chef und Ex-BMW-Manager Wolfgang Reitzle. Auch der VW-Aufsichtsrat und Miteigentümer Wolfgang Porsche, ein Cousin Piëchs, könnte den Vorsitz übernehmen, hieß es am Sonntag.

Piëch war am Samstag nach 13 Jahren an der Spitze des VW-Konzernaufsichtsrats von all seinen Ämtern zurückgetreten. Auch seine Frau Ursula Piëch gab ihr Mandat im Aufsichtsrat ab. Vorangegangen war ein heftiger Machtkampf um die Zukunft von VW-Vorstandschef Winterkorn. Piëch selbst hatte die Debatte ausgelöst, in dem er öffentlich erklärte, er sei auf "Distanz" zu Winterkorn. Dies kam einer öffentlichen Demontage des Vorstandschefs gleich, der sich die übrigen Aufsichtsratsmitglieder widersetzten.

Kommissarischer Nachfolger des 78-Jährigen ist der frühere IG-Metall-Vorsitzende und VW-Aufsichtsratsvize Berthold Huber, 65. Allerdings wird damit gerechnet, dass der Arbeitnehmervertreter höchstens ein halbes Jahr im Amt bleibt. Huber wäre damit nur ein Mann des Übergangs, der dann später Platz machen soll für einen Kandidaten der Eignerseite.

Auf Huber kommt zudem nun eine besondere Rolle zu: Als Interims-Aufsichtsratschef muss er die Hauptversammlung des Konzerns führen, zu der die Aktionäre am 5. Mai zusammenkommen.

Trotz seines Rücktritts wird Piëch zunächst weiter zu den Großaktionären von VW gehören. Gemeinsam mit der verwandten Familie Porsche besitzen die Piëchs die Porsche Holding SE, der wiederum rund die Hälfte der VW-Anteile gehören. Unklar blieb am Wochenende jedoch, wie der Milliardenerbe Piëch künftig mit seinen Anteilen verfahren wird. Im Falle eines Verkaufs hätte die Porsche-Familie das Vorkaufsrecht.

Sein Abgang bedeutet für den Autokonzern eine Zeitenwende: Piëch, der von 1993 bis 2002 selbst VW-Chef war, galt seit Jahrzehnten als der eigentliche Patriarch von VW. Der Enkel des Porsche-Gründers und Käfer-Konstrukteurs Ferdinand Porsche hat den Konzern mit seinen heute 600 000 Mitarbeitern und 200 Milliarden Euro Umsatz entscheidend geprägt.

Am Ende drohte Piëch, dem VW-Miteigentümer, im Aufsichtsrat die Abwahl durch eine Mehrheit der Mitglieder. "Die Mitglieder des Präsidiums haben einvernehmlich festgestellt, dass vor dem Hintergrund der vergangenen Wochen das für eine erfolgreiche Zusammenarbeit notwendige wechselseitige Vertrauen nicht mehr gegeben ist", hieß es am Samstag in einer Erklärung des sechsköpfigen VW-Aufsichtsratspräsidiums nach einem Krisentreffen in Braunschweig. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel würdigte Piëch als herausragende Persönlichkeit der deutschen Wirtschaftsgeschichte.

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