Die Koalitionsfraktionen aus Union und SPD wollen einen Rechtsanspruch auf einen Kurzzeitpflegeplatz einführen. Das geht aus einem gemeinsamen Antragsentwurf hervor, welcher der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Bei der Kurzzeitpflege geht es um befristete Aufenthalte im Pflegeheim, beispielsweise, wenn nach einer Behandlung im Krankenhaus niemand da ist, um einen gebrechlichen oder kranken Menschen zu Hause zu versorgen. Die Kurzzeitpflege oder sogenannte Verhinderungspflege ist auch als Entlastung für Familien vorgesehen, die einen Angehörigen dauerhaft pflegen. Durch die Möglichkeit, den Pflegebedürftigen für einige Wochen in professionelle Betreuung zu geben, können viele Pflegende überhaupt einmal Urlaub machen.
Gesundheitsminister Spahn will zunächst die Intensivpflege mit einem neuen Gesetz verbessern
Bereits im Koalitionsvertrag hatten die Regierungsparteien vereinbart, pflegende Angehörige mit solchen befristeten Angeboten besser zu unterstützen. Neben der Kurzzeit- oder auch Verhinderungspflege wurde hier auch eine Verbesserung der Tages- und Nachtbetreuung vereinbart - also der Einrichtungen, die alte und kranke Menschen für einige Stunden am Nachmittag oder über Nacht aufnehmen.
Bislang sind insbesondere die Kurzzeit-Plätze in Deutschland rar. In den Heimen stehen nur selten Betten leer, und die Finanzierung dieser Angebote ist nicht auskömmlich. Laut dem Papier wollen die Regierungsfraktionen deshalb eine "wirtschaftlich tragfähige Vergütung" stärken und außerdem Mittel dafür bereitstellen, dass Patienten, die nach einem Krankenhausaufenthalt erst einmal ins Pflegeheim gehen, dort auch bei der Organisation ihrer späteren Wohnsituation unterstützt werden.
Der Antrag sieht vor, dass neben den Pflegekassen auch die Bundesländer die Verantwortung für zusätzliche und rechtlich garantierte Plätze tragen. "Sie sollen Einsparungen, die sich aus der Einführung der Pflegeversicherung für die Sozialhilfeträger ergeben haben, zum Aufbau der Pflegeinfrastruktur nutzen", heißt es. Nicht nur für die kurzfristig Gepflegten, sondern für alle Heimbewohner sind die Kosten bereits heute hoch. Im Bundesschnitt liegt der Eigenanteil bei rund 2000 Euro im Monat. Die Bundestagsfraktionen fordern deshalb von den Ländern, zur finanziellen Entlastung der Betroffenen beizutragen. "Der Rechtsanspruch auf einen Kurzzeitpflegeplatz soll dazu beitragen, den Ausbau von Kurzzeitpflegeangeboten flächendeckend zu gewährleisten", heißt es.
Aus dem von Jens Spahn (CDU) geführten Gesundheitsministerium hieß es unterdessen, eine Neuregelung der Kurzzeitpflege plane man hier erst im kommenden Jahr. Zuvor müsse die Pflegeversicherung grundsätzlich reformiert werden.
"Wir bekämpfen Abrechnungsbetrug und kriminelle Fehlleistungen"
Spahn gab an diesem Donnerstag ein überarbeitetes Gesetz in die Ressortabstimmung, mit dem er die Betreuung von schwerstkranken Intensivpatienten verbessern will. So soll es zum Beispiel Qualitätskriterien für Privatwohnungen geben, in denen mehrere Schwerkranke von einem spezialisierten Intensivpflegedienst betreut werden. Bislang kümmern sich teils dubiose Pflegekräfte um die oft künstlich beatmeten Patienten und verdienen so viel Geld; die Intensivpflege ist zu einem Feld für die organisierte Kriminalität geworden. "Wir bekämpfen Abrechnungsbetrug und kriminelle Fehlleistungen in der ambulanten Intensivpflege", sagt Spahn. Auch Krankenhäuser, in denen Patienten nach schweren Operationen beatmet werden müssen, sollen künftig dazu angehalten werden, solchen Patienten eine Entwöhnung von dem Atemgerät zu vermitteln, statt sie voreilig an einen Pflegedienst abzuschieben.
Nachdem der Gesundheitsminister in den vergangenen Monaten auf heftigen Widerstand von Betroffenen- und Behindertenverbänden gestoßen war, hat er nun auch eine Regelung abgeschwächt, der zufolge Intensivpatienten vornehmlich in stationären Einrichtungen gepflegt werden sollten. "Für alle Patienten, die bereits heute intensivpflegerisch versorgt werden, gilt Bestandsschutz", sagt er. In dem neuen Gesetzentwurf sei nun eine "Angemessenheitsregel" enthalten, heißt es aus seinem Haus. Jeder Intensivpatient dürfe demnach auch zu Hause versorgt werden, wenn dadurch "Selbstbestimmung und Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ermöglicht werden". Dies soll künftig der Medizinische Dienst überprüfen und die Krankenkasse entscheiden. Um einen Anreiz zu schaffen, einen Intensivpatienten im Heim betreuen zu lassen, sollen sie demzufolge künftig keine Heimkosten mehr tragen müssen.