Aus, Ende, amen. Vor genau einem Jahr erklärte Thomas Frings, dass er nicht mehr Pfarrer sein könne: nicht mehr in diesen Kirchenstrukturen, nicht mehr in Gemeinden, deren Mitglieder ihn nur noch als religiösen Dienstleister sähen. Er gab sein Pfarramt in Münster auf und lebt seitdem in einem Kloster in den Niederlanden. Frings, immerhin ein Großneffe des legendären Kölner Kardinals Josef Frings, ist gerade deshalb das Gesicht der Krise, weil er weder Frau noch Mann heiraten möchte, weil ihn weder ein böser Bischof noch der Burnout aus dem Amt getrieben hat, weil er nicht taugt zur Illustration einfacher Rezepte: Hebt den Zölibat auf, lasst die Frauen ins Amt, macht die Gemeinden kleiner - dann laufen euch die Priesteramtsanwärter die Bude ein. Er zeigt, wie tief und grundsätzlich die christlichen Kirchen über die Zukunft ihrer geistlichen Berufe nachdenken müssen.
Der Zölibat ist ein Problem. Aber nur eins von mehreren
Im vergangenen Jahr hat es in den katholischen Bistümern in Deutschland 80 Priesterweihen gegeben, im Jahr davor waren es gar nur 58 - so wenige wie noch nie in der Bundesrepublik. Es geht aber auch die Zahl der angehenden katholischen Laientheologen zurück. Und auch die evangelische Kirche in Deutschland hat Nachwuchssorgen; die Kirche in Kurhessen-Waldeck zum Beispiel zahlt angehenden Pfarrern ein Stipendium, um das Studium attraktiv zu machen. Dass die katholische Kirche nur zölibatäre Männer zum Priester weiht, verschärft also das Problem, ist aber nicht dessen alleiniger Grund.
Es ist offenbar weniger attraktiv geworden, seinen Glauben und seine religiöse Berufung auch zum Beruf zu machen. Dabei haben Theologen im Kirchendienst eigentlich ein schönes Leben: Die Freiheit ist meist groß, man kann nah bei den Menschen sein, bekommt eine gute Ausbildung und eine sichere, anständig bezahlte Anstellung. Allerdings: Wenn man nicht für die Sache brennt, die man da vertritt, ist man schnell ausgebrannt. Dann erdrückt einen das Amt, dem ja längst der vieles kompensierende Nimbus des Hochwürden abhandengekommen ist. Dann ist der Pfarrer Psychologe, religiöse Servicekraft, Arbeitgeber, Organisator und Kommunalpolitiker in einem, und das im Auftrag einer Institution, der die Leute weglaufen. So möchten nur wenige arbeiten. Und von denen, die es wollen, tun es einige aus unguten Gründen: weil sie die kirchliche Kuschelecke suchen oder die Selbstheiligung.
Die Krise der geistlichen Berufe in Deutschland ist im Kern also eine Begeisterungs- und Glaubwürdigkeitskrise der verfassten Kirchen im Land. Es gibt zu wenige junge Menschen, die sich anstecken lassen von dem, was in den Kirchen und ihren Gemeinden geglaubt und gelebt wird, von dem, was an intellektuellen Impulsen von der Theologie kommt - zumindest nicht so sehr, dass sie sagen: Das möchte ich den ganzen Arbeitstag lang machen, daran möchte ich mein Leben ausrichten. Hier allerdings spielen nun sehr wohl der Zölibat und das Männerpriestertum eine Rolle. Eine Kirche, die glaubt, nur sexuell enthaltsame Männer könnten zum Priester geweiht werden, der Eucharistie vorstehen und die Sakramente spenden, die vernichtet täglich Begeisterung und Glaubwürdigkeit, solange ihr dafür keine begeisternden und glaubewürdigen Begründungen einfallen.
In der kommenden Woche werden die katholischen Bischöfe auf ihrer Frühjahrsversammlung über "Zukunft und Lebensweise des priesterlichen und bischöflichen Dienstes" reden. Sie werden vielleicht darüber diskutieren, ob sie sich in Rom ein paar vorsichtige Lockerungen beim Zölibat wünschen sollen, zum Beispiel bei der Weihe verheirateter erfahrener Männer. Um die Grundfrage aber werden sie nicht herumkommen: Was fehlt uns, damit wir wieder begeisternd werden?