Süddeutsche Zeitung

Pflicht-Rentenversicherung für Selbständige:CSU als Linkspartei

Die Forderung der CSU nach einer Vorsorgepflicht für Selbständige verkennt die Rolle des Staates in einer sozialen Marktwirtschaft: Dieser kann und darf nicht jedes Lebensrisiko abfedern - Eigenverantwortung macht gerade den Charakter der Selbständigkeit aus.

Marc Beise

Wenn man denkt, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her - das mag man sich nun in der FDP beim Lesen der Beschlussvorlage der Mit-Regierungspartei CSU für deren Klausur in Kreuth denken. Da fordert Horst Seehofers Truppe in ihrem Bemühen, rechtzeitig vor der nächsten Wahl sozialer als die Linkspartei rüberzukommen, tatsächlich eine Pflicht-Rentenversicherung für Selbständige. Das ist bemerkenswert für eine Partei, die vorgibt, im Mittelstand verankert zu sein - und gibt den Liberalen die Chance, sich abzugrenzen.

Richtig ist, dass Altersarmut ein Problem ist, vor dem Selbständige nicht gefeit sind. Nicht jeder Selbständige kann sich später in der eigenen Villa am prallen Aktiendepot erfreuen. Wie überall gibt es auch in dieser Gruppe Erfolgreiche und Gescheiterte. Daraus aber gleich eine Vorsorgepflicht abzuleiten, verkennt die Rolle des Staates in einer sozialen Marktwirtschaft. Er muss helfen, wo und solange Menschen in Not sind, er darf aber nicht jedes Lebensrisiko abfedern; er kann es gar nicht.

Es macht gerade den Charakter der Selbständigkeit aus, sich selbst zu organisieren, vorauszuschauen, Verantwortung zu übernehmen. Der mündige Wirtschaftsbürger kümmert sich selbst um sein Geschäft, sein Büro, sein Auto, seine Arbeitsmittel - und natürlich auch um seine finanzielle Ausstattung. Das macht ihn frei, aber auch verletzlich. Fehler rächen sich, auch das gehört zur Eigenverantwortung.

Sozialdemokraten, Linke und manche Grüne aber trauen den Menschen wenig zu, und dem Staat viel. Ordnungspolitiker sehen es umgekehrt. Auch die CSU hat die Wahl. Sie kann entscheiden, in welches Lager sie gehören will.

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Quelle:
SZ vom 30.12.2011/bero
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