Phyllis Schlafly:Amerikas Konservative verlieren eine Ikone

Lesezeit: 2 min

Im März machte sie noch Wahlkampf für Trump: Phyllis Schlafly ist im Alter von 92 Jahren gestorben. (Foto: Seth Perlman/AP)

Die US-Republikanerin Phyllis Schlafly war eine vehemente Gegnerin der Frauenbewegung und propagierte ein konservatives Familienbild. Sie selbst war aber alles andere als ein Heimchen am Herd.

Nachruf von Barbara Vorsamer

"Männer und Frauen sind gleichberechtigt." Das steht weder so noch so ähnlich in der amerikanischen Verfassung - nirgends. Zu verdanken ist das vor allem der rechtskonservativen Aktivistin Phyllis Schlafly, die am Montag im Alter von 92 Jahren verstorben ist. Schlafly war eine Ikone der Konservativen in den USA.

1972 war das Equal Rights Amendment (ERA), mit dem die Gleichberechtigung der Geschlechter der amerikanischen Verfassung hinzugefügt werden sollte, schon so gut wie verabschiedet. Senat und Repräsentantenhaus hatten mit mehr als 90 Prozent zugestimmt, ebenso 35 Bundesstaaten. Dann kam Schlafly. Es gelang ihr, mit ihrer Organisation "Stop ERA" Tausende Freiwillige gegen das Amendment zu mobilisieren, das sie für höchst gefährlich hielt. "Frauen tragen die Babys aus und daran können wir nichts ändern", argumentierte sie damals. "Unsere Gesetze und unsere Tradition auferlegen es deshalb dem Mann, für finanzielle Unterstützung zu sorgen."

Kritikerinnen und Kritiker verlachten die "kleinen alten Frauen in Turnschuhen", die Apfelkuchen backten, um Abgeordnete umzustimmen. Doch Schlafly gewann den Kampf: Das ERA wurde nie verabschiedet und 1982 endgültig beerdigt.

Sie selbst war alles andere als ein Heimchen am Herd

Schlafly zeigte sich als Mutter von sechs Kindern gerne als perfekte Hausfrau und Gattin. Reden begann sie häufig mit einem Dank an ihren Mann Fred, dass er ihr die Freiheit gewähre, öffentlich aufzutreten. "Ich sage das gerne", fügte sie manchmal hinzu, "weil nichts diese Emanzen ( women's libbers) mehr ärgert." Sie ließ wissen, dass sie all ihre Kinder gestillt und ihnen persönlich das Lesen beigebracht habe.

Allerdings war sie selbst alles andere als ein Heimchen am Herd. Für sich selbst nahm sie so einige öffentliche Rechte in Anspruch: Sie war politisch aktiv und hielt auch dann Reden und sammelte Spenden, als eines ihrer Kinder erst 18 Monate alt war. Im Laufe ihres Lebens veröffentlichte sie mehr als 20 Bücher, mit Anfang 50 ging sie noch einmal an die Universität - obwohl ihr Ehemann davon zunächst wenig hielt. 1978 machte sie ihren Abschluss in Verfassungsrecht.

Manche fanden es scheinheilig, dass Schlafly selbst Karriere machte, während sie gleichzeitig eine traditionelle Frauenrolle propagierte. Sie selbst nannte ihre politischen und beruflichen Tätigkeiten hingegen ein "Hobby".

Die Juristin hatte erheblichen Anteil daran, die Republikanische Partei auf einen erzkonservativen Kurs in Sachen Gesellschaftspolitik zu bringen. Sie verstand es wie nur wenige andere, Millionen von Menschen gegen die Abtreibung, für traditionelle Familienwerte und gegen den Feminismus zu mobilisieren.

Die Atombombe: "ein wunderbares Geschenk"

Bekannt wurde Schlafly 1964 mit ihrem Buch "A Choice not an Echo", das sich dreieinhalb Millionen Mal verkaufte. In dem Buch beschreibt Schlafly das US-Wahlsystem und die Bedeutung von Hinterzimmergesprächen. Hunderte Radiostationen sendeten ihren seit 1967 erscheinenden monatlichen Rundbrief, auch im Fernsehen war sie regelmäßig als Kommentatorin zu Gast. Seit 1952 war Schlafly auf jedem Parteitag der Republikaner, noch in diesem Jahr nahm sie als Delegierte für Donald Trump teil. Trump würdigte sie als "Ikone, die die konservative Bewegung neu gestaltet hat".

Mit dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten teilte Schlafly das Talent, mit wenigen Worten große Empörung hervorzurufen. Dem Nachruf in der New York Times zufolge sagte sie einmal, dass sexuelle Belästigung im Beruf für tugendhafte Frauen kein Problem sei und bezeichnete Aufklärungsunterricht als "Tupper-Partys für Abtreibungen (home-sale parties für abortions)". Die Atombombe wiederum hielt Schlafly demnach für "ein wunderbares Geschenk, das ein weiser Gott unserem Land geschenkt hat".

Selbst im hohen Alter wurde Phillys Schlafly weder gemäßigter noch ruhiger. Noch 2011 schlug sie Zwangsehen als Lösung für ungewollte Schwangerschaften vor, im März dieses Jahres unterstützte sie öffentlich Donald Trumps Mut und Energie, "das zu tun, was die Basis will". Dass das Leben vieler Frauen heutzutage besser ist als vor einigen Jahrzehnten, hat ihrer Meinung nichts mit der Frauenbewegung zu tun - sondern mit der Erfindung von Einwegwindeln und Wäschetrocknern.

Mit Material von AFP

© SZ.de/AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusVereinigte Staaten
:Kurzer Ausflug in die Zivilisation

Bei seinem Mexiko-Besuch beweist Donald Trump, dass er sich benehmen kann. Doch die Zurückhaltung währt nicht lange.

Von Hubert Wetzel

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: